Mag sein, dass sich in den Produktionshallen der deutschen Industrie viele Räder nicht mehr so schnell drehen, wie das wünschenswert wäre, aber immerhin die Öffentlichkeitsarbeit läuft noch wie geschmiert. Da schließen sich als ein paar Dutzend Konzernbosse zusammen, verkünden Investitionen, die zum überwiegenden Teil seit Langem geplant waren, verpassen ihrer Initiative mit „Made for Germany“ einen griffigen Titel, und schon reicht das Ganze für mehrere große Aufschläge in der deutschen Wirtschaftspresse samt Termin im Kanzleramt.
„Investitionsgipfel” haben begleitenden Medien das Treffen der Manager mit dem Kanzler großzügig geframt. Kein Zweifel: Alexander Geiser, Mitinitiator der Initiative und Chef der Kommunikationsberatung FGS Global ist, hat in den vergangenen Tagen eine Menge richtig gemacht.
Ohne Häme: Es schadet nicht, wenn es neben all den schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft auch mal etwas Erbauendes zu verkünden gibt. Wenn der Satz stimmt, dass Wirtschaft zu einem großen Teil auch Psychologie ist, kann es womöglich helfen, wenn die CEOs der wichtigsten Dax-Konzerne für ein Ende der deutschen Krise trommeln.
Merz greift nach jeder Gelegenheit
Dass einige der in der Initiative versammelten Unternehmen zur deutschen Wirtschaftsmisere kräftig beigetragen haben – geschenkt. Auch dass Bundeskanzler Friedrich Merz nach jeder sich bietenden Gelegenheit greift, um die vollmundigen Wachstumsversprechen aus dem Wahlkampf mit politischen Handlungen zu unterlegen, und seien sie auch nur symbolischer Natur, mag man ihm angesichts der Größe der Herausforderung nachsehen.
Das Problem: Schöne Bilder und blumige Worte im Kanzleramt erzeugen noch kein Wachstum und schon gar keine Wirtschaftswende. Selbst die Milliardeninvestitionen des Staates in Infrastruktur und Verteidigung werden nicht reichen, um den Hebel umzulegen. Und auch nicht einige zusätzliche Milliarden aus der Industrie – zumal nicht klar ist, wer die Zusätzlichkeit der Mittel kontrolliert und, was eigentlich geschieht, wenn ein Unternehmen der Ankündigung keinen Taten folgen lässt.
Deutschland braucht entschlossene Reformen
Was Deutschland stattdessen braucht, ist ein neuer Geist des Möglichmachens. Investitionen sind ein Anfang, aber sie verpuffen, wenn sie nicht mit entschlossenen Reformen flankiert werden. Hohe Sozialabgaben, überbordende Regulierung, schlechte Bildung, schwerfällige Behörden – die Liste der Aufgaben für die Regierung ist lang. Nur wenn Schwarz-Rot die Kraft und den Mut findet, die seit Jahren bekannten Schwächen des deutschen Wirtschaftsstandorts anzugehen, werden die Unternehmen Kurve bekommen. Es sieht – das muss man nach dem Desaster der Richterwahl und dem nicht enden wollenden Streit um die erst angekündigte und dann abgesagt Senkung der Stromsteuer leider sagen – derzeit nicht danach aus.
Auf Hilfe von Außen dürfen der Kanzler und seine Minister nicht hoffen – eher im Gegenteil. Sie sollten sich eher darauf einstellen, dass die Herren Trump, Xi, Putin und Netanjahu bis auf Weiteres neue Hiobsbotschaften für die Weltwirtschaft und das ehemals exportstarke Deutschland produzieren.
Und das ist die eigentliche Gefahr, die von dem „Investitions-Gipfelchen“ im Kanzleramt ausgeht: Dass Erwartungen geschürt werden, die am Ende weitgehend ergebnislos bleiben. Es wäre nicht das erste Mal nach all den Auto-, Wasserstoff-, Stahl und Sonstwie-Gipfeln, dass außer ein paar Schlagzeilen am Ende wenig bleibt. So etwas erzeugt Frustration – und zumindest davon hat Deutschland wahrlich schon genug.