
Oetinghausen/Bielefeld. Es raschelte und kratzte so lange in dem schmalen Kellerschacht, bis der Hausbesitzer das Eichhörnchen schließlich hörte und befreien konnte. Dem beherzten Eingreifen mehrerer Menschen ist es zu verdanken, dass das Oetinghauser Nagetier noch lebt.
"Erst saß es bei uns unterm Auto", sagt Sina Sundermann, die in der Oetinghauser Heide wohnt. "Dann war es plötzlich verschwunden." Besagtes Eichhörnchen war in einen Schacht gefallen, wo der Nachbar es fand und Sundermann herbeirief. Denn für ihren tierischen Verstand ist die Familie bekannt, als Hobby hält ihr Lebensgefährte Marc Schürstedt unter anderem Deutsche Riesen, Kängurus, Ziegen, Schafe, Seidenhühner, Esel und anderes Getier.
"Wir haben einen kleinen Eimer heruntergelassen. In den ist es hineingeklettert." Sofort postete Sundermann bei Facebook, dass sie einen Käfig brauche. In Bünde wurde sie fündig. Das Tier sei so stark abgemagert gewesen, dass sie sich außerdem an einen Tierarzt gewandt habe. "Leider hat er uns falsch beraten und das Tier älter geschätzt, als es war."
Nussspenden gesucht
- Für den eingetragenen Verein „Eichhörnchen Schutz" mit Sitz in München ist Stefanie Belka ehrenamtlich zuständig für ganz Ostwestfalen-Lippe. Sie ist im Notfall erreichbar unter Tel. (01 72) 2 80 07 70. Auch wer kostenfrei Bucheckern, Wallnüsse und Haselnüsse abzugeben hat, kann sich melden.
- Mit dem Zahlungszweck „Spende für OWL" kann man das Projekt finanziell unterstützen. Die Kontodaten und Wissenswertes sind auf eichhoernchen-schutz.de nachzulesen.
Den empfohlenen Mix aus Karottenbrei mit Milch habe das Findelkind nicht vertragen. "Es hat nicht mehr gefressen, wirkte desorientiert und ließ sich plötzlich nicht mehr anfassen." Durch Zufall, nach fast sechs Tagen, stieß Sundermann auf den Flyer der Eichhörnchenrettung . Und bekam Hilfe.
Eichhörnchenrettung in ganz OWL
Für ganz Ostwestfalen-Lippe engagiert sich die Bielefelderin Stefanie Belka. "Belka heißt im Russischen Eichhörnchen, das ist aber kein Künstlername", sagt sie. Belka und Sundermann verständigten sich telefonisch, dass das Eichhörnchen unverzüglich nach Bielefeld gebracht werden müsse. "Viele Tierärzte sind mit den speziellen Bedürfnissen und Eigenheiten von Wildtieren nicht vertraut", sagt Belka, die sich seit acht Jahren für Hörnchen in OWL starkmacht. Auch Sieben-, Gartenschläfer und Haselmäuse päppelt sie zu Hause auf, bis sie so kräftig sind, dass sie entweder ausgewildert oder an andere Pflegestationen abgegeben werden können.

Sina Sundermann fuhr das Oetinghauser Hörnchen also umgehend nach Bielefeld. "Wir haben sie Pauline getauft", sagt Belka. Jedes Fundtier erhalte einen Namen, jeder werde nur einmal vergeben. "In acht Jahren habe ich fast 300 Tiere großgezogen." Die magere Pauline sei bei weitem nicht das kleinste Findelkind gewesen, sagt Belka. 13 Gramm wog das Kleinste in diesem Jahr, in anderen Jahren seien es teilweise sogar weniger gewesen. "Bei einem Jungtier hing sogar noch die Nabelschnur am Körper."
Früher habe sie in einer Tierklinik gearbeitet und dabei erfahren müssen, dass sich um verletzte, hilflose Eichhörnchen niemand kümmere. "Meine Großväter waren beide Förster. Da konnte ich ja nicht tatenlos zusehen!" Daher habe sie sich dem Eichhörnchen-Schutzverein angeschlossen, der 2015 mit dem bayerischen Tierschutzpreis ausgezeichnet worden sei.
Wasser mit einer Prise Salz und Traubenzucker reicht
500 bis 700 Anrufe erhält Belka in der Hauptsaison zwischen März und September. "Weil das Wetter mild war, habe ich in diesem Jahr noch viele Jungtiere hier. Sie können erst nach dem Winter ausgewildert werden." Dies erfolge schrittweise, über zwei bis drei Wochen, und funktioniere gut, weil die Tiere schnell scheu würden. "Nur wenn Eichhörnchen Hilfe suchen, kommen sie auf Menschen zu", sagt Belka. Tollwut hätten die Nager nicht, betont die Expertin.
Alle paar Stunden füttert sie ihre Schützlinge, animiert die Kleinsten, die in Boxen als Kobel-Ersatz wohnen, zum Koten und Urinieren. "Wer ein Eichhörnchen findet, kann mich anrufen. Auf keinen Fall sollte man Kuhmilch geben, es genügt Wasser mit einer Prise Salz und Traubenzucker."
Ob Pauline, das Hörnchen aus Oetinghausen, überlebt, ist unklar. Sie leidet an starkem Durchfall, ist kraftlos. Man hoffe das Beste, sagte Belka am Freitag auf Nachfrage der NW.