Bad Salzuflen. Lecker essen kann man im Lippischen Hof nicht erst seit gestern. Die Inhaber Christian und Madlen Steffen möchten aber ab sofort mit Küchenchef Farrokh Okhovat-Esfehani speziell der westfälischen Küche noch mehr Platz auf dem Teller einräumen.
Für den intensiven Einsatz zum Erhalt regionaler Esskultur ist das Altstadt-Palais Lippischer Hof mit dem Gütesiegel „Westfälisch Genießen“ ausgezeichnet worden. Damit gehört es zu einem kleinen Kreis von 30 Mitgliedern. Die LZ sprach mit Gastronom Christian Steffen und Friedrich Wilhelm Krüger, Geschäftsführer des Vereins „Westfälisch Genießen“, über Bier, Blutwurst und Kulinarisches aus Beet und Bach.
Herr Krüger, welche Kriterien müssen erfüllt werden, um das Gütesiegel Ihres Vereins zu erhalten?
Friedrich Wilhelm Krüger: Zu den Voraussetzungen gehören ein gehobenes Ambiente, eine gute Betriebsführung, Qualität in allen relevanten Bereichen und ein auf der Speisekarte sichtbares Bekenntnis zur westfälischen Küche.
Ein Kinderspiel für Sie, Herr Steffen?
Christian Steffen: Das Bekenntnis zur westfälischen Küche war sicher auch schon unbewusst immer vorhanden. Aber das werden wir jetzt noch deutlicher herausstellen.
Regionale Produkte waren für Sie also keine Unbekannten?
Steffen: Auf keinen Fall. Die Forellen kommen beispielsweise aus dem Begatal, das Schweinefleisch aus Lippe, das Rindfleisch aus Herford und Lübbecke. Um nur ein paar Beispiel zu nennen.
Krüger: Selbst internationale Gäste wollen in Westfalen kein Wiener Schnitzel oder Cordon Bleu auf den Teller bekommen. Die fragen schon nach, welche Speisen typisch für die Region sind.
Was ist denn typisch westfälisch? Blutwurst, Wurzelgemüse und Pickert?
Krüger: Ja unter anderem. Vor allem bei Pickert als Klassiker ist die Kreativität der Köche gefragt. Hier kann man kreative Ideen entwickelt, ob als Miniatur-Küchlein oder als Tapas-Variante. Mit westfälischen Spezialitäten kann man seine Exklusivität herausstellen.
Herr Steffen, mussten Ihre Köche in dieser Richtung entsprechend geschult werden?
Steffen: In gewisser Weise ja. Zumindest haben sie sich bestens informiert und recherchiert. Sie wollen schließlich dieses Segment mit Inhalt füllen; alte Rezepte neu interpretieren, aber auch Eigenkreationen entwickeln.
Ihr Küchenteam um Chefkoch Farrokh Okhovat-Esfehani musste ja den Vorstand von ,Westfälisch Genießen bei der praktischen Prüfung überzeugen. Wie ist ihm das gelungen?
Steffen: Mit einem mutigen Vier-Gang-Menü, bei dem von Pumpernickel über Blutwurst, Kürbis-Steckrüben, Kastenbrot und Baumkuchen den Gästen eine unvergessliche kulinarische Reise durch Westfalen geboten wurde.
Und was trinkt der Westfale?
Krüger: Bier und Mineralwasser (lacht). Aber Wein ist natürlich nicht wegzudiskutieren. Deshalb kooperieren wir mit einem Weingut, dass für uns eine Eigenmarke produziert.
Reicht also das kulinarische Statement, um sich mit dem Siegel „Westfälisch Genießen“ zu schmücken?
Krüger: Wir erwarten zusätzlich eine motivierte Unterstützung der Initiative. Sei es bei öffentlichen Aktivitäten, der Präsentation der westfälischen Küche bei gesellschaftlichen Ereignissen oder auch bei der Erarbeitung und Publizierung von Rezeptideen in Zusammenarbeit mit den Spitzenköchen der Region.
„Walters Pharmacy“, „The Alchemist“ oder „The View“ heißen die „Eventlocations“ im Lippischen Hof. Wie vertragen sich englische Bezeichnungen mit westfälischer Küche?
Steffen: Gut (schmunzelt). Aber wir werden in Zukunft unser „dry aged“ Rindfleisch auch mit „trocken gereift“ titulieren. Außerdem soll es dazu bald auch erklärende deutsche Texte geben.
Das Interview führte LZ-Mitarbeiterin Sandra Castrup.
Gütesiegel gibt es seit 25 Jahren
Ins Leben gerufen wurde das Gütesiegel „Westfälisch Genießen“ vor 25 Jahren unter dem Namen „Verein zur Förderung und Erhaltung der westfälischen Küche“. Schirmherr dieser Aktion ist der ehemalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement.
Das ovale Schild mit dem Schriftzug „Westfälisch Genießen“ ist nicht nur für den Gast ein sichtbares Zeichen westfälisch speisen zu können, sondern auch eine Verpflichtung für den ausgezeichneten Gastronom.
Die derzeit 30 Mitglieder – darunter in Lippe auch der Detmolder Hof aus der Residenzstadt – verpflichten sich, Aktivitäten der Initiative wie Show-Kochen zu jahreszeitlichen Themen, Entwicklung und Veröffentlichung regionaler Rezepte, Workshops, Seminare, touristische Angebote oder auch die regionale Nachwuchsförderung zu unterstützen.