Dörentrup. Wenn es um Tiere im Dorf geht, liegt der Gedanke an eine Scheune nicht fern. Das gibt es alles in Dörentrup: den Verein „Tiere im Dorf", der sich für den Erhalt alter Nutztierrassen einsetzt, und eine Stallscheune, in der der Verein seinen Sitz hat. Mit gewissen Besonderheiten.
Zum Beispiel, dass die Scheune, ein historisches Gebäude von 1664, heute ohne den Verein wohl nicht am Eingang des Schwelentruper Kurparks stehen und nicht als ein Wahrzeichen der Gemeinde Dörentrup gelten würde.
„Tiere im Dorf" ist ein verhältnismäßig junger Verein. Er wurde zwar erst 1998 gegründet, aber den Mitgliedern liegt Altes am Herzen. Auf die Idee, sich um alte und gefährdete Haustierrassen zu kümmern, waren seinerzeit mit Wilhelm Wellner aus Detmold, Albrecht Brunsiek aus Spork und Dr. Rudolf Diekmeier aus Schwelentrup drei Landwirte und Züchter bei einem Hoffest gekommen, erinnert sich der heutige Vorsitzende Diekmeier.
„Moderne Rassen sind leistungsfähiger. Alte Nutztierrassen werden nicht mehr gebraucht und sind vom Aussterben bedroht", erläutert er. Dabei seien Rassen wie die Lippegans oder die Skudde, eine alte Schafrasse, nicht nur schöne Tiere, sondern hätten auch einen landeskulturellen Wert. „Manche Eigenschaften sind von bestimmten Landstrichen geprägt." Und schließlich gehe es um den Erhalt einer Genreserve.
Gute Argumente, um einen Verein zu gründen. Ein gutes Dutzend Menschen fand sich also Ende der 1990er Jahre zusammen, um die Dörentruper zu motivieren, privat alte Rassen zu halten. Das klappte, die Euphorie war groß: „15 bis 20 Höfe haben sich alte Rassen angeschafft", sagt Diekmeier. Das Motto: Tiere anschauen, ohne in den Zoo zu gehen.
Das funktionierte – so gut, dass in den ersten Jahren des Vereins regelmäßig mehrere 100 Besucher zu den Tagen des offenen Hofs auf den Hof Herbrechtsmeier nach Schwelentrup kamen. Jährlich stellte der Verein, der heute etwa 80 Mitglieder vom Landwirt über den Pfarrer bis zum Hochschullehrer hat und wächst, Ziegen, Rinder oder Pferde vor.

Bei letzterer Tierart kamen 2000 Besucher – „und wir hatten mit so einem Ansturm gar nicht gerechnet", erinnert sich der Vorsitzende. Wenn so viele Menschen anreisen, „müssen wir zugänglicher werden", beschreibt er die damalige Motivation. Am Ende stand die Stallscheune, heute Sitz von „Tiere im Dorf" sowie des Verkehrsvereins und ein Anlaufpunkt für Besucher des Erholungsorts.
Anfangs hatte der Verein mit der Domäne Göttentrup geliebäugelt. Dann kam die Idee für die Stallscheune. Die stand allerdings längst nicht mehr in Wierborn, sondern lag seit den 1960er Jahren zusammengelegt im Magazin des Freilichtmuseums Detmold.
Mit Hilfe des Verkehrsvereins und vieler anderer bauten die Gemeinde Dörentrup, der Landesverband Lippe und der Verein „Tiere im Dorf" das Fachwerkgebäude auf dem Rasen am Kurpark wieder auf – als Projekt mit arbeitslosen Jugendlichen. 2006 war die Eröffnung. „Offizieller Bauherr war die Gemeinde, aber wir sehen uns als Väter und Mütter des Projekts", sagt Diekmeier. Damit hatte der Verein also wieder etwas Altes erhalten, etwas für die Zukunft geschaffen – und für sich selbst ein Infozentrum bekommen.
Viele weitere Projekte folgten, seit die Hoftage wegen strengerer Veterinärauflagen zu aufwendig geworden seien, wie Diekmeier sagt. Etwa der Bau einer Wildbeobachtungsstation als Teil des europäischen Leader-Förderprogramms. Zur Scheune kam das Sikawildgehege am Försterweg in Schwelentrup, wo Besucher mit etwas Glück auch tierischen Nachwuchs beobachten können. Hinzu kommt auch über die Volkshochschule angebotene Projekt „Kleine Tierfilmer", bei dem Kinder Kameras im Revier aufstellen und Filme von verschiedenen Wildtieren entstehen.
Und nicht zuletzt ist der Verein auch stolz darauf, die öffentliche Wahrnehmung der Gemeinde Dörentrup mitgeprägt zu haben, wie Diekmeier sagt. Schließlich vermarktet sich Dörentrup inzwischen gerne als „Dorf der Tiere". „Wir haben es geschafft, dem Slogan ,Dynamisch. Tierisch. Gut. mit eine Richtung zu geben."
Heute will der Verein nicht nur alte und gefährdete Nutztierrassen in den Blick nehmen, sondern auch alle anderen Haus- und Nutztiere sowie nicht domestizierte Tiere im Umfeld des Menschen wie Schwalben und Marder in den Blick nehmen, dazu alle Wildtiere. Damit geht es in die Zukunft – und mit einem Herz für alte Nutztierrassen.