Drastische Beitragserhöhung: So können Privatversicherte Kosten sparen

Berlin/Bad Oeynhausen. Die Beitragssteigerungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) fallen zum Jahreswechsel im zweiten Jahr in Folge drastisch aus und betreffen 60 Prozent der Versicherten. Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), können Privatversicherte aber nicht einfach den Versicherer wechseln, um Kosten zu sparen. Zudem ist der Weg zurück in die GKV ab dem 55. Lebensjahr schwierig.

Betroffene müssen sich trotzdem nicht mit steigenden Beiträgen abfinden, weil Tarifwechsel Kosten senken können. Versicherungsmakler Javier Garcia aus Bad Oeynhausen erklärt, worauf Privatversicherte achten sollten.

Wie können Privatversicherte Kosten sparen? Versicherer in der PKV bieten verschiedene Tarife an. Um Kosten zu sparen, können Versicherte entweder den Tarif beim bestehenden Unternehmen oder den Versicherer wechseln. &bdquo;Der Versicherungswechsel ist in den allermeisten Fällen aber nicht zu empfehlen, weil dabei die Rückstellung, die für das Alter gebildet wird, ganz oder teilweise verloren geht“, warnt Garcia, der sich darauf spezialisiert hat, Tarifwechsel für Privatversicherte durchzusetzen.

Für die meisten Privatversicherten sei der Tarifwechsel beim bestehenden Versicherer deshalb der einzige Weg, um die Beitragslast zu reduzieren. Dabei erfolgt laut Garcia keine Kündigung, und Rechte sowie Alterungsrückstellungen bleiben erhalten. &bdquo;Zu alt oder krank kann man für einen Wechsel nicht sein. Jeder Versicherte hat das Recht, in einen anderen Tarif zu wechseln.“

Lohnt sich ein Tarifwechsel immer? &bdquo;Das hängt vom Einzelfall ab“, erklärt Garcia. Das Alter und die Versicherungszeit spielten ebenso eine Rolle wie die Tatsache, ob man angestellt, selbstständig oder Rentner ist. &bdquo;Ein Wechsel sollte immer geprüft werden, weil er sich lohnen kann. Noch immer gibt es Fälle, bei denen Einsparungen von mehreren Hundert Euro im Monat möglich sind.“ Grundsätzlich gilt laut Garcia: &bdquo;Je länger man versichert ist, desto höher ist die zu erzielende Ersparnis.“

Müssen Versicherte für einen günstigeren Tarif immer auf Leistungen verzichten? &bdquo;Nein, da die Versicherer häufig andere Tarife mit vergleichbaren Leistungen aufgelegt haben, die günstiger sind“, erklärt Garcia. &bdquo;Wer die Wahl hat, sollte sich nicht zu weit von seinen bisherigen Leistungen entfernen, weil dadurch die Gefahr besteht, dass man irgendwann mehr für den neuen Tarif zahlt, als für den vorherigen Tarif mit besseren Leistungen.“ Zudem könnten sich Versicherte nach dem Wechsel in einen schlechteren Tarif in der Regel nicht mehr auf einem höheren Niveau versichern.

Theoretisch ist nach Angaben Garcias ein Wechsel in einen Tarif mit identischen Leistungen ideal. &bdquo;Doch das ist nicht immer möglich. Daher muss man genau auf die Leistungsunterschiede achten, vor allem auf die Leistungsverschlechterungen.“ Besonders achtsam sollte man auch den Selbstbehalt im Tarif wählen, rät Garcia.

Worauf müssen Versicherte bei der Wahl des Selbstbehaltes achten? Um die monatlichen Beiträge zu reduzieren, können Privatversicherte Tarife mit einem jährlichen Selbstbehalt wählen. Wählt ein Versicherter beispielsweise einen Selbstbehalt von 1.000 Euro, müssen Aufwendungen bis zu diesem Betrag selbst übernommen werden, bevor eine Erstattung der Kosten beantragt werden kann. Die Grenze liegt bei 5.000 Euro pro Jahr.

Nach Angaben Garcias gilt grundsätzlich, dass Versicherte von der monatlichen Ersparnis die höhere Belastung pro Jahr durch den Selbstbehalt abziehen müssen. &bdquo;Weil es gut sein kann, dass man diesen öfter oder in Zukunft sogar jedes Jahr komplett ausschöpfen wird. Nur wenn trotz ausgenutzten höheren Selbstbehaltes eine signifikante Ersparnis bleibt, lohnt es sich, darüber nachzudenken.“ Tarife mit einem sehr hohen Selbstbehalt seien bei Angestellten und jungen Selbstständigen nur selten eine gute Wahl, sagt Garcia. &bdquo;Bei älteren Selbstständigen, Privatiers und Rentnern kann es sich aber lohnen.“

Vor einem Wechsel in einen Tarif mit einem höheren Selbstbehalt sollten Versicherte laut Garcia zudem bedenken, dass spätere Wechsel in Tarife mit geringeren Selbstbehalten schwierig oder sogar unmöglich werden können, weil eine Reduzierung des Selbstbehalts bei den meisten Versicherern nur mit einer Gesundheitsprüfung möglich ist.

Sollten Versicherte Gesundheitsprüfungen fürchten? &bdquo;Grundsätzlich müssen Versicherte vor Prüfungen nicht zurückschrecken, weil sie Tarifwechsel auch dann nicht verhindern, wenn Versicherte nicht bestehen“, erklärt Garcia. Bei Vorerkrankungen könnten Versicherte anstelle des üblichen Risikozuschlags auch einen Leistungsausschluss vereinbaren. &bdquo;In dem neuen Tarif werden dann nur die Mehrleistungen ausgeschlossen, die Versicherte in ihrem alten Tarif auch nicht hatten. Dadurch entsteht durch einen Tarifwechsel kein Nachteil, weil man seine Leistungen behält und oftmals Geld spart.“

Können Privatversicherte ihren Tarif selbst wechseln? Ja, allerdings raten die Verbraucherzentrale und der Bund der Versicherten vor einem Wechsel zu einer unabhängigen Beratung. &bdquo;Für Laien ist der Tarifdschungel kaum zu durchblicken und Leistungen sind schwer zu vergleichen. In keinem anderen Versicherungsbereich ist ein Preis- und Leistungsvergleich so schwierig“, erklärt ein Sprecher der Verbraucherzentrale. Beratungen bieten Versicherungsmakler wie Garcia und auch Beratungsstellen der Verbraucherzentrale oder dem Bund der Versicherten an: &bdquo;Eine private Krankenversicherung kann im Alter zu einer echten Kostenfalle werden, wenn Versicherte nur ein kleines Finanzpolster haben, deshalb ist Beratung so wichtig.“

Garcia warnt Versicherte zudem davor, Umstellungsangeboten von Versicherern blind zu vertrauen. &bdquo;Es werden leider häufig Tarife empfohlen, die den individuellen Interessen nicht entsprechen, während andere, viel besser geeignete Alternativen fehlen.“ Ein schlechter Tarifwechsel könne langfristige negative Konsequenzen haben, die dann meistens irreversibel seien.

Wie können Versicherte unseriöse Angebote erkennen? Unrealistische Werbeaussagen sind nach Angaben Garcias ein eindeutiges Zeichen für unseriöse Tarifoptimierer. &bdquo;Viele Berater werben noch immer mit 40 Prozent und mehr durchschnittlicher Ersparnis. Das ist unmöglich.“ Aggressive Werbung mit falschen Versprechen sei ein zunehmendes Problem in der Branche, moniert Garcia mit Verweis auf ein Beispiel. &bdquo;Klaus M. zahlt monatlich einen Beitrag von 1.005 Euro. Als neuer Beitrag werden 262,18 Euro genannt. Das wären 743 Euro Ersparnis. Das ist utopisch und nicht mal mit einem Wechsel in den Standardtarif umsetzbar.“

Ebenso achtsam sollten Versicherte laut Garcia sein, wenn Berater die Höhe ihres Honorars nicht auf ihrer Internetseite veröffentlichen. &bdquo;Seriöse Tarifoptimierer machen keine Versprechen vor der Einzelfallprüfung und arbeiten transparent beim Honorar.“ Nach der Einschätzung Garcias steigt die Zahl unseriöser Tarifoptimierer. &bdquo;Nicht nur die berechnen mittlerweile als Erfolgshonorar das 10- bis 12-Fache der monatlichen Beitragseinsparung. Da können mehr als 4.000 Euro zusammenkommen.“

Außerdem könne eine erfolgsabhängige Vergütung Berater dazu verleiten, einen günstigeren, aber leistungsschwächeren Tarif anstelle der geeignetsten Alternative zu empfehlen. &bdquo;Als Konsequenz wird zu Wechseln geraten, bei denen bewusst auf eine hohe Beitragsersparnis abgezielt wird und Minderleistungen verharmlost werden, um das Honorar hochzutreiben.“

Vor allem ältere Versicherte seien die Leidtragenden. &bdquo;Das ist im Alter besonders gefährlich, da Versicherte oft genau dann wechseln, wenn sie altersbedingt mehr Leistungen beanspruchen müssen.“ Generell rät Garcia Versicherten vor einem Wechsel zur Vorsicht. &bdquo;Das gilt insbesondere bei einer Kaltakquise, wenn man nicht von sich aus auf einen Berater zugegangen ist.“

Lohnt sich für Privatversicherte ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung? Ein Wechsel in die GKV geht nicht in jedem Alter und nicht in jeder Lebenssituation. &bdquo;Das hängt vom Einzelfall ab und ist für viele Privatversicherte nur schwer möglich“, erklärt Garcia. Für Angestellte unter 55 Jahren sei ein Wechsel in die GKV möglich, wenn das Jahreseinkommen 2026 unter 77.400 Euro liegt. &bdquo;Wenn der Versicherte bereits vor 2003 in der PKV war, liegt die Grenze bei 66.150 Euro. Dadurch wird man wieder versicherungspflichtig.“ Erreichen lasse sich das unter anderem durch Teilzeitarbeit, Entgeltumwandlung, ein Sabbatical oder Eltern- und Pflegezeit.

Selbstständige unter 55 Jahren können nach Angaben Garcias nur in die GKV wechseln, wenn sie hauptberuflich angestellt sind. &bdquo;Der Verdienst im neuen Job muss mehr als 538 Euro im Monat betragen. Die Entgeltgrenze von 77.400 Euro darf aber nicht überschritten werden.“ Versicherte könnten in solchen Fällen weiter selbstständig tätig sein, sofern das als Nebentätigkeit erfolgt. Eine weitere Möglichkeit bestehe im Fall von Arbeitslosigkeit, aber auch hier gelte die Altersgrenze von 55 Jahren.

Weitere Wechselmöglichkeiten auch nach dem 55. Lebensjahr bieten laut Garcia die Familienversicherung und ein Auslandsaufenthalt. &bdquo;Wenn der Ehepartner in der GKV versichert ist, kann der andere Partner über die Familienversicherung von der PKV in die GKV zurückkehren.“ Dafür dürfe das Einkommen aber bestimmte Grenzen nicht überschreiten: bei einem sozialversicherungspflichtigen Job 637,50 Euro im Monat. Bei einem Minijob 538 Euro.

Auch ein Auslandsaufenthalt biete unter Umständen die Möglichkeit, bei der Rückkehr nach Deutschland in die GKV zu wechseln, wenn man dort in die gesetzliche Pflichtversicherung eintritt, sagt Garcia. Beispiele seien die Niederlande, Schweden oder die Schweiz. &bdquo;In der Regel muss man dafür aber in das jeweilige Land umziehen oder eine Beschäftigung aufnehmen und eine gewisse Zeit dort versichert sein.“

Was gilt für Kassenpatienten, die über einen Wechsel in die PKV nachdenken? Experten warnen vor unbedachten Wechseln. &bdquo;Die PKV lohnt sich zumeist nur für Beihilfeberechtigte wie beispielsweise Beamte, denn sie müssen nur den prozentualen Anteil zusätzlich zur Beihilfe versichern“, erklärt Bianca Boss, Vorständin beim Bund der Versicherten. Staatsbedienstete erhalten im Krankheitsfall sogenannte individuelle Beihilfe. Der Dienstherr erstattet in einem bestimmten Umfang die Krankheitskosten, die Beamten sowie deren Angehörigen entstehen. &bdquo;Für Nicht-Beihilfeberechtigte kommt die PKV nur in Ausnahmefällen infrage. Die Prämien steigen mit zunehmendem Alter, sodass die private Krankenvollversicherung meist nur für Personen mit dauerhaft sehr hohen Einkünften oder Vermögen sinnvoll ist.“

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