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Vertrauliche Geburt statt Babyklappe

Pfarrer Christoph Pompe unterstützt Beratungsstellen bei der Umsetzung der neuen Regelungen

Von Erol Kamisli

Entbindung unter einem Pseudonym: Die Herkunftsangaben eines "vertraulich geborenen Kindes" sollen 16 Jahre lang in einem Umschlag ruhen, erst dann erhält das Kind Informationen zu seiner Abstammung. - © FotoMontage: preuss
Entbindung unter einem Pseudonym: Die Herkunftsangaben eines "vertraulich geborenen Kindes" sollen 16 Jahre lang in einem Umschlag ruhen, erst dann erhält das Kind Informationen zu seiner Abstammung. (© FotoMontage: preuss)

Kreis Lippe. Seit dem 1. Mai gilt das Gesetz zur vertraulichen Geburt. Christoph Pompe, Leiter der Beratungszentrums der Lippischen Landeskirche, berät Fachkräfte der Schwangerschaftsberatung in OWL bei Fragen zu dieser Thematik.

Wie verzweifelt muss eine Frau sein, die sich dazu entschließt, ihr Neugeborenes in eine Babyklappe zu legen? Wie groß müssen seelische Qualen sein, die dazu führen, eine ungewollte Schwangerschaft zu ignorieren? Und wie sehr nagt die Ungewissheit über das Schicksal dieses Kindes? "Babyklappen und anonyme Geburt sind nach Maßgaben des Ethikrats keine ethisch und rechtlich vertretbaren Alternativen", so Pfarrer Christoph Pompe.

Da sich aber der Gesetzgeber nicht habe "aufraffen können, beides abzuschaffen", gelten dafür inzwischen Mindeststandards für Einrichtungen wie das Lipper "Babykörbchen". "Vor allem aber wurde das Gesetz zur vertraulichen Geburt aufgelegt", fügt der 62-Jährige hinzu. Pfarrer Pompe ist seit Jahren in der Schwangerschafts- und Konfliktberatung tätig und nun auch qualifizierte Fachkraft für vertrauliche Geburt – der als einer von zweien in OWL andere Schwangerschaftsberatende mit seinem Rat unterstützt. Denn zwar ist das Gesetz in Kraft, aber für die Umsetzung muss erst noch eine Infrastruktur in Lippe aufgebaut werden.

Die gesetzlich anerkannten Beratungsstellen – Pro Familia,  AWO, Sozialdienst katholischer Frauen sowie das Beratungszentrum der Lippischen Landeskirche – sind erste Ansprechpartner für Schwangere, die eine vertrauliche Geburt überlegen. "Wir alle sind staatsferne Institutionen, haben eine gesicherte Schweigepflicht, kennen uns am besten aus und bieten für alle Frauen einen leichten Zugang", betont Pfarrer Pompe.

Doch um den Frauen in diesem vertraulichen Rahmen eine medizinisch betreute Geburt zu sichern und auch die Rechte des Kindes auf Kenntnis der eigenen Herkunft zu wahren, müssen die Beratungsstellen mit Geburtskliniken, Hebammen, Jugendämtern, Standesämtern und Adoptionsvermittlung zusammenarbeiten. "Wir sind die Brücke", verdeutlicht Christoph Pompe das Prinzip.

Am liebsten ist es ihm, wenn die Frauen zunächst in die Beratungsstellen kommen – damit alles in Ruhe besprochen werden kann. Doch wenn sich Schwangere zunächst in einer Geburtsklinik meldeten, sei diese verpflichtet, eine von den Beratungsstellen einzuschalten. Keine Frau in Lippe müsse allein bleiben mit ihrer Angst oder ihr Kind heimlich und alleine zur Welt bringen. "Wir wollen erreichen, dass  viele Schwangere den Weg ins Hilfesystem finden", betont der Diplom-Psychologe Pompe.

Ungewollte Schwangerschaften und Geburten, weiß der Konfliktberater, ziehen sich quer durch alle Schichten. Gerade bei Schwangerschaften aus außerehelichen Beziehungen ist die Not groß. Immer gilt: "Die Frauen sind in vielen Fällen völlig  verzweifelt", sagt Pompe. Nun haben sie nicht nur die Möglichkeit, sich anonym beraten zu lassen, sondern können ihr Kind medizinisch sicher begleitet zur Welt bringen, ohne ihre Identität zu offenbaren.
"Selbst die Krankenkasse erfährt nichts", betont Pompe. Doch die Berater machten in den Gesprächen darauf aufmerksam, dass das Kind später die Chance haben muss, etwas über seine Herkunft zu erfahren. "Wir werben dafür, dass die Mütter, so viel Informationen wie möglich über sich oder gar eine Nachricht für das Kind hinterlassen", betont Pompe.  Aber nur, wenn sie zustimmen, fügt er hinzu.

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