OWL. Albert Löhr, Vorsitzender des Automobilclubs in Ostwestfalen-Lippe, über die neue Struktur und das Vertrauen der Basis. Am 18. März hat der Verein seine Mitgliederversammlung.
Herr Löhr, der ADAC Ostwestfalen-Lippe ist der mitgliederstärkste Verein der Region. Wie ist der Status des Clubs Anfang des Jahres 2017?
Albert Löhr: Was mich besonders freut ist, dass wir die Krise hinter uns gelassen haben. Gut 9.000 Mitglieder kamen im Jahr 2016 neu zu uns. Das ist ein Zuwachs, wie wir ihn zu besten Zeiten hatten. Der aktuelle Stand liegt damit bei 378.000. Das ist für mich ein Zeichen, dass die Reform gegriffen hat und dass wir einen Großteil des Vertrauens zurückgewonnen haben.
Wie sieht die Zukunft des ADAC in OWL und allgemein aus?
Löhr: Die Automobilindustrie wird sich wahrscheinlich umstellen auf autonomes Fahren und Antriebsformen wie E-Mobilität und Hybridtechnik. Dann stellt sich die Frage: Was ist die neue Rolle des ADAC? Er ist noch dann stärker Dienstleister für alle, die sich fortbewegen, egal, mit welchem Verkehrsmittel, vom Auto über das Pedelec bis hin zum öffentlichen Nahverkehr. Hier müssen wir die Mitglieder mit Hilfeleistungen unterstützen. Denn wir verstehen uns als Mobilitätsdienstleister.
Wie bewerten Sie die Neuausrichtung des ADAC nach dem Betrugsskandal 2014? Es gibt ja nun eine Drei-Säulen-Struktur aus Verein, Aktiengesellschaft und Stiftung.
Löhr: Im Herbst 2016 ist das Ganze nach großen Diskussionen umgestellt worden. Es gab in München elf Anträge mit dem Ziel, den ADAC aus dem Vereinsregister zu streichen mit der Begründung, er sei ein Wirtschaftsunternehmen. Der ADAC hat aber gesagt, er trennt den wirtschaftlichen stärker vom Mitgliederbereich. Das Drei-Säulen-Modell ist daraus erwachsen. Die Stiftung ist auch Eigentümerin der SE (Aktiengesellschaft, d. Red.). Der Aufsichtsrat hat keine Mehrheit im Verein mehr. Ein Durchregieren gibt es also nicht mehr.
Wie wichtig ist für Sie der Fortbestand des e.V. aus Sicht der Mitglieder?
Löhr: Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass der Verein fortbesteht. Das Mitglied hat ein größeres Vertrauen zu einem Verein als zu einem Wirtschaftsunternehmen. Darüber hinaus hat der Verein Aufgaben übernommen, die sonst in einem Unternehmen auf der Strecke blieben. Dazu gehört etwa die Technikberatung (Stichwort: Dieselskandal), Verkehrserziehung und Verkehrssicherheit sowie die touristische Beratung.
Der Beirat, der die Neuaufstellung des ADAC begleitet hat, fordert eine Umsetzung der strategischen Neuordnung gerade in seinen 18 Regionalclubs. Was bedeutet das für den ADAC OWL?
Löhr: Umwälzungen wie beim ADAC in München sind hier nicht notwendig, weil es derartige wirtschaftliche Aktivitäten in OWL nicht gab. Aber wir müssen den neuen Geist leben. Das gilt vom Haupt- bis zum Ehrenamt.
Gehört dazu auch das neue System der Compliance, also hausinterner Abläufe die gewährleisten sollen, dass bestimmte Regeln eingehalten und Verstöße geahndet werden?
Löhr: Ja, wir haben einen externen Compliancebeauftragten. Und wir haben uns selber Grenzen gesetzt, was man darf und was nicht. Die haben wir im Vorstand beschlossen. Wenn Beschwerden kommen, wird das überprüft. Das kann dann zu unangenehmen Konsequenzen führen. Konkret heißt das zum Beispiel: Übertreibe ich es, wenn ich jemanden zum Essen einlade oder ein Geschenk annehme? Jeder muss sich rechtfertigen, dass der Mitgliedsbeitrag nicht für Dinge verwendet wird, für die er nicht vorgesehen ist. Auf Bundesebene ist sogar eine Compliance GmbH gegründet worden.
Wie viele haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter arbeiten für den ADAC OWL?
Löhr: Es gibt aktuell 61 hauptamtliche Mitarbeiter. Ehrenamtliche sind es sicher Hunderte.
Der ADAC soll ab sofort keine Produkte mehr verkaufen, zu denen er auch eigene Tests durchführt und veröffentlicht. Welche Produkte betrifft dies zum Beispiel?
Löhr: Wir hatten zum Beispiel Kindersitze im Verkauf. Diese sind aus dem Bestand gegangen. Wir haben gesagt, es ist wichtiger den Kindersitz zu überprüfen und zu testen als ihn zu verkaufen. Ein zweites Beispiel sind die ADAC-Werkstätten, die es nicht mehr gibt. Das trifft gerade auch den ADAC OWL.
Welche sonstigen Aspekte der Neuausrichtung des Automobilclubs halten Sie für besonders wichtig?
Löhr: Man kann das Paket nur als Ganzes nehmen. Manche beklagen, dass der Prozess so lange gedauert hat. Aber es hat im Verwaltungsrat und im Präsidium auch viele Diskussionen über das Drei-Säulen-Modell gegeben. Letztlich haben wir es nicht zuletzt dem vierköpfigen Beirat zu verdanken, dass die Reform auch angekommen ist.
Drei Säulen als Konsequenz aus dem Skandal
Nach den Manipulationen beim Autopreis „Gelber Engel" im Jahr 2014 sowie wegen Privatflügen von Präsidiumsmitgliedern mit Rettungshubschraubern gab sich der ADAC eine neue, dreiteilige Struktur, um Vertrauen zurückzugewinnen.
ADAC e. V.: Er hat knapp 20 Millionen Mitglieder und bietet Dienstleistungen wie Pannenhilfe, Verbraucherschutz, Motorsport, Touristik und die juristische Zentrale.
ADAC Stiftung: Diese gemeinnützige und mildtätige Organisation fördert Forschungs- und Bildungsmaßnahmen sowie die Arbeit der Luftrettung.
ADAC SE: Die Aktiengesellschaft europäischen Rechts hat 37 Tochter- und Beteiligungsunternehmen, darunter Versicherungen, Rechtsschutz, Verlag und Autovermietung.