Bielefeld. Eine außergewöhnlich lange und gefährliche Verfolgungsjagd durch halb Deutschland hat am Sonntagabend auch Beamte der Bielefelder Autobahnpolizei beschäftigt: Ein Autofahrer (28) aus dem sauerländischen Kierspe (Märkischer Kreis) war am Sonntagnachmittag, 1. Dezember, mit allen Mitteln auf der A2 bei Bielefeld vor der Autobahnpolizei geflüchtet, die den Wagen bereits im Vorfeld von anderen Behörden gemeldet bekommen hatte. Der Fahrer hatte bereits eine weite Strecke über die A2 zurückgelegt, stets verfolgt von der Polizei. Nachdem er mehrere Streifenwagen rammte, konnte der Mann erst nach einer Verfolgungsjagd von rund 430 Kilometern bei Bottrop gestoppt werden.
Wie die Bielefelder Polizeisprecherin Hella Christoph mitteilte, hatte die hiesige Autobahnpolizei gegen 17.30 Uhr die Information erhalten, dass ein Ford-Fahrer über die A2 von Hannover in Richtung Dortmund vor der Polizei flüchtete. Nach Angaben der Bielefelder Leitstelle vom Montag, 2. Dezember, hatte die Verfolgungsjagd bereits in Brandenburg begonnen.
Erstmals sollte der Fahrer eines Ford S-Max an der A2-Raststätte „Buckautal“ im Landkreis Potsdam-Mittelmark (Brandenburg) durch ungewöhnliche Fahrmanöver aufgefallen sein. Die dortige Autobahnpolizei wollte den Mann daraufhin anhalten und kontrollieren. Doch der 28-Jährige gab einfach Gas. Die Beamten nahmen daraufhin die Verfolgung auf und folgten mit Vertretern verschiedener Polizeibehörden dem Ford durch Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, bevor der Fall auch die Bielefelder Autobahnpolizei erreichte.
Großaufgebot der Polizei und Hubschrauber im Einsatz
In NRW rückte dann ein Großaufgebot aus: Unterstützungskräfte, Streifenwagen der Autobahnpolizei Bielefeld, Streifenwagen der Autobahnpolizei Stukenbrock, der Autobahnpolizei Münster sowie der Autobahnpolizei Dortmund „konnten an das Fluchtfahrzeug herangeführt werden“, heißt es in der Mitteilung der Polizei. Auch ein Polizeihubschrauber war zur Begleitung des Einsatzes aus der Luft im Einsatz.
Polizeisprecherin Christoph berichtet, dass der Fahrer immer wieder die Spuren wechselte, um zu verhindern, dass ihn Polizeifahrzeuge überholen konnten. Immer wieder täuschte er an, von der A2 abzufahren, lenkte dann aber doch wieder zurück.
Die Verfolgung des Ford S-Max, der seine Fahrt rücksichtslos über die A2 fortsetzte, führte schließlich an Bielefeld vorbei, durch den Gütersloher Teil der A2 und weiter an Oelde, Beckum, Hamm und Dortmund vorbei. Nach den derzeitigen Erkenntnissen seien dabei keine anderen Verkehrsteilnehmer verletzt worden, heißt es von der Polizei. Es soll aber schon vor Bottrop zu Kollisionen mit Streifenwagen der Polizei gekommen sein. Zu stoppen war der Flüchtende dadurch aber nicht.
Keine Streckensperrung möglich – Schutz der Bevölkerung hat Priorität
Polizeisprecherin Hella Christoph erklärt: „Der Fahrer fuhr häufig mit überhöhter Geschwindigkeit. Ihn dann bei einer dreispurigen Strecke einfach zu rammen und so zu stoppen, ist wirklich problematisch.“ Bei diesen Geschwindigkeiten seien Streckensperrungen oder gezielte Kollisionen immense Gefahren. „Außerdem war unser vorrangiges Ziel, andere Verkehrsteilnehmer zu schützen.“ Das sei nach jetzigem Kenntnisstand gelungen. Obwohl am Sonntagnachmittag reichlich Reiseverkehr zu verzeichnen gewesen sei, wurde kein unbeteiligtes Fahrzeug beschädigt.
Als sich ein Stau bildete, galt höchste Alarmbereitschaft. Der Fahrer raste aber offensichtlich durch die Rettungsgasse, die zum Glück groß genug war, um unfallfrei die Engstelle zu passieren.
Für die Polizeikräfte war dann eine Baustelle bei Bottrop der ideale Punkt für einen weiteren Versuch, den Wagen zu stoppen. Der Flüchtende hatte zuvor einen Streifenwagen gerammt, der versucht hatte, den Ford auszubremsen. Beide Fahrzeuge konnten allerdings weiterfahren.
In der Baustelle gibt es endlich eine Zugriffsmöglichkeit
Schließlich gelang es den Verfolgern, nach Passieren der Anschlussstelle Bottrop im Bereich der Raststätte „Schwarze Heide“ das Fahrzeug zu stoppen und den Fahrer festzunehmen – nach einer Flucht von rund 430 Kilometern Länge. Wie die Polizei bestätigte, kam es im Bereich der Baustelle zu einer geeigneten Möglichkeit, den Wagen so zu verlangsamen. Der Ford-Fahrer rammte dabei mehrere Streifenwagen, fuhr sich schließlich aber in der Autobahn-Baustelle fest. Danach erfolgte der Zugriff.
Wie Polizeisprecherin Hella Christoph bestätigte, ist der 28-Jährige nicht im Besitz eines Führerscheins. Möglicherweise ist das schon der Grund für seine Flucht bei der Kontrolle in Brandenburg. Sein rücksichtsloses Verhalten am Steuer könnte sich aber auch durch eine psychische Ausnahmesituation erklären lassen. Christoph konkretisiert: „Er befand sich in einer Ausnahmesituation, war aber auch kein Fall für den Krisendienst.“ Eine psychiatrische Betreuung des Mannes sei nach Beruhigung der Situation nicht nötig gewesen.
Der Mann selbst wurde nicht verletzt. Bei dem Zugriff erlitten jedoch zwei Polizisten leichte Verletzungen. Der Ford S-Max wurde sichergestellt. Die Ermittlungen dauern derzeit weiter an.