Detmold. Um Geflüchteten das Ankommen in Deutschland zu erleichtern, richtet die Stadt Detmold sogenannte Brückenprojekte ein. Diese sollen Kinder und Eltern an die Betreuung, Erziehung und Bildung in Kita und Schule heranführen. Mit Hilfe von Landesmitteln sind dazu jetzt vier Spielgruppen gestartet.
Im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Detmold-Ost in Spork-Eichholz herrscht Trubel. Die Duplo-Steine werden auf den Boden gekippt, gleich soll gemeinsam gebaut werden. Erzieherin Natalia Scherer leitet die Zwei- bis Fünfjährigen aus Syrien, dem Irak und dem Libanon an und versucht ganz nebenbei, ihnen erste Wörter Deutsch und auch ein Stück weit die hiesige Kultur näher zu bringen.
„Die Kinder kommen gerne, und die Eltern auch", sagt Claudia Haustein, Leiterin der Kita „Schatztruhe" der Fürstin-Pauline-Stiftung. Letztere betreibt die Spielgruppe im Gemeindehaus und weitere in Remmighausen und in der Karolinenstraße. Dazu kommt eine weitere Gruppe in der Innenstadt, für die die St.-Elisabeth-Stiftung die Trägerschaft übernommen hat.
„Die insgesamt 25 Plätze sind derzeit alle belegt. Es gibt eine Warteliste. Wir gucken jetzt zusammen mit der Kontaktstelle für Asylbewerber, wohin wir die Kinder noch vermitteln können", berichtet Jugendhilfeplanerin Trudi Knoll von der Stadtverwaltung. Eine zusätzliche Gruppe mit 10 Plätzen könnte etwa im Haus der Kirche in Herberhausen entstehen, Landesmittel dafür stünden bereit – zusätzlich zu den rund 111.000 Euro, die das Land bis Jahresende für die bestehenden vier Spielgruppen zahlt.
Den Vorteil dieses Betreuungsangeboten sehen die Verantwortlichen in der Niedrigschwelligkeit. „Die Menschen haben eine lange Fluchterfahrung hinter sich, weshalb Eltern ihre Kinder nicht gleich wieder hergeben wollen. In den Spielgruppen haben sie die Möglichkeit mit anwesend zu sein", erläutert die Jugendhilfeplanerin. In jedem Fall solle die Betreuung jedoch in einen Kita-Platz münden.
62 geflüchtete Kinder besuchen bereits jetzt einen Kindergarten im Stadtgebiet. Damit sind im laufenden Kita-Jahr alle Plätze belegt. Ab August sind laut Knoll noch einige frei. „Wir müssen aber auch Plätze frei halten, falls unterjährig noch Kinder hinzukommen", betont die Jugendhilfeplanerin. Immerhin hätten alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz – Deutsche genauso wie Geflüchtete.
Um auf steigende Nachfrage vorbereitet zu sein, werden zusätzliche Kapazitäten geschaffen. Die August-Hermann-Francke-Kita richtet für das kommende Kita-Jahr 20 Plätze ein, die städtische Kita Hiddeser Berg wird provisorisch um eine halbe Gruppe für Über-Dreijährige erweitert. Das heißt, zehn weitere Kinder werden in den bestehenden Räumen untergebracht. Ab dem Kita-Jahr 2017/18 könnte eine Regelgruppe mit 20 bis 25 Plätzen daraus werden, wofür ein kleiner Anbau notwendig wäre.
Ebenfalls ab 2017 könnten neue Gruppen für Kinder unter und über drei Jahren in der Kita „Pippi Langstrumpf" starten. Die Anträge dafür sind gestellt. „Wir müssen sehen, wie sich die Kinderzahl weiter entwickelt und für 2018/19 überlegen, ob dann vielleicht eine ganz neue Kita gebraucht wird", sagt Knoll.
Kommentar: Richtiger Ansatz
Es ist ein Comeback: Nach dem U3-Ausbau in den Kindertagesstätten waren sie vielerorts weggefallen, jetzt sind die Spielgruppen zurück. Niedrigschwellige Angebote für die ganz Kleinen erlangen im Zusammenhang mit der Integration von Flüchtlingen eine neue Bedeutung . Und das zu Recht.Spielgruppen bilden einen Schonraum. Hier können die Neuankömmlinge erst einmal unter sich sein – gerne auch in Begleitung der Eltern, um Trennungsängste abzubauen. Beim gemeinsamen Frühstücken, Basteln und Singen lernen sie erste Vokabeln und werden sachte an die deutsche Kultur herangeführt. Denn seien wir ehrlich, natürlich gibt es Unterschiede – auch in punkto Erziehung.
Das Grenzensetzen der Eltern und auch das Stillsitzen der Kinder sind da nur einige Beispiele, die von Fachleuten angeführt werden. Und natürlich spielt auch die Flucht eine Rolle, bei der viele Kinder mit aggressivem Verhalten konfrontiert waren und die sie erst einmal gedanklich überwinden müssen.
Als Vorbereitung für Kita und Schule, sind Spielgruppen deshalb eine gute Sache. An der Finanzierung, die für die Träger derzeit kaum auskömmlich ist, muss dagegen noch gearbeitet werden. Und sie sollte dauerhaft sein.