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Krankenkasse will OP-Rechnung über 15.000 Euro nicht zahlen

25-jährige Lagenserin Jana Lühr leidet unter einer Fettverteilungsstörung

Erol Kamisli

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Schmale Füße: Ab dem Knöchel beginnen bei Jana Lühr die Schwellungen – davor liegen Bilder, die vor und nach den Operationen gemacht wurden. - © Vera Gerstendorf-Welle
Schmale Füße: Ab dem Knöchel beginnen bei Jana Lühr die Schwellungen – davor liegen Bilder, die vor und nach den Operationen gemacht wurden. (© Vera Gerstendorf-Welle)

Lage. Wegen ihrer dicken Arme und Beine muss sich Jana Lühr gegen Anfeindungen wehren. Doch es liegt nicht an falscher Ernährung. Die 25-Jährige leidet an einem Lipödem. Damit die Krankheit nicht fortschreitet, hat sie sich drei Mal unters Messer gelegt, insgesamt wurden zwölf Liter Fett abgesaugt.

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Die OP-Kosten in Höhe von 15.000 Euro muss sie nun aus eigener Tasche bezahlen, die Krankenkasse lehnt bisher eine Kostenübernahme ab. „Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen, der Fall liegt im Widerspruchsausschuss“, betont DAK-Sprecher Rainer Lange auf LZ-Anfrage. In der Vergangenheit habe die DAK in ähnlichen Fällen auch gezahlt – alles sei offen. „Endlich mal eine Aussage, die mir Hoffnung macht“, freut sich die 25-jährige Erzieherin.

Rückblick: Jana Lühr ist in der Pubertät, als sie immer mehr zunimmt. Beine, Arme und Po werden dicker. Was sie nicht weiß: Sie leidet unter einem Lipödem. „Ich habe nicht nur unter den Schmerzen, sondern auch an meinem Aussehen gelitten“, erinnert sich die Lagenserin. Am schlimmsten seien die Demütigungen. Die offenen, wenn jemand verächtlich „Walross“, „Fressmaschine“ oder „Elefantenbein“ sagt. Oder wenn ein Vater, den sie bislang nur am Telefon gesprochen habe, ihr zum ersten Mal musternd gegenüber steht und dann mit hörbarem Entsetzen sagt „Waaas, Siiiie sind Frau Lühr?“ Nach diesem Treffen habe sie im Auto gesessen und nur noch geweint, erzählt sie – und man sieht der 25-Jährigen an, dass ihr diese Begebenheit noch immer zu schaffen macht.

Immer wieder hört sie: „Nimm halt ab!“ Sie macht Diät um Diät, doch rings um die Hüften an Beinen und Armen nimmt sie weiter zu. Erst mit 20 Jahren wird sie auf die Krankheit Lipödem aufmerksam gemacht. Ein Besuch bei der Horn-Bad Meinberger Gefäßchirurgin Dr. Gabriele Sbrisny bringt Klarheit, damit aber auch die Erkenntnis, dass sie mit dem Leiden klar kommen muss. Es ist nicht zu heilen oder mit Medikamenten zu lindern. „Bei Lipödem sind die Fettzellen krankhaft vergrößert. Gleichzeitig kommt es zur Behinderung des Lymphabflusses. Verstärkt tritt Flüssigkeit in die Zellzwischenräume, und es bilden sich Wasseransammlungen“, erklärt Dr. Sbrisny.

Daher sehen die Beine von Betroffenen auch so dellig aus, vergleichbar mit Orangenhaut. Die Anlage dazu werde vererbt, betroffen seien davon fast nur Frauen. Hormonelle Wechsel, wie sie in der Pubertät, bei Schwangerschaften oder in den Wechseljahren vorkommen, könnten die Krankheit auslösen. „Lipödem-Patientinnen fühlten sich oft stigmatisiert“, sagt die Ärztin und zeigt Jana Lühr die neuesten Kompressions-Strumpfhosen-Modelle.

Nach der Diagnose im Jahr 2010 trägt auch Jana Lühr die eng anliegenden Strümpfe und muss regelmäßig zur Lymphdrainage – doch die Schmerzen bleiben. „Meine Beine wurden immer dicker, und ich konnte kaum noch laufen, weil sie aneinander gerieben haben“, sagt die Erzieherin. Sie habe sich zurückgezogen und nicht mehr in die Öffentlichkeit getraut – dann kam der Retter, ihr Vater.

„Er hat mir von einer operativen Fettabsaugung erzählt“, erinnert sich die 25-Jährige. Sie hat Information eingeholt und sich dann für eine Operation entschieden. Insgesamt drei Mal habe sie sich unters Messer gelegt: Zwölf Liter Fettabsaugung für 15.000 Euro. „Jetzt geht’s mir gut. Auch meine Klamotten passen viel besser“, freut sich die Lagenserin. Sie habe eine neues, leichteres Leben, obwohl sie noch Kompressionsstrümpfe tragen müsse. Sie kosteten die DAK pro Jahr 1.500 Euro, dazu kommen weitere Ausgaben – insgesamt jährlich knapp 3.000 Euro. „Damit ist langfristig eine Operation für die DAK viel günstiger“, rechnet Lühr aus.

Eine Operation an den Waden stehe noch aus – danach wolle sie endlich mal wieder mit Freunden von der Selbsthilfegruppe „Lip-Mädels“ die Nächte durchtanzen.

Infos bei Lip-maedels@t-online.de

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