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Vorsitzender der Kreisspruchkammer Lemgo hört auf

Helmut Wallenstein ist seit 1975 im Amt

Oliver König

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Das rote Büchlein immer zur Hand: Helmut Wallenstein mit der Satzung und den Ordnungen des Verbandes. - © Oliver König
Das rote Büchlein immer zur Hand: Helmut Wallenstein mit der Satzung und den Ordnungen des Verbandes. (© Oliver König)

Lemgo. „Meine Richtschnur war immer, Urteile zu fällen, die von den Vereinen angenommen werden können", blickt Helmut Wallenstein zurück. Nach 41 Jahren als Mitglied der Kreisspruchkammer im FuL-Kreis Lemgo, 26 davon als Vorsitzender, ist am Freitagabend Schluss. Er übergibt sein Amt an Friedel Schafmeister.

Intensiv habe er sich immer auf seine Fälle vorbereitet und Gedanken wie diese gehabt: „Was wird sein, wenn wir den Spieler jetzt für ein Jahr sperren?" Dass er im Verlauf einer Verhandlung dem oder die Angeklagten so manche Brücke gebaut hat, gehörte ebenfalls dazu. Nur etwas mehr als ein Prozent seiner Urteile gingen nach eigener Aussage in die Berufung. „Die meisten davon", freut er sich, „hat die Bezirksspruchkammer bestätigt." Nur einmal, berichtet der Lemgoer, habe ihm ein Fall wochenlang schlaflose Nächte bereitet. Das war die Ausnahme.

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Die Spruchkammer

Der bisherige Stellvertreter von Helmut Wallenstein, Friedel Schafmeister vom TuS Humfeld, soll der Kreisspruchkammer (KSK) künftig vorstehen. „Friedel hat die gleiche Ausbildung wie ich", weiß Helmut Wallenstein seine Nachfolge in guten Händen. Für den ebenfalls ausscheidenden Werner Parziak (TuS Bexterhagen) soll Markus Krause vom FC Laßbruch/Silixen nachrücken. Der KSK gehören als Beisitzer weiter an: Christel von Dahlen (VfL Lieme), Uwe Rottmann (SV Hörstmar), Ahmet Siviloglu (TSV Schötmar) und Bernd Feigl (FC Unteres Kalletal). ⋌(ok)

Es war sicher auch die Erfahrung, dass sich der „Schmalspur-Jurist" (Wallenstein über Wallenstein) ein dickes Fell angelegt hatte. Schon am 7.5.75 wurde er als Beisitzer in die Spruchkammer gewählt. Unter den Vorsitzenden Gustav Kelle (Holzhausen), Kurt Fricke (Helpup) und Heinrich Bünten (Extertal) saß er während der Verhandlungen in einer Kneipe an der Herforder Straße in Lemgo mit am Richtertisch. Ehe 1990 der Kreisvorsitzende Heinz Osterhage vor seiner Tür gestanden habe. „Er sagte: Ich muss dich haben. Du bist der einzige, der das kann" Heinrich Bünten war kurz zuvor gestorben, der Posten des Spruchkammer-Vorsitzenden zu besetzen. Helmut Wallenstein, schlagfertig wie er ist, antwortete nur kurz: „Ich mache das, aber du redest mir nicht rein."

Es passt zum Naturell des ehemaligen Kreisverwaltungsdirektors, der zuletzt als Leiter des Regiebetriebes Schulen beim Kreis Lippe beschäftigt war und am 1. Januar 2002 in den Ruhestand ging, dass er als erste Maßnahme die Verhandlungen anstatt in einer Kneipe fortan im Presseraum der Lüttfeld-Halle durchführte. Später war es der Speiseraum im Berufskolleg, nun ist es ein Klassenraum.

Im Schnitt 20 Fälle pro Saison wurden während seiner Amtszeit an die Spruchkammer abgegeben. 50 Prozent wegen Beleidigungen und Tätlichkeiten gegenüber dem Schiedsrichter. „Heute ist es besser geworden. Schlimm war es in den 90er Jahren", freut sich Helmut Wallenstein über die Entwicklung. Er stellt zudem fest: „Die meisten Verhandlungen gibt es in den niedrigsten Klassen." Helmut Wallenstein ist der Herr der Paragrafen, der sich mit der Spielordnung oder der Rechts- und Verfahrensordnung des Verbandes auskennt wie kein anderer.

Er wusste aber immer auch, wovon er bei Kammersitzungen sprach. Denn schmunzelnd merkt der 79-Jährige an: „Ich habe selbst auch an den Ball getreten." Als Jugendspieler kickte er beim TuS Almena, danach beim SV Laßbruch. Seine letzte Partie bleibt ihm dabei besonders in Erinnerung. Als 42-Jähriger spielte er mit dem SV Laßbruch in der 1. Kreisklasse beim SV Hörstmar. Da Spieler fehlten, sprang der damalige Betreuer selbst ein, obwohl er keine Fußballschuhe dabei hatte und die erst noch in der passenden Größe besorgt werden mussten. „Stell dich nur vorne rein", habe der Spielertrainer Hagemeier zu ihm gesagt. Das hat Helmut Wallenstein gemacht und sogar noch ein Tor geköpft.

Früh zeichnete sich die Funktionärslaufbahn ab. 1953 war Helmut Wallenstein nach eigener Aussage Gründungsmitglied des SV Laßbruch und übernahm dort von 1964 bis 1982 das Amt des Geschäftsführers. Nach seinem Umzug übte er diese Tätigkeit von 1986 bis 2010 beim TBV Lemgo aus. „Da habe ich den rasanten Aufstieg bis in die Verbandsliga mitgemacht. Trainer war Wolfgang Schlichthaber. Wir spielten mit Schalkes Reserve oder TSV Marl-Hüls in einer Klasse und sind auch westfälischer Pokalsieger geworden."

Er blättert in einem der vielen Ordner mit Presseausschnitten und etlichen Protokollen. Eine Ära endet am Freitag. Doch, halt: Auch am Abend seines Abschieds wird Helmut Wallenstein wieder das Protokoll von einem ordentlichen Kreistag führen – wie seit 1975 schon.

Der Kreistag findet am Freitag, 22. April, 19 Uhr, im Kongresszentrum der Lipperlandhalle in Lemgo statt.

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