Lage. Sie können nicht mehr ungestört schlafen, sorgen sich um die Sicherheit ihrer Kinder, und immer wieder werden ihre Autospiegel abgefahren – die Bewohner der Hermannstraße in Lage sind mit ihren Nerven am Ende. Die LZ ist auf Einladung der Bewohner vor Ort, und wir zählen innerhalb einer Stunde genau 152 Autos und Lkws, die trotz der Verkehrsschilder „Durchfahrt verboten", „Anlieger frei" und „Tempo 30" an uns vorbei rasen. Darunter sogar ein Fahrschulauto.
„Es ist wirklich der reine Horror hier. Die Verkehrsschilder verkommen zur Farce, denn jeden Tag rasen hier über 1000 Autos durch, obwohl Verbotsschilder aufgestellt sind", schimpft Anwohner Olaf Dierks. Die Autofahrer ignorierten die Verbote, und die Stadt lasse die Anwohner im Stich. „Wir können nicht mehr auf den Balkon, in den Garten und auch nicht bei geöffnetem Fenster schlafen", sagt Dierks. Er habe Angst um sein Leben, wenn er das Haus verlasse. „Anscheinend muss erst jemand hier sterben, damit die Stadt reagiert" schimpft er.
Zustimmung kommt von Arthur Donis, der mit seiner Frau und den neunjährigen Zwillingen Laura und Melina in der Nachbarschaft wohnt. „Die Fußgänger und vor allem die Kinder können sich hier nicht mehr gefahrlos auf dem Bürgersteig bewegen, da die Autofahrer mittlerweile rücksichtslos auf die Gehwege ausweichen", sagt der 32-Jährige. Auch die Fahrradfahrer würden von aggressiven Auto- und Lkw-Fahrern genötigt und von der Fahrbahn verdrängt, so dass sie auf die Gehwege ausweichen müssten. „Dadurch erhöht sich die Zahl der Zweiradfahrer auf den Gehwegen, und dies führt automatisch zu einem weiteren Gefahrenpotenzial für Fußgänger und für Anwohner vor den Grundstückseinfahrten."
Auch sein Vermieter Viktor Klassen, der seit elf Jahren in der Straße wohnt und ein Speditionsunternehmen mit 50 Mitarbeitern führt, hat die „Nase voll". Immer wieder seien in den vergangenen Monaten die Außenspiegel seines Wagen abgefahren worden. „Im Jahr sind es mehr als 50 Spiegel, die den Anwohnern abgefahren werden", sagt der 45-Jährige. Er spiele schon lange mit den Gedanken, seinen Wohn- und Unternehmenssitz nach Bielefeld zu verlegen. „Das geht hier einfach nicht mehr, wenn sich nichts ändert", sagt der Unternehmer. Das hohe Verkehrsaufkommen habe nichts mit den inzwischen beendeten Bauarbeiten an der Hochbrücke zu tun. „Es ist ein elender Dauerstand, der uns seit Jahren den letzten Nerv raubt", sagt Anwohnerin Heike Selbach. Seit Jahren forderten die Anwohner verkehrsberuhigende Maßnahmen von der Stadt, aber es passiere nichts.
Ein paar Mal habe die Polizei Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt, aber diese Maßnahmen seien halt nicht nachhaltig. „Daher fordern wir eine Einbahnstraße der Hermannstraße in Richtung Industriegebiet, ein Lkw-Verbot und Teerkissen auf der Fahrbahn, die Autofahrer aufs Bremspedal zwingen", betonen die zehn Anwohner. Auf LZ-Anfrage betont die Stadt, dass sie von den Anwohnern nicht informiert worden sei, aber grundsätzlich offen für Gespräche sei. „Wir wollen eine Lösung, daher werden wir alle Beteiligten zu einem Runden Tisch einladen", sagt Stadtsprecherin Ulrike Busse.
Hoffnung bei Anwohnerin Heike Selbach: „Wir sind gerne bereit, mit der Stadt an einer Lösung zu arbeiten." Endlich würden die Sorgen ernst genommen. Die Anwohner warteten jetzt auf die Einladung der Stadt. „Die wird kommen", verspricht Busse.