Oerlinghausen. Seit Oktober laden Ulla Fedrowitz (76) und ihre Freundin Barbara Hollwegs (67) zum Tanztreff in die Südstadt ein. Was zunächst nur wenige ältere Damen ansprach, hat sich zu einer Veranstaltung entwickelt, bei der auch die ansonsten als Tanzmuffel bekannten Männer gerne mitmachen.
Mit dabei sind auch Felicitas Dersein-Oehmichen (67) und Reinhard Laabs (64). Seit zwei Jahren sind die beiden in Rente und wissen ihre Zeit gut zu verbringen. Viele Bekannte hatten ihnen Angst vor dem neuen Lebensabschnitt gemacht. „Doch in das viel beschworene Loch sind wir nie gefallen", sagt Felicitas Dersein-Oehmichen.
Dass sie sich im Ruhestand nicht auf die Nerven gehen, liege wohl vor allem daran, so vermuten die beiden Lipperreiher, dass jeder seine eigenen, aber beide auch gemeinsame Hobbys pflegen. Getanzt hat das Paar schon immer gerne, zwischendurch aber einige Jahre ausgesetzt.

In der Oerlinghauser Südstadt haben sie nun eine Möglichkeit gefunden, dieses Hobby wieder zu aktivieren. Regelmäßig kommen sie zum Tanztreff „Disco Ü 60" in den Räumen des AWO-Kinder- und Jugendtreffs an der Florence-Nightingale-Straße.
Den organisieren Ulla Fedrowitz und ihre Freundin Barbara Hollwegs. Letztere arbeitet noch drei Tage in der Woche vormittags als Ergotherapeutin und ist bei der Disco für die Musik zuständig. „Wir möchten etwas anbieten, bei dem man nicht nur Roy Black hören oder auch ausschließlich mit Partner mitmachen kann", erzählen sie. Bei ihrem Treffs kann jeder ungezwungen zu alten und neuen Songs vom Band tanzen oder sich einfach dazu bewegen. Gerade, dass man auch alleine tanzen kann und trotzdem mit so vielen anderen zusammen ist, mache den Charme aus.
„Zunächst kamen überwiegend alleinstehende Frauen, mittlerweile auch Männer." Und die Teilnehmerzahl erhöht sich stetig. Antonie Possek ist seit 17 Jahren Rentnerin. Vor sieben Jahren ist ihr Mann gestorben. „Ich vermisse ihn noch sehr", erzählt die 77-jährige Bielefelderin. „Wir waren 51 Jahre zusammen." Nach und nach versuche sie, ihr Leben ohne ihn aufzubauen, und dabei helfe ihr auch der Tanztreff.
Eine andere Besucherin, die mit ihren 76 Jahren noch flott aussieht, berichtet von der anfänglichen Freude auf die gemeinsame freie Zeit als Ruheständler. „Man nimmt sich viel vor, was dann doch nicht zum Tragen kommt" – weil der Partner doch lieber in den Garten möchte als zu verreisen.
Etliche der Ü-60-Tänzer berichten davon, auch nach dem Berufsalltag noch Geld hinzuzuverdienen, „damit man sich etwas leisten kann". Und sie unterstreichen, wie wichtig vor allem nach dem Tod des Partners soziale Kontakte sind.
„Das Schönste, was einem im Witwenstand passieren kann, ist eine Freundin", sagt Edith Bollweg. Mit ausgebreiteten Armen und einem strahlenden Lachen steht sie auf der Tanzfläche. Mit eben dieser Freundin. „So gut wie jetzt ist es uns noch nie gegangen." Gestern in den Niederlanden, heute beim Tanzen, „besser kann es doch gar nicht sein", findet die jung gebliebene 81-Jährige, und schon ist sie wieder mittendrin, wiegt die Hüften zum „Live is Life".