Bielefeld. Vergleichsportale im Internet sind bei Verbrauchern sehr beliebt. 72 Prozent der Internetnutzer setzen laut einer Umfrage von TNS Infratest auf Check24, Verivox, Expedia und Co. Sie verschaffen einen Überblick über den Markt, vergleichen Angebote und Preise miteinander, gelten als glaubwürdig, unabhängig und transparent. Doch ist das wirklich so?
In der Praxis bringt der Preisvergleich im Internet wenig, urteilt eine Studie der Verbraucherzentralen im Rahmen des Projektes „Marktwächter Digitale Welt", das vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gefördert wird.
In der Zeit von Juni bis September 2015 haben die Verbraucherschützer die Preise von 27 bekannten und beliebten Buchungs- und Vergleichsportalen untereinander und mit den Anbieterpreisen verglichen – in den Bereichen Energie (Strom und Gas), Telekommunikation (Telefon/Internet und Mobilfunk) und Flugreisen.
Das Ergebnis: „Zur Identifikation des günstigsten Preises scheinen Buchungs- und Vergleichsportale nicht geeignet." Einzig im Energiebereich könnten Nutzer einen Vorteil haben. Da waren die Preise von Strom- und Gastarifen meistens identisch.
Die Kritik der Verbraucherschützer: Der Verbraucher könne sich nie sicher sein, auf einem einzelnen Portal den günstigsten Preis angezeigt zu bekommen. Insbesondere bei Telekommunikation und Flugreisen seien starke Preisunterschiede zwischen den einzelnen Portalen möglich.
Bei einer Stichprobe dieser Zeitung hingegen schwanken die Preise kaum. Gesucht wird beispielsweise nach einem Handytarif. Anbieter ist Vodafone, 500 MB, Laufzeit über 24 Monate. Verivox spuckt als günstigsten Effektivpreis 5,36 Euro pro Monat aus. Eigentlich läge der monatliche Preis bei 9,95 Euro, aber in den ersten zwei Jahren gibt es pro Monat fünf Euro Rabatt. Das günstigste Suchergebnis bei Check24: 4,28 Euro Effektivpreis. Dort gibt es vier Euro Rabatt pro Monat in den ersten zwei Jahren – und eine zeitlich begrenzte Aktion, bei der der Verbraucher 50 Euro sofort zurückerhält.
Wenn Verbraucher nicht auf die jeweilige monatliche Grundgebühr, sondern auf die Effektivpreise, die alle über 24 Monate anfallenden Kosten und Boni berücksichtigen, achten, sind die Preise der Portale für einen Zeitraum von 24 Monaten durchaus miteinander vergleichbar. Ein Blick auf die Kosten ab dem 25. Monat hilft zusätzlich.
Ein weiterer Kritikpunkt der Verbraucherschützer: „Produkte und Tarife werden auf den Anbieterseiten oftmals zu günstigeren Preisen angeboten als auf den Portalen." Auch das ist bei einer Stichprobe so nicht festzustellen. Auf der Suche nach einem DSL-Tarif stoßen wir bei Check24 auf Magenta Mobil M der Telekom, der Effektivpreis liegt bei 35,95 Euro (ein 5-Euro-Aktionsrabatt ist enthalten). Dasselbe Angebot gab es auf der Webseite der Telekom.
Laut Check24-Sprecher Daniel Friedheim bietet das Portal Tarife und Angebote, die „preislich mindestens genauso gut sind wie die der Anbieter auf deren eigenen Seiten". Hinzu kommen spezielle Sparangebote wie Sofort-Boni und Wechsel-Boni, die die Angebote für die Verbraucher attraktiv machen sollen.
Check24, das sich seit 1999 zum größten deutschen Portal entwickelt hat, ist dabei für die Verbraucher kostenfrei. Doch wie verdient das Portal Geld? Vor allem zahlt „derjenige, der von uns die Kunden bekommt", so Friedheim. Heißt: Die Anbieter zahlen pro Vertragsabschluss eine Provision. Bei der Kfz-Haftpflicht soll diese bis zu 100 Euro je Vertrag betragen. Dass die Höhe dieser Provisionen Einfluss auf die Ranglisten hat, bestreitet das Unternehmen.
Auch Konkurrent Verivox betont auf seiner Webseite, man sei unabhängig. „Neben der Höhe des Preises haben lediglich die Voreinstellungen des Tarifrechners einen Einfluss auf die Ergebnisliste."
Die Verbraucherschützer bemängeln auch, dass längst nicht jedes Angebot bei den Vergleichsportalen zu finden ist. So kann Check24 Anbieter nicht listen, wenn diese ihre Daten nicht veröffentlichen. „Deshalb kann es nie in allen Bereichen eine 100-prozentige Marktabdeckung geben", so Friedheim.
Letztendlich fordern die Verbraucherschützer mehr Transparenz: Wirtschaftliche Beziehungen sollten klar erkennbar sein. Der erste Schritt in diese Richtung ist das Urteil des Münchner Landgerichts aus dem Juli 2016 in einem Musterprozess: Check24 muss bei der Vermittlung von Versicherungen deutlicher darauf hinweisen, dass das Portal als Makler handelt und Provisionen kassiert.
Das müssen Verbraucher beachten
- Vergleichsportale bieten dem Verbraucher Orientierung und guten Service. Aber: Eine gesunde Skepsis schadet nicht. Denn Vergleichsportale sind keine Verbraucherportale, sondern Unternehmen. Sie vermitteln Verträge, lassen sich ihre Leistung bezahlen – und sind keine neutralen Informationsquellen.
- Die Vergleichsportale sind in der Entscheidung, wen sie listen frei – und decken nicht den gesamten Markt ab.
- Verbraucher sollten sich die Zeit nehmen, Angebote verschiedener Portale miteinander zu vergleichen – und sich auch die Angebote der Anbieter auf deren eigenen Internetseiten anschauen.
- Beim Vergleich der Portale ist zu beachten: Unterschiedliche Portale können zu demselben Unternehmen gehören oder sie kooperieren miteinander – und zeigen oft identische Preise an.