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Wie ein Häftling der Polizei aus der Zelle mit Infos hilft

Manfred H. (49) sitzt in Bielefeld im Gefängnis und gibt den Ermittlern wichtige Tipps zu anderen Schwerverbrechern

Hubertus Gärtner

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Hinter Gittern: Der inhaftierte Informant und Straftäter Manfred H. überredete den Mörder des kleinen Dano, den Ort preiszugeben, wo die Leiche von Jenisa (8) begraben liegt. - © dpa
Hinter Gittern: Der inhaftierte Informant und Straftäter Manfred H. überredete den Mörder des kleinen Dano, den Ort preiszugeben, wo die Leiche von Jenisa (8) begraben liegt. (© dpa)

Bielefeld. Ein Straftäter, der seit etlichen Monaten in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede im geschlossenen Vollzug sitzt, sorgt für ungewöhnliche Schlagzeilen. Er hat den Ermittlungsbehörden zu drei spektakulären Kapitalverbrechen wichtige Hinweise gegeben. In den Augen seiner Mitgefangenen ist Manfred H. deshalb ein Verräter. Er lebt gefährlich. Polizei und Justiz konnten von ihm allerdings profitieren. Wer ist dieser Mann, und was sind seine Motive? Eine Spurensuche.

Manfred H. wurde 1965 in Castrop-Rauxel geboren. Er hat sieben Geschwister. Sein Vater war Maurer - und dieses Handwerk erlernte auch der Sohn. 1993 heiratete er und zog nach Paderborn, wo er eine Baufirma mit zwölf Mitarbeitern unterhielt.

Für die Justiz ist Manfred M. kein unbeschriebenes Blatt. Nach Recherchen der NW weist sein Vorstrafenregister zahlreiche Einträge auf. Bereits im Jahr 1989 wurde er zum Beispiel vom Landgericht Dortmund wegen Diebstahls, schweren Raubes und Hehlerei zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ende Juli 2006 verurteilte ihn das Landgericht Paderborn wegen Zuhälterei und Rauschgifthandel zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Manfred H. hatte laut Urteil Prostituierte mit Kokain versorgt. Ein anderes Mal wurde von ihm Asbest "unfachmännisch entsorgt", was ihm eine Geldstrafe von 900 Euro (30 Tagesätze) eintrug.

Manfred H. arbeitete auch früher schon mit den Behörden zusammen. Im August 2012 bot er dem Zollfahndungsamt Informationen über einen Drogendealer im Kreis Paderborn an. Im Frühjahr 2013 erfuhr H., dass sein eigener Sohn Drogen konsumierte. Das soll den Vater in Rage versetzt haben. Er suchte zusammen mit einem Bekannten die Dealer seines Sohnes auf, um sie zu bestrafen. Zwei Dealer aus Lichtenau (Kreis Paderborn) und Bielefeld wurden malträtiert, Manfred H. nahm ihnen gewaltsam die Drogen und rund 4.000 Euro Bargeld ab.

Wegen Erpressung, Raubes und gefährlicher Körperverletzung wurde Manfred H. am 11. Juli vergangenen Jahres vom Paderborner Landgericht zu sechs Jahren und acht Monaten Haft verurteilt - seinen Komplizen hatte er bis zuletzt nicht preisgegeben.

Bereits am 1. Februar 2014 war der Maurer in der JVA Bielefeld-Brackwede in Untersuchungshaft gekommen. Dort lernte er den Mörder Ibrahim B. (43) kennen, der im März 2014 in Herford den kleinen Dano getötet hat. Ibrahim B. stand unter Verdacht, im Juni 2007 in Hannover auch die kleine Jenisa getötet zu haben. Zusammen mit einem türkischen Mitgefangenen überredete Manfred H. den Mörder Ibrahim B., den Ort preiszugeben, wo die Leiche von Jenisa vergraben wurde. Der inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilte Kindsmörder fertigte tatsächlich eine entsprechende Skizze an. Manfred H. hatte ihm zuvor erzählt, er stehe mit osteuropäischen Organhändlern in Kontakt, die Jenisas Leiche beseitigen könnten . . .

H. soll im Bielefelder Knast auch mit Jörg Z. (46) und Fadi A. (39) in Kontakt gekommen sein und von ihnen wichtige Informationen über deren Taten erhalten haben. Fadi A. ist angeklagt, im Mai 2014 seine Freundin in Bielefeld erwürgt zu haben. Das Bielefelder Landgericht will gegen ihn heute ein Urteil sprechen.

Jörg Z. muss sich vor einer Bielefelder Schwurgerichtskammer verantworten, weil er den Masseur Karl-Friedrich Meyer (47) aus Hüllhorst umgebracht und mitsamt dessen Auto in einem See versenkt haben soll. Die Suche der Polizei in einem Gewässer bei Hille verlief in dieser Woche aber ergebnislos.

Rechtsanwalt Sascha Haring, der die Interessen von Manfred H. vertritt, sagt, sein Mandant sei im Bielefelder Gefängnis "ein Einzelgänger", der dort nun "Repressalien und Bedrohungen ausgesetzt ist". Manfred H. habe einen gewissen Gerechtigkeitssinn, Kapitalverbrechen könne er nicht akzeptieren, sagt der Anwalt. Mit den Tipps an die Polizei wolle er sich allerdings auch den Erlass seiner eigenen Strafe verdienen.

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