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Ex-Kaplan bittet im Missbrauchsprozess um Verzeihung

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Ein ehemaliger Geistlicher räumt vor Gericht teilweise ein, den Kläger sexuell bedrängt zu haben. - © Christoph Reichwein/dpa
Ein ehemaliger Geistlicher räumt vor Gericht teilweise ein, den Kläger sexuell bedrängt zu haben. (© Christoph Reichwein/dpa)

Im Missbrauchsprozess vor dem Essener Landgericht hat ein früherer Kaplan die Tat aus dem Jahr 1979 teilweise eingeräumt und um Entschuldigung gebeten. «Es tut mir leid wegen der Folgen für ihn», sagte der 77-jährige Peter H. mit Blick auf den heute 56-jährigen Kläger. «Es tut mir auch leid für meine Kirche.»

In dem Prozess verlangt der Kläger Wilfried Fesselmann vom Bistum Essen mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld. Es geht in dem Zivilprozess nicht um eine strafrechtliche Verfolgung des ehemaligen Geistlichen. Die Tat ist verjährt. Der frühere Geistliche ist seit Jahren nicht mehr Priester. Er hat damit auch seine kirchlichen Altersbezüge verloren.

Ex-Geistlicher kann sich nur teilweise erinnern

Missbrauchsopfer Wilfried Fesselmann mit seinen Anwälten. - © Christoph Reichwein/dpa
Missbrauchsopfer Wilfried Fesselmann mit seinen Anwälten. (© Christoph Reichwein/dpa)

Der Kläger war im Sommer 1979 nach seiner Schilderung als damals Elfjähriger von dem Geistlichen in dessen Wohnung durch Oralverkehr missbraucht worden. Der frühere Geistliche räumte ein, mit dem Jungen nackt in seinem Bett gelegen zu haben. Er habe auch versucht, den Jungen in seinem Intimbereich anzufassen, sagte der Geistliche. Zu Oralverkehr sei es nach seiner Erinnerung aber nicht gekommen. Allerdings sei seine Erinnerung sehr lückenhaft.

Der Kläger führt an, dass er infolge der Tat alkoholsüchtig geworden sei und an Angststörungen leide. So könne er beispielsweise nicht über die Autobahn fahren. Er habe 24 Jahre nicht arbeiten können und leide auch an Sexualstörungen. Er verlangt eine Entschädigung nicht unter 300.000 Euro.

2023 erhielt ein Opfer in Köln 300.000 Euro

Im Sommer 2023 hatte das Landgericht Köln einem früheren Ministranten in einem anderen Fall 300.000 Euro wegen Missbrauchs durch einen Pfarrer zugesprochen. Der Vorsitzende Richter in Essen sagte allerdings, dass eine solche Summe auch im Vergleich mit anderen Schmerzensgeldurteilen «relativ weit oben» liege.

Der Essener Geistliche war nach Missbrauchsvorwürfen Anfang der 1980er Jahre nach Bayern versetzt worden, um sich einer Therapie zu unterziehen. Dort war der Missbrauch aber laut Bistum Essen mit zahlreichen Fällen weitergegangen. Es kam auch zu einer rechtskräftigen Verurteilung. Erst 2010 wurde er aus dem kirchlichen Dienst entfernt und später in den Laienstand zurückversetzt.

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