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15-jähriger kastrierter Kater von Unbekannten weggefangen und sterilisiert

Tier verschwindet für einen Tag und taucht operiert wieder auf

VON JULIA GESEMANN

Der zwei Jahre alte Dean ist froh, dass er wieder mit Kater Charlie schmusen kann. Das Tier war für einen Tag spurlos verschwunden und tauchte dann operiert wieder auf. - © FOTO: JULIA GESEMANN
Der zwei Jahre alte Dean ist froh, dass er wieder mit Kater Charlie schmusen kann. Das Tier war für einen Tag spurlos verschwunden und tauchte dann operiert wieder auf. (© FOTO: JULIA GESEMANN)

Warburg. Dean ist froh, Charlie wieder bei sich zu haben. Der zweijährige Junge schmust mit dem schwarz-weißen Kater, gibt ihm Küsschen. Dass der Junge das noch kann, ist nicht selbstverständlich. Vor einiger Zeit verschwand das 15 Jahre alte Tier der Familie Eichert aus Warburg-Nörde (Kreis Höxter) für einen Tag spurlos. Und als der Katzenopa wieder auftauchte, ging es ihm gar nicht gut.

"Eigentlich sollte Charlie an dem einen Mittwoch im Garten meiner Schwiegeroma sein", erinnert sich Melanie Eichert. Doch der Kater war nicht auffindbar. Die Familie suchte nach ihm – ohne Ergebnis. "Wir haben gedacht, dass er angefahren wurde und irgendwo tot im Graben liegt, weil er noch nie weit weggelaufen ist." Doch am nächsten Tag steht Charlie wieder vor der Gartentür. Allerdings verhält er sich nicht so wie sonst. "Er schien irgendwie krank zu sein, torkelte leicht und wollte nichts fressen", sagt Eichert. Ihrer Schwiegeroma fällt schließlich beim Hochheben des Katers eine Narbe am Bauch auf.

Ein Schock: "Charlie ist in seinem hohen Alter operiert worden – ohne unser Einverständnis", sagt Melanie Eichert. An Charlies linker Vorderpfote ist eine Stelle rasiert worden, "als ob dort eine Braunüle eingesetzt war". Im Ohr hat er neue Tätowierungen. "Irgendjemand hatte ihn eingefangen und zum Kastrieren gebracht", stellt Eichert fest. Das Kuriose: Charlie ist seit vielen Jahren kastriert. Im Alter von drei Jahren hat die Familie den kastrierten Kater aus dem Tierheim Driburg geholt, seit zwölf Jahren ist er in Nörde dorfbekannt.

"Jeder hier weiß, zu wem er gehört", sagt Eichert. "Uns macht es wütend, dass jemand heimlich Tiere, die seit Jahr und Tag durchs Dorf streichen, einfängt und ohne Einverständnis der Besitzer operieren lässt." Sie habe nichts dagegen, dass herrenlose Katzen von Tierschützern eingefangen werden und kastriert oder sterilisiert werden. "Aber wenn man so ein Tier findet, kann man doch wenigstens in der Nachbarschaft einmal klingeln und nachfragen." Für sie ist Charlies Operation "Tierquälerei. Es ist ein Wunder, dass er die Narkose überlebt hat".

Yvonne Waldeyer vom Tierschutzverein Höxter-Warburg hat von derartigen Fällen noch nichts gehört. "Von uns war das niemand", sagt sie. "Wenn uns jemand wilde fremde Katzen bringt, bleiben die erst einmal bei uns." Dann würden sie gegebenenfalls in der Tierklinik Lichtenau kastriert. "Auf gar keinen Fall setzen wir frisch operierte Tiere nach einem Tag wieder an der Fundstelle aus", sagt sie. "Die bleiben bei uns, bis alles wieder verheilt ist."

In der Zwischenzeit hat die Familie herausgefunden, wo ihr Kater operiert worden ist: im Tiergesundheitszentrum Söhl in Lichtenau. "Dort wurde gesagt, dass das Tier verwahrlost in einer Falle gefunden wurde", sagt Melanie Eichert. "Eine obstruse Geschichte." Die Familie bekommt die Auskunft, dass der Kater an der Pfote einen eitrigen Abzess, einen Nabelbruch am Bauch und zwei vereiterte Zähne gehabt hätte. "Er sei verwahrlost gewesen", sagt Eichert empört und blickt auf den auf einem Stuhl sitzenden Charlie, der offensichtlich gut gepflegt ist.

Nach dem Eingriff geht es Charlie zunächst gar nicht gut. Melanie Eichert bringt ihn deshalb zum Warburger Tierarzt Diethard Holzmüller. Er stellt bei Charlie keinen Nabelbruch, sondern eine Sterilisationsnarbe fest – eigentlich üblich bei weiblichen Katzen. "Er hat eine Ultraschalluntersuchung gemacht, der Nabel war zu 100 Prozent in Ordnung", sagt Eichert. Auch einen eitrigen Abzess an der Pfote könne der Kater nicht gehabt haben. "Man sah keine Narbe."

Familie Eichert meldet sich noch einmal im Tiergesundheitszentrum in Lichtenau. "Dort hat man dann nur gesagt, dass es wohl eine andere Katze war, die den Nabelbruch hatte." Auf Nachfrage bestätigt Peter Söhl, dass das Tiergesundheitszentrum mit dem Tierschutzverein Warburg zusammenarbeitet. An diesen konkreten Fall könne er sich nicht mehr erinnern. "Der Tierschutzverein bringt uns Fund-Tiere, und er  zahlt auch für die Behandlung." Kater würden kastriert, Katzen sterilisiert.

Warum aber ein bereits kastrierter Kater nun eine Sterilisationsnarbe aufweist? "Es kann vorkommen, dass man auch bei nicht kastrierten Katern die Hoden nicht sieht", sagt Söhl. Dann spricht man von Kryptorchismus, die Hoden liegen im Leistenkanal oder im Bauchraum. "Es ist üblich mit einem Bauchhöhlen-Schnitt nachzuschauen." Warum das Tier danach wieder in der Gegend ausgesetzt wird, in der es gefunden wurde, kann der Tierarzt nicht sagen. "Wir behandeln die Tiere – was danach mit ihnen geschieht, wissen wir nicht."

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