Wenn es zwischen Stiefgeschwistern auf einmal knistert

Detmold-Hiddesen . "Mein Vater wurde mein Schwiegervater, meine Stiefmutter meine Schwiegermutter und meine Stiefschwester meine Schwägerin", sagt Christa Behmenburg . Günter Grundmann ist nämlich nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ihr Stiefbruder - ein Familienverhältnis der etwas komplizierteren Art. Die beiden blicken für die LZ-Reihe "So liebt Lippe" auf eine Geschichte schwerer Schicksalsschläge und glücklicher Zufälle zwischen Berlin, München und Lippe zurück.

"Die Sehnsucht nach Liebe war groß" Alles begann, als der Vater von Christa Behmenburg die Mutter von Günter Grundmann auf einer Reise kennenlernte. Sie stellten fest, dass beide in Berlin, fast um die Ecke, wohnten. Die Eltern wurden ein Paar und so kam es, dass die damals 28-Jährige auf einer Familienfeier 1991 auf ihren neuen Stiefbruder traf.

An die große Liebe zwischen den beiden war damals allerdings nicht zu denken. Beide waren nämlich bereits verheiratet. Nach acht Jahren aber starb der Mann von Christa Behmenburg und ihr Stiefbruder ließ sich scheiden. "Ich habe auf den Familienfeiern schon immer ein Auge auf Christa geworfen", gibt der 72-Jährige zu. Bei einem Geburtstag bahnte sich nach einem langen Spaziergang langsam etwas an. "Es war ein Sonntag im Mai, wir gingen durch eine liebliche Birkenallee", erinnert er sich. "Den Hund unserer Eltern hatten wir dabei und wir führten schöne Gespräche über Gott und die Welt", fügt die ehemalige Bibliothekarin hinzu.

Am nächsten Tag ging Günter Grundmann dann in die Offensive und gestand seiner Stiefschwester seine Gefühle. "Ich fiel aus allen Wolken und sah meinen Bruder plötzlich mit ganz anderen Augen", weiß die 70-Jährige noch ganz genau. "Ich hätte mir bis zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen können, dass wir uns näher kommen." Aber die Sehnsucht nach Liebe war groß und eine Blutsverwandtschaft lag nicht vor.

Wie sie es der Familie gesagt haben? "Ich habe mir einen Spaß daraus gemacht und sie raten lassen", sagt Christa Behmenburg und kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Mit Hinweisen wie "ihr kennt ihn bereits" und "sogar seine Eltern", brachte sie die Angehörigen auf die richtige Fährte. Von Schamgefühlen oder Verwunderung keine Spur, alle hätten sich gefreut. Auch das Umfeld habe nie negativ auf diese besondere Beziehung reagiert.

Von Berlin über München nach Lippe Nicht lange wohnte das frischverliebte Paar zusammen in Berlin. Als der ehemalige Geologe eine Arbeitsstelle in München angeboten bekam, zogen sie in die bayrische Landeshauptstadt. Nach Lippe verschlug es sie immer wieder zum Urlaubmachen und zu der Familie von Günter Grundmann, die in Lemgo wohnte sowie Christas Schwester, die sich mit ihrer Familie in Horn niedergelassen hat. Vor sieben Jahren haben sich die Eheleute dann dazu entschieden, nach Hiddesen zu ziehen. "Das, was an Familie noch übrig ist, wohnt hier und da wollten wir auch sein", sagt der 72-Jährige und tätschelt dem hellbraunen Mischling Kalle den Kopf. Kinder hat das Ehepaar nicht, umso mehr liegen ihnen der Hund und ihre Nichten und Neffen am Herzen.

Allein sind die Rentner in ihrem großen Haus aber ohnehin nicht. Die Regale, Tische, Fensterbanken und der Boden sind übersäht von Mäusefiguren in allen Variationen. "Über 50.000 Mäuse habe ich bislang gesammelt", berichtet Christa Behmenburg stolz. Damit hat es die 70-Jährige vor einigen Jahren bereits ins Guiness-Buch der Rekorde geschafft. "Es ist wichtig, das Hobby des Partners zu akzeptieren", weiß ihr Ehemann. Er selbst sammelt historische Bergbau-Postkarten, die ihm mindestens genauso viel bedeuten, wie seiner Frau die Mäuse.

Sie wissen nicht nur die Hobbies des anderen, sondern auch die Lebenszeit, die ihnen noch bleibt, besonders zu schätzen. Da beide bereits schwere Krankheiten überlebt haben, sehen sie jeden Tag als ein Geschenk. In Lippe haben sie einen Ort gefunden, wo sie alt werden wollen. "Ich glaube, diese Liebe wurde uns von oben geschenkt", meint Christa Behmenburg . "So viele Zufälle, die gibt es gar nicht."

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