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Bad Salzuflen nimmt an Studie zum freien ÖPNV teil

Jan Christian Pinsch

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Bereit zum Einstieg: Geht es nach Oliver Bayer, Harald Franz, Simon Welslau und Mirjam Sturmann-Püttcher (verdeckt, von links), werden die Bad Salzufler Haltstellen in Zukunft häufiger angesteuert. - © Jan Christian Pinsch
Bereit zum Einstieg: Geht es nach Oliver Bayer, Harald Franz, Simon Welslau und Mirjam Sturmann-Püttcher (verdeckt, von links), werden die Bad Salzufler Haltstellen in Zukunft häufiger angesteuert. (© Jan Christian Pinsch)

Bad Salzuflen. Die Voraussetzungen für eine grundlegende Reform des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) werden in den kommenden Monaten in der Salzestadt untersucht. Bad Salzuflen ist in der Machbarkeitsstudie "Bus und Bahn fahrscheinfrei" Modellkommune für die Klein- und Mittelstädte in Nordrhein-Westfalen. Beworben hatte sich die örtliche Fraktion der Piraten.

Es wäre eine veritable Verkehrsrevolution: Geht es nach den Piraten in NRW, erfolgt die Nutzung des Nahverkehrs in Zukunft ohne Tickets. "Das ist sozial gerecht und umweltfreundlich, indem mit einem attraktiven Angebot der Pkw-Individualverkehr reduziert wird", erklärte Oliver Bayer. Der Landtagsabgeordnete ist zugleich Vorsitzender der Enquetekommission "Finanzierung, Innovation und Nutzung des Öffentlichen Personenverkehrs (EK IV)" im Landtag. Juristisch gäbe es keine Bedenken, und auch für die Finanzierung existierten verschiedene Modelle. So könnten die Kosten zum Beispiel über eine Pauschale auf alle Bürger umgelegt werden oder aber auch über bereits bestehende Einzüge, wie etwa die Kurtaxe, beglichen werden.

Geprüft werden soll jetzt die praktische Umsetzbarkeit dieses Projekts. Deshalb hat die Kommission an drei Standorten die Studie "Bus und Bahn fahrscheinfrei" gestartet, die Bayer in Bad Salzuflen vorstellte, das neben der Großstadt Wuppertal und dem Kreis Recklinghausen als Modell für die Klein- und Mittelstädte dabei ist.

Information
Ein Busnetz für die Stadt

Für den Stadtbusverkehr in Bad Salzuflen sind die heimischen Stadtwerke verantwortlich. Vier Linien fahren durch die Stadt, deren zentrale Rendezvous-Haltestelle am Markt ist. Ingesamt sind zwölf Fahrzeuge auf den Linien unterwegs und bedienen damit eine Gemeindefläche von gut 100 Quadratkilometern. Die Busse fahren insgesamt 104 Haltestelle an, hinzu kommen 20 Haltestellen für die Regionallinien und 24 weitere Anlaufpunkte für Anruf-Linienfahrten.

Der durchschnittliche Fußweg zu einer der 104 Stadtbushaltestellen liegt bei etwa drei Minuten. Defizite gibt es bislang vor allem in den ländlichen Außenbezirken, die zum Teil nur unzureichend an den ÖPNV angeschlossen sind.

Die Landespiraten-Partei hat die Studie in Auftrag geben, beworben hatte sich die örtliche Piratenfraktion. "Das Salzufler ÖPNV-System ist relativ klein, aber recht vielfältig", meinte Matthias Obenhaus, der auf die interessante Struktur mit Stadtbus, Anruf-Linien-Fahrt und Anruf-Sammel-Taxi sowie dem Anschluss an Regionalbahnen, Überland- und Fernbusse verwies. Als Stadt mit 50.000 Einwohnern könnte Bad Salzuflen dabei exemplarisch für viele kleinstädtische Kommunen ähnlichen Zuschnitts gelten. "Die Frage ist, ob die bestehende Situation für die Bevölkerung ausreichend ist", so Obenhaus. "Wir Piraten gehen immer von einem lernenden ÖPNV aus, der nicht am Willen der Bürger vorbei eingerichtet wird." Konkreten Bedarf sieht er hinsichtlich einer stärkeren Anbindung der Ortsteile, einer Verbindung zur Bielefelder Stadtbahn in Milse und einer verbesserten Mobilität durch Erweiterung der Taktzeiten im Stadtgebiet. Die Studie liefere daher unabhängig vom Ergebnis wichtige Aufschlüsse für die weitere Entwicklung des ÖPNV. Erste Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Ob und wann es letztlich zu einer Umsetzung kommt, hängt dann von den Resultaten und auch vom politischen Willen ab.

Jörg Moshage, Abteilungsleiter der Stadtbus-Sparte bei den Stadtwerken und Geschäftsführer der Stadtbus Marketing GmbH, deutete in ersten Gesprächen an, die Studie zu unterstützen. "Ich werde das Thema Anfang Juli im Aufsichtsrat vorstellen", kündigte er an und signalisierte, den Gutachtern Einsicht in Zahlen und Daten zu geben. Probleme sehe er aber bei der Planung eines fahrscheinlosen Nahverkehrs. "Mit welchen Kapazitäten muss ich planen, wenn die Busfahrt frei ist, wie viele Busse muss ich einsetzen", hinterfragte er ungeklärte Größen. Probleme sah er auch bei einer pauschalen Umlage auf alle Bürger. "Was mache ich mit denen, die gar nicht ans ÖPNV-Netz angeschlossen sind?"

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