Jeder hat einige Lieblingsfilme, die er immer mal wieder gerne sieht – aus welchen Gründen auch immer. Sei es wegen des beruhigenden Gefühls, in eine Welt einzutauchen, in der die Zukunft keine unliebsamen Überraschungen bereithält und man den einen oder anderen Dialog auswendig mitsprechen kann; sei es, um zu testen, ob der Zauber auch nach längerer Seh-Pause noch vorhanden ist. Man ändert sich ja schließlich.
Diese Filme müssen einem natürlich zur Verfügung stehen. Im Streaming-Zeitalter sollte das kein Problem sein, schließlich lautet das zentrale Versprechen, dass alles jederzeit zugänglich ist. Doch wenn Ihre Favoriten nicht unbedingt der „Pretty Woman“-Zone zuzurechnen sind, könnte es sein, dass Sie in Schwierigkeiten stecken – um so mehr, wenn ihr Filmgedächtnis weiter als in die 80er Jahre zurückreicht.
Auf meiner persönlichen Bestenliste steht beispielsweise Robert Altmans „California Split“ (1974) ziemlich weit oben, einer der authentischsten Zockerfilme, die je gedreht wurden, eine surreal komödiantische Studie des amerikanischen Alptraums mit dem grandiosen Elliott Gould als Berufsspieler im Zentrum. Doch selbst wenn ich alle in Deutschland erreichbaren Streamingdienste abonniert hätte, würde mir das wenig helfen. „Aktuell kannst du 'California Split' nicht streamen“, meldet die Datenbank „JustWatch“. Ich kann „California Split“ auch nicht online leihen oder als Download kaufen. Ein komplettes Nichtvorhandensein, das gar nicht so selten ist, wenn man mal genauer hinschaut.
Auch Klassiker fallen durchs Raster
Fehlanzeige ebenfalls bei Robert Altmans Meisterwerk „3 Frauen“ (1977), eine Art cineastische Fortsetzung von „Hotel California“ von den Eagles. Nimmt man allein die 70er Jahre, tun sich erstaunliche Lücken auf: kein „Eine Frau unter Einfluss“, „Ehemänner“ oder „Minnie und Moskowitz“ von John Cassavetes, kein „Der große Coup“ mit Walter Matthau, kein „Panik im Needle Park“. Das Kult-Roadmovie „Asphaltrennen“ mit James Taylor als stoischem Hippie-Rennfahrer ist so wenig verfügbar wie Michael Robin als „Pipe, der Knecht“ in dem Schweizer Kino-Juwel „Kleine Fluchten“ oder die charismatische junge Isabelle Huppert in „Die Spitzenklöpplerin“.
Ich persönlich möchte auch Niklas Schillings „Der Willi-Busch-Report“ (1979), das unsterbliche Porträt eines Lokaljournalisten mit Thilo Prückner als rasender Reporter im Messerschmitt-Kabinenroller nicht missen – Netflix und Co. kümmert das wenig.
Geht es zeitlich noch weiter zurück, fallen selbst Klassiker mit Stammplätzen auf den Besten-Filme-aller-Zeiten-Listen durchs Raster: Marcel Carnés „Kinder des Olymp“ (1945), Ernst Lubitschs „Ärger im Paradies“ (1932), Hitchcocks „Rebecca“ (1940). Und was heute noch streambar ist, kann morgen schon verschwunden sein.
Man hält also besser die Speichermedien seiner „Einsame Insel“-Filme fest. Sicher ist sicher. Außerdem wird der Abspann nicht durch Werbung massakriert.