Terrorverdächtiger machte widersprüchliche Aussagen in Bielefeld

Bielefeld. Der mutmaßliche Terrorist von Solingen hat in Befragungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) widersprüchliche Aussagen gemacht. Das geht aus der BAMF-Ausländerakte des Syrers und mutmaßlichen Anhängers der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hervor, der nach seiner Ankunft in Deutschland vorerst in OWL lebte.

Zuerst hatte der &bdquo;Kölner Stadt-Anzeiger“ über den Inhalt der Akte berichtet. Aus dieser geht hervor, dass es nach seiner Einreise keine Sicherheitsprüfung von Issa Al H. gegeben hat. Recherchen dieser Redaktion bestätigen das.

Ende Januar 2023, gut einen Monat nach seiner Ankunft in Deutschland, fand demnach eine zehnminütige Erstanhörung mit Al H. auf Arabisch beim BAMF statt. Dabei gab der mittlerweile 27-Jährige an, keine Verwandten in Deutschland zu haben, und sprach über seinen Reiseweg nach Deutschland. Dabei stellte sich heraus, dass er bereits in Bulgarien Asyl gesucht hatte und entsprechend gelistet war. Die Folge: Er sollte im Rahmen des Dublin-Abkommens der EU in das Land abgeschoben werden.

Angeblicher Onkel konnte nicht gefunden werden Gut einen Monat später, Ende Februar, fand in der Bielefelder BAMF-Außenstelle ein weiteres Gespräch statt – mit der zuständigen Dublin-Abteilung. In dem Gespräch, wieder auf Arabisch und mit einem Dolmetscher, berichtete Al H. unter anderem davon, wie schlecht die Situation für ihn in Bulgarien gewesen sei, erzählte von einer angedrohten Rückführung nach Syrien und dass er per Schlepper nach Deutschland kam. Er sprach jedoch auch von einem Onkel mütterlicherseits, der in Deutschland lebe. Im nationalen Visa-Abfragesystem MARIS fand sich der von Al H. angegebene Name aber nicht. Den Einreise-Prüfern des BAMF fiel dieser Widerspruch offenbar nicht auf.

Al H. wurde in dem Gespräch jedoch intensiv befragt. Er erklärte unter anderem, dass er keine ID-Karte besessen habe, da der IS in seiner Heimatregion geherrscht und dies verboten habe. Auf die Frage, ob er Mitglied in einer nichtstaatlichen, bewaffneten Gruppierung oder in einer sonstigen politischen Organisation war oder ist, antwortete er mit &bdquo;nein“. Darunter dürfte auch der IS fallen. Zudem will er nie Opfer oder Zeuge einer Gewalttat, von Folter oder Ähnlichem gewesen sein und habe während seiner Flucht niemanden kennengelernt, den er als möglichen Extremisten identifiziert hätte.

Al H. soll drei Menschen getötet haben Als Hauptgrund für die Flucht nannte er die Angst, vom Militär eingezogen zu werden – und im syrischen Krieg zu sterben. Zum Ende des Gesprächs bat er darum, nicht nach Bulgarien abgeschoben zu werden.

Das wurde Al H. auch nicht: Eine Abschiebung im Sommer 2023 aus einer Unterkunft in Paderborn scheiterte. Der Syrer konnte zu dem geplanten Termin frühmorgens nicht angetroffen werden. Den Flieger aus Düsseldorf über Warschau nach Sofia verpasste er somit. Aufgrund der geltenden Regelungen konnte kein weiterer Versuch unternommen werden und er blieb in Deutschland. Das BAMF führte keine neuerliche Sicherheitskontrolle des Syrers durch. Von Paderborn zog er später in eine Flüchtlingsunterkunft in Solingen.

Hier soll der Syrer am 23. August auf dem Stadtfest einen islamistischen Anschlag begangen haben: Er erstach in der Menschenmenge drei Besucher und verletzte zehn weitere Menschen schwer. Ende Mai beginnt der Prozess gegen Al H. vor dem Düsseldorfer Landgericht.

Faeser: Keine Fehler beim BAMF Derweil sieht die ehemalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) keine Versäumnisse beim BAMF. &bdquo;Anhand der vorliegenden Informationen sind keine Verfahrensfehler beim BAMF ersichtlich“, sagt die SPD-Politikerin als Zeugin im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zu dem Solinger Anschlag.

Bis zur Tat am 23. August vergangenen Jahres sei der Tatverdächtige beim Sicherheitsreferat des BAMF unbekannt gewesen. &bdquo;Die Asyl-Vita zeigt keine Unregelmäßigkeiten“, sagt Faeser weiter. Auch demBundeskriminalamt hätten keine allgemeinen polizeilichen oder staatsschutzrelevanten Erkenntnisse zu der Person vorgelegen – ebenso wenig dem Bundesamt für Verfassungsschutz.

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