<p class="Frage" data-semantic="p">Herr Söder, die vergangenen Wochen waren von harten Auseinandersetzungen in der demokratischen Mitte geprägt. Wie lässt sich die Kompromissfähigkeit wieder stärken – und wie sehen Sie Ihre Rolle dabei?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Es ist wichtig, dass es eine klare Unterscheidbarkeit zwischen den Parteien gibt. Denn die radikalen Ränder haben zu lange davon profitiert, dass sich die demokratischen Parteien kaum mehr voneinander unterschieden haben. Die AfD zum Beispiel hat sich während der Ampel-Zeit verdoppelt. Deutschland braucht deshalb dringend einen Richtungswechsel. Die Bundestagswahl wird eine Volksabstimmung über die zentralen Themen Migration und Wirtschaft. Mit den Grünen geht bei der Migration gar nichts. Und bei der SPD spürt man, wie gerade Olaf Scholz alles blockiert. Dabei wünscht sich auch ein großer Teil der SPD-Basis eine Begrenzung der irregulären Migration.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Sie haben die AfD als Koalitionspartner ausgeschlossen und die Grünen auch. Mit dem Wiedereinzug der FDP in den Bundestag rechnet die Union nicht. Als Koalitionspartner bliebe die SPD. Wie sinnvoll ist es, sich nur auf eine Möglichkeit zu beschränken?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Wir wollen so stark wie möglich werden. Das ist unser oberstes Wahlziel. Nur so können wir den Kurs bestimmen und Deutschland wieder in Ordnung bringen. Viele Wähler wollen die Grünen auf keinen Fall mehr in der Regierung. Die Aussicht auf Schwarz-Grün würde die AfD stärken und die Union schwächen. Robert Habeck ist das Gesicht der Wirtschaftskrise und fachlich inkompetent. Deshalb ist klar: Er muss auf die Oppositionsbank. Auch mit der SPD gibt es dicke Brocken auszuräumen, insbesondere das Bürgergeld. Viele fleißige Menschen finden es ungerecht, dass jemand, der noch nie einen Euro in unsere Sozialkassen einbezahlt hat, fast genauso viel bekommen kann wie jemand, der sein Leben lang gearbeitet hat. Das war ein schwerer Fehler, das sehen inzwischen ja sogar führende SPD-Politiker so. Aber es gibt ein wichtiges Argument für Schwarz-Rot: Mit der SPD wird es einfacher, Gesetze durch den Bundesrat zu bringen. Das ist zentral für den Politikwechsel.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Ihr Veto steht also – oder knüpfen Sie es an Robert Habeck und Annalena Baerbock?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Robert Habeck und Annalena Baerbock sind die Gesichter der Grünen. Sie hatten ihre Chance in der Regierung – und sie haben sie nicht genutzt. Die Grünen haben eine wichtige demokratische Rolle: in der Opposition.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Friedrich Merz hat angekündigt, per Richtlinienkompetenz ab Tag 1 Zurückweisungen an den Grenzen anzuordnen, wenn er Kanzler wird. Kann man den Koalitionspartner direkt am Anfang so übergehen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Die Zurückweisungen an der Grenze müssen natürlich Teil des Koalitionsvertrags sein. Aber sie bedürfen keines Gesetzes, sondern einer exekutiven Entscheidung. Ich finde es sehr positiv, wenn ein Bundeskanzler führen will. Bei Olaf Scholz haben wir leider das Gegenteil erlebt.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Vor zwei Wochen hat die Union im Bundestag in Kauf genommen, dass die in Teilen rechtsextreme AfD ihr zu einer Mehrheit für einen Migrationsantrag verhilft. Hat Friedrich Merz das mit Ihnen abgesprochen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Friedrich Merz hat mich informiert, dass er diesen Weg gehen will. Als Kanzlerkandidat hat er eine Leitentscheidung getroffen. Und wir unterstützen ihn dabei.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Die Union hat nach den Abstimmungen in Umfragen etwas zugelegt, die AfD allerdings auch. Hunderttausende demonstrieren, und Merz muss sich den Vorwurf des Wortbruchs gefallen lassen. War es das wert?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Es geht um Glaubwürdigkeit: Wir haben gezeigt, dass wir es ernst meinen. Nach der schrecklichen Tat von Aschaffenburg können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es war ein schwerer Fehler von SPD und Grünen, dass sie sich einer Lösung der demokratischen Mitte verweigert haben. Ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger, darunter viele SPD- und Grünen-Wähler, wünscht sich eine härtere Linie bei der Begrenzung der Migration.</p> <div data-app="dpa-electionslive" data-embed-type="iframe-dyn" data-competition-id="bw_de" data-language="de" data-standalone="satisfaction" data-customer="redaktionsgemeinschaft-ostwestfaelisch-lippischer-verlage-gmbh-co-kg" data-src="https://embed.dpa-electionslive.com/customers/bundestagswahl2025/aws/dpa-shop/html/index.html" data-path="https://embed.dpa-electionslive.com/bw_de/"></div> <script type="text/javascript" src="https://core.dpa-infocom.net/js/dpa.js"></script><p class="Frage" data-semantic="p">Warum erhöht es die Glaubwürdigkeit, wenn man erst versichert, die AfD nicht als Mehrheitsbeschaffer zu akzeptieren und dann das Gegenteil macht?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Zunächst einmal: Die gescheiterte Ampel ist dafür verantwortlich, dass es keine klaren Mehrheiten gibt. Und es sind schlimmste Dinge im Land passiert, die sofortiges Handeln erfordern: die Morde in Magdeburg, die Morde in Aschaffenburg. Viele Menschen sind zurecht empört und erwarten nicht nur Besonnenheit, sondern auch Entschlossenheit. Sie erleben aber nur das ständige Schulterzucken von Kanzler Olaf Scholz. Das ist zu wenig. Wer nicht handelt, stärkt nur die Radikalen. Das kann keiner wollen.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Die Kirchen haben die Aktion der Union kritisiert. Sie haben sich das verbeten und dabei auf deren staatliche Finanzierung verwiesen. Verträgt die Christlich-Soziale Union Äußerungen aus den Kirchen nur, wenn die ihren Kurs stützen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Um eines klarzustellen: Es war ein offenbar unabgestimmtes Schreiben der politischen Büros der Kirchen. Mehrere Bischöfe und viele Gläubige haben sich sofort davon distanziert. Die Kritik nehmen wir an, aber umgekehrt müssen wir auch unsere Meinung sagen dürfen – auch ich als gläubiger Christ. Ich freue mich, wenn die Kirchen sich engagieren. Ich würde mir aber auch bei Fragen, die den Kern des Christentums berühren, eine lautere Stimme der Kirchen wünschen – beispielsweise beim Lebensschutz und beim Paragrafen 218.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Welche drei Themen neben der Migration müsste eine unionsgeführte Regierung im ersten Jahr sofort angehen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Erstens: die wirtschaftliche Stabilisierung. Wir brauchen nach Jahren der Rezession endlich eine Wirtschaftswende. Dazu gehört eine Steuerentlastung des Mittelstands, des Handwerks und der Familienbetriebe. Zweitens: die Abschaffung des Bürgergelds. Wir brauchen eine neue Grundsicherung, bei der Leistungsgerechtigkeit im Mittelpunkt steht. Und drittens: eine andere Energiepolitik. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtig. Aber wir müssen auch die Gasförderung in Deutschland, die CO2-Speicherung im Boden sowie eine Reaktivierung der Kernenergie und Erforschung der Kernfusion entschieden vorantreiben.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Wie wollen Sie das finanzieren? Wirtschaftswachstum alleine wird nicht reichen. Und verordnen können Sie es auch nicht.</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Indirekt schon, indem wir die Weichen richtig stellen. Deswegen brauchen wir eine grundlegende Steuerreform mit niedrigeren Steuern für den Mittelstand und der Rücknahme der Belastungen durch die Ampel. Wir können bei der Migration, beim Bürgergeld und dem Heizgesetz Milliarden sparen, um Steuersenkungen stufenweise umzusetzen. Und wir werden die Entbürokratisierung massiv vorantreiben. Das kostet gar nichts, nutzt aber den Unternehmen erheblich.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wird Ende der Woche unter anderem US-Vizepräsident J. D. Vance erwartet. Wie sollten die Europäer der US-Regierung begegnen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Wir sollten selbstbewusst sein, aber trotzdem offen. Die Amerikaner sind unser wichtigster Partner, militärisch, wirtschaftlich und auch geheimdienstlich. Die USA werden Europa aber zwingen, sich zu emanzipieren. Deshalb müssen wir wirtschaftlich leistungsfähiger, technologisch offener und militärisch stärker werden.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Sollte die EU auf neue US-Zölle mit Zöllen auf US-Produkte reagieren?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Höhere Zölle träfen das Exportland Deutschland natürlich besonders. Aber auch die US-Regierung sollte wissen, dass Zölle letztlich zu ihrem eigenen Nachteil wären. Denn dadurch wird auch in den USA alles teurer. Wir sollten es uns als Partner nicht unnötig schwer machen.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Was bedeutet die Emanzipation von den USA für den Wehretat?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Er kann nicht bei zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt bleiben, sondern muss stufenweise hoch auf drei Prozent.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Schon die zwei Prozent sind in wenigen Jahren nicht mehr finanziert. Woher kommt das Geld? Aus einem weiteren Sondervermögen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Man wird nach einem Kassensturz alles klug bewerten müssen. Die Ampel hat ja nicht einmal einen Haushalt für 2025 aufgestellt. Daher werden wir da andere Prioritäten setzen als die alte Ampel. Zentral ist, dass wir international verlässlich sind und selbstbewusst gegenüber Russland auftreten können. Dazu braucht es eine starke Bundeswehr. Neben einer massiven technischen Aufrüstung braucht es auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht, um die Landesgrenzen wirksam schützen zu können.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, den Krieg schnell zu beenden. Gehen Sie davon aus, dass er das schafft – unter Wahrung der ukrainischen Interessen?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Es ist zu früh, das zu bewerten. Eines muss man Donald Trump lassen: Er geht strategisch vor, indem er den USA den Zugriff auf Rohstoffe wie Seltene Erden in der Ukraine sichert. Warum haben Deutschland und die EU nicht auch mit der Ukraine über wirtschaftliche Partnerschaft verhandelt? Da ist Trump der EU einen Schritt voraus.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Hilfe gegen einen Aggressor nur gegen wirtschaftliche Zusagen? Ist das nicht strategisch kurzsichtig? Oder sogar erpresserisch?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn beide Seiten davon profitieren. Wir müssen in der Außenpolitik endlich die Realitäten annehmen und die deutschen Interessen im Blick behalten. Die missionarische grüne Außenpolitik ist komplett gescheitert.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Würde eine Unionsregierung Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Diese Entscheidung liegt in der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers. Für mich ist aber klar: Der Taurus ist ein zentrales Waffensystem für unsere eigene Verteidigung und den Schutz Deutschlands.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Welche Rolle wollen Sie persönlich einnehmen, wenn die Union regieren sollte?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Ich werde mich als Parteivorsitzender stark und wahrnehmbar im Koalitionsausschuss einbringen.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Ein Ministerposten im Bund wäre nichts für Sie?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Nein. Als Ministerpräsident und Parteivorsitzender kann ich die bayerischen Interessen am besten vertreten – und trotzdem mithelfen, Deutschland wieder in Ordnung zu bringen.</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Unter Merz wollen Sie nicht arbeiten?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Friedrich Merz und ich sind uns einig, dass das für uns beide die beste Konstellation ist (lacht).</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Aber der Kanzlertraum ist noch nicht ausgeträumt?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Friedrich Merz soll und wird unser nächster Bundeskanzler werden. Punkt!</p> <p class="Frage" data-semantic="p">Die Amtsperiode des Bundespräsidenten endet 2027, zur Hälfte der nächsten Wahlperiode. Ist Ihr nächster Job in Schloss Bellevue?</p> <p class="Antwort" data-semantic="p">Nein. Es ist wie im Fußball: Nicht jeder ist als Stürmer geeignet und nicht jeder kann Innenverteidiger spielen. Es muss zu einem passen. Und ich bin mehr Macher als Mahner.</p>