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Ligaverband für Fußballerinnen

Streit um Macht und Geld: 14 Clubs gegen den DFB

Der Ton ist rau im Zwist um die Zukunft des deutschen Frauenfußballs zwischen Clubs und DFB. Eintracht Frankfurts Boss Axel Hellmann warnt vor einem «irreparablen Vertrauensverlust», HSV-Vorstand Eric Huwer droht: «Wenn der nächste Schritt von Teilen des Verbands nicht erwünscht ist, dann gehen wir ihn selbst.» Vor dem ersten Professionalisierungs-Schritt, der Gründung des Ligaverbandes an diesem Mittwoch, beantwortet die Deutsche Presse-Agentur wichtige Fragen zu dem Streitthema.

Warum haben die Clubs den DFB am 4. Dezember massiv attackiert?

Just als die Verbandsbosse um DFB-Präsident Bernd Neuendorf im Flieger zur Auslosung der Männer-WM nach Washington saßen, gingen die Frauen-Bundesligisten mit abgestimmten Pressemitteilungen in die Offensive. Der schwerste Vorwurf: Der Deutsche Fußball-Bund habe «wesentliche bereits verhandelte Eckpunkte infrage gestellt», sagte Bayern-Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen der dpa. «Das hat uns 14 Clubs nicht nur irritiert, sondern kam für uns völlig überraschend.»

Pflegt die offene Auseinandersetzung mit dem DFB: Eintracht Frankfurts Vorstandsboss Axel Hellmann. - © Christian Charisius/dpa
Pflegt die offene Auseinandersetzung mit dem DFB: Eintracht Frankfurts Vorstandsboss Axel Hellmann. (© Christian Charisius/dpa)

Dies sei sehr enttäuschend, «weil es natürlich auch die Frage aufwirft, ob das die richtige Basis für eine lange und gute Partnerschaft sein kann», sagte Hellmann, einer der Chef-Verhandler der 14 Clubs, in einem Interview der «Frankfurter Rundschau».

DFB-Generalsekretär Holger Blask widersprach: «Unterschriftsreife Verträge haben bislang nicht vorgelegen. Die Verhandlungsführer der Clubs hatten dem DFB weitreichende Ergänzungen und Änderungswünsche übermittelt, auf die der DFB verhandlungsüblich reagiert hat.» Beim Verband fühlt man sich ob des medialen Rundumschlags von Hellmann und Co. brüskiert - und vermutet dahinter nur einen Zweck: den Druck auf den DFB maximal zu erhöhen.

Was passiert nun am Mittwoch?

In einer Stadion-Loge von Eintracht Frankfurt gründen die 14 Clubs am Mittwoch (16.00 Uhr) die Frauen-Bundesliga FBL e.V., also ihren eigenen Ligaverband. Bisher waren sie unter dem Dach des DFB angesiedelt. Mutmaßlich unter Federführung der Frankfurter Frauenfußball-Direktorin Katharina Kiel (33), die zur FBL-Präsidentin gewählt werden dürfte, soll der neue Ligaverband «eine moderne, professionelle und nachhaltige Entwicklung der Frauen-Bundesliga» gewährleisten, wie es heißt.

Warum ist der DFB bei der Gründung des Ligaverbandes nicht dabei?

Dass der Ligaverband «ohne Mitwirkung des DFB» gegründet wird, wie die Clubs mitteilten, hat ausschließlich symbolischen Charakter. Eine inhaltliche Beteiligung des DFB war nie geplant. Die Äußerungen aus der Bundesliga nahm der DFB daher «mit Verwunderung zur Kenntnis». Allerdings war ursprünglich vorgesehen, dass die Ligaverbands-Gründung am DFB-Campus erfolgt - was ebenfalls ein symbolischer Akt gewesen wäre. Motto: Seht her, Clubs und Verband gehen Hand in Hand in dieselbe Richtung. Diese vermeintliche Einheit ist unter großem Tamtam gebrochen.

Wo liegt der Unterschied zwischen Ligaverband und Joint Venture?

Während der Ligaverband allein Sache der 14 Bundesligisten ist, kommt bei dem weiter angedachten Joint Venture der DFB ins Spiel - und damit der Zank um Geld und Macht. An dem Gemeinschafts-Unternehmen würden der DFB und der neu gegründete Ligaverband (FBL e.V.) je 50 Prozent halten. Knapp über 100 Millionen Euro sagte der DFB für die nächsten acht Jahre zu - und steht weiter zu dieser Summe.

Was sagen die Clubs zur DFB-Summe?

Die Clubs argumentieren mit höheren Ausgaben als der DFB, etwa für zukunftsfähige Infrastruktur, Nachwuchsleistungszentren oder angehobene Spielerinnen-Gehälter. «Die Clubs wollen in diesem Zeitraum mehr als 700 Millionen Euro investieren. Allein diese Zahl macht deutlich, wer das unternehmerische Risiko trägt und maßgeblich die Förderung des deutschen Profifußballs der Frauen vorantreibt», sagte Bayern-Boss Dreesen.

Beim DFB hält man solche Größenordnungen in vertraulichen Gesprächen für wenig seriös, da klare Lizenzvorgaben noch fehlen würden. Ein Beispiel: Muss ein Frauen-Bundesligist künftig in einem 10.000 Zuschauer fassenden Stadion spielen, würde es teurer als in einem 5.000er-Stadion.

Unstrittig war zumindest der Name für das Joint Venture: Frauen Bundesliga Gesellschaft (FBL GmbH). Sie sollte in etwa so funktionieren wie die Deutsche Fußball Liga (DFL) bei den Männern, als Steuerelement für zentrale Themen wie die künftige Liga-Vermarktung.

Was sind die inhaltlichen Knackpunkte?

Der vielleicht wichtigste Punkt ist die Frage nach dem Stimmrecht. In dem ursprünglich angedachten Sechser-Führungsgremium des Gemeinschafts-Unternehmens pochen Ligaverband und DFB auf je drei Sitze. Bei möglichen Patt-Situationen wollen die Clubs dennoch am längeren Hebel sitzen - das lehnt der DFB bislang ab. Eine Kernfrage könnte sein, wen das Gremium als operativen Geschäftsführer einsetzt.

Zweiter Punkt: die Finanzen. Für sein Millionen-Investment verlangt der Verband nach dpa-Informationen einen handelsüblichen Pachtzins im niedrigen einstelligen Bereich. Bei steigenden Vermarktungserlösen erwartet der DFB auch erhöhte Rückzahlungen. Das missfällt den Clubs, die eine konstant gleichbleibende statt exponentielle Rückzahlung befürworten.

Und nach dpa-Informationen aus der Liga gibt es noch einen Aspekt: Angeblich wollte der DFB plötzlich eine Ausstiegsklausel haben, wonach er sich nach einem gewissen Zeitraum aus der Kooperation zurückziehen konnte.

Weitere Details sollen ebenfalls noch offen sein, darunter der Firmensitz des neuen Joint Ventures. Der DFB bevorzugt ein Büro auf seinem 15 Hektar großen Campus, die Clubs wünschen einen anderen Standort in Frankfurt - wie es die DFL hat. Im Gespräch: das Club-Gelände der Eintracht.

Könnte die Liga auch ohne den DFB ihre Ziele erreichen?

Vermutlich schon, aber zu wesentlich höheren Preisen. Eine 100-Millionen-Beteiligung eines Investors oder einer Bank gäbe es wohl nur zu Konditionen, die schlechter wären als jene des DFB. Denn der Verband ist nicht gewinnorientiert, muss lediglich die Betriebskosten decken - und erhielte einen schmalen Pachtzins. Und: Bei einem Alleingang müssten die Clubs ebenfalls mit dem DFB um entsprechende Auflösungs-Verträge ringen.

Entsprechend hoffen die Verhandler auf beiden Seiten, dass die FBL GmbH als gemeinsames Joint Venture schon zur Saison 2026/2027 an den Start gehen wird - aber eben am liebsten zu ihren jeweils eigenen Vorstellungen.

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