Gericht kippt Gewerbegebiet Balbrede

Detmold/Jerxen-Orbke. Mit dem Urteil vom 19. März hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) den Bebauungsplan Balbrede für unwirksam erklärt. Die Stadt prüft derzeit die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels gegen das &bdquo;Aus" für ihr neues Gewerbegebiet und will Gutachter beauftragen, die weitere Varianten im Plangebiet prüfen sollen. Derweil triumphiert das &bdquo; Aktionsbündnis : Schützt Menschen und Tiere im Detmolder Westen", das das Gericht eingeschaltet hatte.

Technischer Beigeordneter Thomas Lammering erklärt: &bdquo;Wir prüfen nun die Erfolgsaussichten alternativer Planungen. Ergebnisse sollte es nach der Sommerpause geben, so dass sich wohl im Herbst der Fachausschuss damit befassen wird." Noch gelte der Ratsbeschluss pro Balbrede – und klar sei, dass der Stadt wegen den Verzögerungen die Zeit weglaufe sowie andere Gewerbeflächen zurzeit nicht zur Verfügung stünden. Warum es zu so erheblichen Mängeln gekommen sei, dass das OVG nun den Bebauungsplan für unwirksam erklärte, kommentierte Lammering so: &bdquo;Wir haben bei der Planung Gutachter eingebunden und hatten keine Zweifel. Das Gericht hat aber eine andere Auffassung dokumentiert. Wir hätten daher wohl mehr in die Tiefe gehen müssen."

Das OVG hatte den B-Plan im Dezember mit einer Einstweiligen Verfügung bis zum Urteilsspruch auf Eis gelegt, weil erhebliche Mängel erkannt worden waren. Die LZ hatte die Parteien gefragt , wie in Sachen Balbrede weiter verfahren werden solle. Die Grünen und die Linken befürworteten einen kompletten Neustart für die Gewerbegebiete und eine Abkehr von der Balbrede. Die SPD, CDU und die Freien Wähler wollen an den gefassten Beschlüssen festhalten. Die Freien Wähler stellten die Urteilsbegründung des OVG zur Einstweiligen Verfügung in Frage.

&bdquo;Nun ist nichts mehr in Frage zu stellen", freut sich Cornelius März, Pressesprecher des Aktionsbündnisses. Im Rahmen der baurechtlichen Normenkontrolle sei den Bürgern aus Jerxen-Orbke erneut Recht gegeben worden. &bdquo;Nicht umsonst machen sich die Richterinnen und Richter derart umfangreiche Gedanken, wenn sie ihnen im Hauptverfahren nicht folgen wollten", sagt Helmut Krüger, Vorsitzender des Aktionsbündnisses, zu dem Urteil.

&bdquo;Ich kann die Einschätzung der verantwortlichen Politiker nicht verstehen, das ist realitätsfern und zeugt nicht von vorausschauenden Volksvertretern. Bleibt zu hoffen, dass den ,Ungläubigen jetzt die Augen geöffnet werden und sie auf den Boden der Tatsachen kommen. Anwohner- und Naturschutz erfordern es, über Alternativen nachzudenken", erläutert Krüger.

Die Anwohner seien hohen Lärmbelastungen ausgesetzt. Dies hätten die Stadtplaner selber festgestellt, aber bei den Planungen nicht entsprechend berücksichtigt. Das Gericht bemängelte, dass die Stadt zusätzlich zu den lärmtechnischen Berechnungen eine Sonderfallprüfung hätte einleiten müssen, um abwägen zu können, ob Erhöhungen überhaupt noch hingenommen werden könnten. Genau dieses habe die Stadt nicht geprüft und die Planer die Verkehrslärmbelastungen nicht ausreichend ermittelt – weder für die bestehende Belastung noch für die zu erwartende Zusatzbelastung.

Die Zusatzbelastung werde von der Stadt mit 2.000 Fahrzeugbewegungen beziffert, aber nicht dokumentiert, wie man auf die Zahl komme. Weder die Lärmschutzkontingente seien korrekt ermittelt worden, noch die zulässigen Höhen der Gebäude im Zusammenhang mit der Erschließungsstraße oder der Abstand zum Naturschutzgebiet Oetternbach. &bdquo;Es ist nicht plausibel, dass die Stadt sich auf die Annahme beschränkt, die im Naturschutzgebiet lebenden und brütenden Vögel würden sich dem Lärm anpassen", so die Bürgerinitiative.

Auch formale Mängel bei der Offenlegung wurden offenkundig. &bdquo;Deutlich wird, das die Plangeber schlampig gearbeitet haben oder möglicherweise mit der Aufgabe überfordert waren. Natürlich kann man nun Experten hinzuziehen, wie manche Politiker vorschlagen. Das Verfahren wird sich dadurch verteuern, es ist nicht gesichert, dass der Bebauungsplan beim zweiten Versuch genehmigt wird und es ist mit Blick in die Vergangenheit ganz und gar nicht sicher, dass sich nicht neue, weitere Fehler einschleichen. Damit muss sogar gerechnet werden, sieht man die lange Liste der Mängel an", so die Initiative. Die Suche nach Alternativen sei geboten. Wenn auch etwas teurer in der Erschließung, wäre beispielsweise die Reaktivierung von Industriebrachen, der bessere und womöglich kostengünstigere Weg. &bdquo;Das sollte sich die Stadt durchrechnen, bevor sie verbissen versuche etwas zu realisieren, was im Umfeld der Balbrede nicht realisierbar sei.

Die nächste Runde droht Kommentar von Sven Koch

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist ein Schlag für die Stadt. Er kommt nach nicht unerwartet. Schon im Dezember war der B-Plan Balbrede und damit das komplette neue Gewerbegebiet für Detmold auf Eis gelegt worden. Es war nicht zu erwarten, dass diese Einstweilige Verfügung einfach so aufgehoben werden wird.

Dass von der Verwaltung an mehreren Stellen unsauber gearbeitet worden ist, rächt sich jetzt. Ziemlich dumm gelaufen – und unverständlich, wo doch seit Jahren glasklar war, dass die Balbrede so nahe am Umweltschutzgebiet Oetternbach eine sensible Zone ist und ebenso glasklar, dass die Bürger Sturm laufen und den Rechtsweg bemühen werden. Die Planer hätten wissen müssen, dass sie besser doppelt so sorgfältig arbeiten sollten. Dass das Gegenteil geschah, ist vielleicht eine Quittung dafür, dass die Stadt zurzeit sehr viele Großprojekte in der Mache hat und die Grenzen des Leistbaren im Technischen Rathaus überschritten werden.

Zwar ist nun zunächst abzuwarten, ob die Gutachter der Stadt der Balbrede eine neue Chance einräumen. Aber dass Detmold von ihr abrücken wird, ist eher nicht anzunehmen. Die führenden Parteien halten am Ratsbeschluss für die Balbrede fest, und das tun sie schon seit mehreren Jahren. Außerdem ist ein neues Gewerbegebiet zu wichtig und die Fläche an der Balbrede zu attraktiv – näher an eine Autobahnanbindung und näher an den Standorten großer bestehender Unternehmen geht nicht. Die Urteilsbegründungen des OVG sagen Planern und Gutachtern sehr genau, wo sie nachbessern müssen. Die Bürger sollten sich daher schon auf die nächste Runde einstellen.

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