SPD-Sondierer Post: „Union ist in der Regierung eben deutlich pragmatischer“

Herr Post, Sie nehmen derzeit für die SPD an den Sondierungen mit der Union teil. Es sitzen dort zwei Parteien am Tisch, die sich bis vor wenigen Tagen heftigst angegangen waren. Ist das jetzt alles schnell vergessen?

Achim Post: Wir haben zu Beginn der Sondierungen deutlich und in aller Ernsthaftigkeit darüber gesprochen, was in den vergangenen vier Wochen des sehr hart geführten Wahlkampfs passiert ist. Dabei wurde nichts unter den Teppich gekehrt. Das war sehr klar – und die Grundlage, um jetzt überhaupt über gemeinsame Ziele sprechen zu können.

Besteht also neuerdings Vertrauen zwischen SPD und Union?

Das Vertrauen muss jetzt Stück für Stück wachsen. Aber die Atmosphäre war bisher gut.

Der SPD ist es gelungen, der Union unglaubliche Milliarden-Summen an neuen Schulden abzuverhandeln. Können Sie Ihr Glück selbst kaum fassen?

Uns geht es nicht um neue Schulden, sondern um Spielräume für Investitionen. Und an dieser Stelle sind wir sehr zufrieden. Uns war es wichtig, als Erstes zu klären, wo das Geld für kommende Projekte herkommen soll. Und natürlich wirft das für die Union nun mehr Fragen auf, weil wir im Wahlkampf ehrlich skizziert haben, wo das Geld herkommen soll. Aber CDU/CSU sind in der Regierung eben deutlich pragmatischer, weil wir mindestens eine wichtige Gemeinsamkeit haben: Wir haben beide viele Bürgermeister und Ministerpräsidenten, in deren Interesse es ist, dass die staatlichen Ebenen gestärkt werden. Deshalb ist es gut, dass die Regeln der Schuldenbremse auch für Länder gelockert werden.

Auch von einem geplanten Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro sollen 100 Milliarden direkt an die Länder fließen.

Ja, mir war sehr wichtig, dass an dieser Stelle auch die Kommunen mitbedacht werden. Sie erhalten für die nächsten zehn Jahre Planungssicherheit für Investitionen, vor allem in die Infrastruktur. Zudem werden Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen.

Was heißt das? Bleibt die Schuldenbremse an sich bestehen?

Wir haben in einem ersten Schritt beschlossen, die Schuldenbremse an zwei zentralen Stellen zu verändern und uns darauf geeinigt, dass eine Expertenkommission die aktuelle Schuldenbremse grundsätzlich prüft – und noch in diesem Jahr Veränderungsvorschläge vorlegen wird.

Ist eine Bundesbeteiligung bei der Altschuldenfrage für NRW nun vom Tisch, weil der Bund eine Neuverschuldung der Länder erlaubt?

Die SPD wird bei den kommenden Gesprächen weiter auf eine Altschuldenlösung drängen, an der sich der Bund beteiligt.

Bei den Sondierungen haben sich SPD und Union quasi zum ersten Date getroffen. Wird ein zweites Date folgen?

Ja, das wollen wir als SPD. Wir werden jetzt aber in unseren Vorständen erst mal vorstellen müssen, was wir erreicht haben, um dann zu entscheiden, ob es zu Koalitionsverhandlungen kommen wird.

Sehen Sie die Rolle der SPD-Chefs Klingbeil und Esken durch die ersten Ergebnisse gestärkt?

Beide haben das sehr gut gemacht, das Zusammenspiel hätte besser nicht sein können. Das hat zur Stärkung aller geführt.

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