Die Foltermorde von Bosseborn: Ein Gehöft wird zum Horrorhaus

Höxter. Der kleine Bauernhof im Saatweg in Höxter-Bosseborn soll in Kürze abgerissen werden. Ackerbau und Viehzucht werden hier schon seit längerem nicht mehr betrieben. Als Wilfried W. und Angelika W. 2010, einen Tag vor Weihnachten, in das alte, eineinhalbgeschossige Haus einziehen, übernehmen sie einen kleinen Tierbestand. Ein paar Schweine, Ziegen, Gänse und Hühner sind in den behelfsmäßigen Stallungen untergebracht. Als sie am 27. April 2016 auf dem Gehöft verhaftet werden, gibt es bis auf ein paar Gänse keine Tiere mehr. Die immer intensiveren polizeilichen Ermittlungen bringen grausame Details von unfassbaren Quälereien zutage, die in diesem Gemäuer stattgefunden haben.

Kurz nach der Verhaftung inspizieren Beamte der Mordkommission gemeinsam mit Angelika W. das Gebäude. Über einen kleinen gepflasterten Weg ist die Eingangstür zu erreichen. An der Hausecke steht eine fast bis oben hin gefüllte Komposttonne. Den Flur entlang im Erdgeschoss befindet sich geradeaus die Küche, links davon die Speisekammer. Eine weitere Tür führt in die Kellerräume und zu den Stallungen. Rechts geht es zu einem großen Raum, der als Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer genutzt wurde. In einer Kommode liegen diverse Reisepässe von Wilfried W. und der Schlüsselbund des Corsa, mit dem Susanne F. schwerstverletzt Richtung Bad Gandersheim transportiert wurde und dann an den Misshandlungen starb. Hier stand auch der Ofen, in dem das erste Opfer des Horrorpaares, Annika W., verbrannt wurde.

Ein rotes Ecksofa wurde vermutlich als Bett benutzt. Auf einem Tisch stehen eine Wasserpfeife und eine heruntergebrannte Kerze. Verstreut liegen eine Fernsehzeitschrift, Quittungen für Lottospiele, Verpackungsmaterial von Tabletten und Kartons mit Fruchtsaft herum. Überall bietet sich ein heruntergekommener, verschmutzter, unordentlicher Eindruck. In dem weißen Styroporkasten auf dem Wohnzimmerschrank liegt ein Wärmegerät. Obenauf liegt eine handschriftliche Notiz: &bdquo;Ich, Angelika W., habe Susanne F. getreten, geschlagen, gewürgt, verbrannt, Haar ausgerissen, wenn sie mich provoziert hat. Wilfried W. war niemals dabei und hat nichts damit zu tun." Datiert ist der Zettel auf den 21. April 2016. Einen Tag später stirbt Susanne F.

Unten im Keller befinden sich die Stallungen mit den ehemaligen Schweinekoben. Weil die Schweine wegen schlechter Fütterung kein Fett ansetzten, konnten sie nicht verkauft werden. Sie sollen qualvoll verendet und auf dem Misthaufen gelandet sein. Später wurden im Schweinestall Frauen gequält. Barfuß und an den Händen gefesselt musste ein Opfer, nur mit Unterhose und einem Pullover bekleidet, für 20 Minuten in dem kalten Schweinemist stehen. Angelika W. wusste, dass Christel P. Angst vor den Tieren hatte, aber sie sollte ihre Lektion lernen und gehorsam werden. Jetzt sitzen hier noch ein paar völlig verdreckte Gänse in verschmutztem Stroh.

In einem weiteren, tiefer liegenden Kellerraum liegt eine gegrillte, vertrocknete Bratwurst auf dem Boden. In einem angrenzenden Raum türmt sich alter, getrockneter Mist auf. Überall ist Staub, sind riesige Spinnweben. Im Obergeschoss befindet sich, die Treppe hoch links, das beigefarben geflieste Badezimmer. Rechts ist eine Art Rumpelkammer mit Stofftieren, alten PC-Teilen, Hanteln, Bügelbrett und Staubsauger. In einer zweiten Kammer befinden sich eine Katzentoilette und ein Stuhl mit einem verschmutzten Kissen.

Im Bereich der hinteren Tür liegt zusammengefaltet ein aufblasbares Bett, darunter befinden sich dicke Taue, weitere Stricke in einer Plastiktüte. Eine hier eingesperrte Katze macht plötzlich durch lautes Miauen auf sich aufmerksam. Im angrenzenden Schlafzimmer liegt dunkelgrauer Teppichboden. Kartons mit Weihnachtsdekoration und Kleidungsstücken stehen auf dem Fußboden. Im Schränkchen in der Ecke liegen Salben, Wundschutzcreme, Mullbinden, Verbandsmaterial, Schere, Mundspatel und Plastiktüten. Gegenüber der Schlafzimmertür sind neben einem Heizkörper rote Spuren an der Wand zu sehen. Auf der Treppe zum Spitzboden liegt der Personalausweis von Angelika W., der Fahrzeugschein eines Autos und verschiedene Schriftstücke.

Ermittler beschreiben den Gesamteindruck des kleinen Gehöftes später als &bdquo;massiv verwahrlost". Alle möglichen Haushaltsutensilien liegen in chaotischer Anordnung ohne erkennbare Funktion herum, ein sogenannter Wohnraum ist nicht erkennbar. Das Horrorhaus ist abbruchreif. Hier will keiner mehr leben.

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