Elektronische Patientenakte ab Oktober verpflichtend: Das müssen Patienten wissen

Berlin/Bielefeld. Seit Frühjahr ist die elektronische Patientenakte, kurz ePA, für alle gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland verfügbar. 70 der insgesamt 74 Millionen Versicherten haben die Akte, doch erst ab dem 1. Oktober sind Ärzte auch dazu verpflichtet, die ePA zu füllen. Zum Start hakt es jedoch gewaltig, weil in den Arztpraxen die Technik Probleme bereitet und viele Patienten ihre Akten noch nicht freigeschaltet haben. Die Hausärzte in Westfalen-Lippe appellieren deshalb an alle Patienten, sich mit ihrer ePA zu befassen.

Was ist die elektronische Patientenakte?

Mit der ePA erhalten Versicherte nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums einen digitalen Ordner, in dem persönliche Gesundheitsdaten abgelegt werden können. Praxen und Krankenhäuser laden Arztbriefe, Befundberichte, Medikationspläne, Laborergebnisse oder Röntgenaufnahmen in die Akte. Auch die Versicherten können Dokumente hochladen. Die Krankenkassen haben die Akten bereits für all ihre Versicherten angelegt, wenn die Versicherten nicht aktiv widersprochen haben. Die ePA soll Patienten laut Ministerium ein Leben lang begleiten können.

Wer hat Einsicht und Zugriff auf die ePA?

Die ePA ist nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) eine patientengeführte Akte. &bdquo;Die Versicherten bestimmen, welche Daten in der Akte hinterlegt werden, welche Ärzte die Akte befüllen dürfen und wer Einsicht erhält“, erklärt Jakob Scholz, stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs Digital Health bei der KVWL. Möglich seien diese Einstellungen über die App der jeweiligen Krankenkasse, die die ePA zur Verfügung stellt.

Nutzen Patienten die ePa bereits flächendeckend?

Im Alltag erleben die Hausärzte in Westfalen-Lippe noch viele uninformierte und verunsicherte Patienten. &bdquo;Viele Patienten wurden noch nicht von ihren Kassen über die ePA informiert oder warten bis zu sechs Wochen auf die Freischaltcodes für ihre Akte“, erklärt Lars Rettstadt, Vorsitzender des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe. &bdquo;Die Krankenkassen wurden dazu verpflichtet, ihre Versicherten zu informieren und die Akten zur Verfügung zu stellen. Sie kommen diesem Auftrag aber nicht vollumfänglich nach.“

Aufgrund dieser Versäumnisse bestehe ein erhöhter Beratungsbedarf, der zu zusätzlicher Arbeit in den Praxen führe, moniert Rettstadt. &bdquo;Im Zweifel sollten sich Patienten bei ihrer Kasse informieren oder beim Hausarzt nachfragen. Wir helfen gerne, denn es ist wichtig, dass Patienten die Verantwortung für ihre Akte übernehmen.“ Rettstadt rät Patienten dringend dazu festzulegen, wer Zugriff und Einsicht in die Akte erhält. &bdquo;Möchten Patienten beispielsweise nicht, dass psychiatrische Befunde in der Akte stehen oder von allen Ärzten eingesehen werden können, sollten Patienten das entsprechend festlegen.“

Wo hakt es beim Befüllen der ePA?

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sind aktuell erst 80 Prozent der Arztpraxen mit den notwendigen technischen Voraussetzungen ausgerüstet. Dem Rest der Praxen fehlten erforderliche Softwaremodule, sagt Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. Von einigen Anbietern von Praxisverwaltungssystemen wisse die KBV, dass das ePA-Modul im vierten Quartal nachgeliefert werden solle. &bdquo;Von anderen Herstellern haben wir gar keine Rückmeldung.“

In Westfalen-Lippe können nach Einschätzung Rettstadts zwar alle Praxen die ePA nutzen, doch etwa die Hälfte hat Schwierigkeiten. &bdquo;Je nach Hersteller kommt es zu Problemen wie Verzögerungen beim Hochladen von Dokumenten.“ Die Fehler liegen nach Angaben Rettstadts bei den Softwareherstellern und der Gematik. Das ist die nationale Agentur für digitale Medizin in Deutschland. &bdquo;Beide Seiten schieben sich aktuell die Schuld zu, doch Strafzahlungen werden nur uns Ärzten angedroht, wenn wir die Akten nicht befüllen. Das ärgert uns, da wir für damit die Fehler anderer ausbaden müssen.“

Rettstadt kritisiert zudem, dass die Krankenhäuser anders als von der Politik angekündigt keine flächendeckende Anbindung an die ePA haben. &bdquo;Das bedeutet, dass Patienten und ihren niedergelassenen Ärzten die Zettelwirtschaft von und zu den Kliniken weiter nicht erspart bleibt.“ Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hat bereits die Pilotphase gezeigt, dass der Anschluss an die ePA schwieriger als für Praxen ist. Aus einer Befragung der DKG geht hervor, dass 58 Prozent der Kliniken davon ausgehen, dass die ePA erst im Laufe des kommenden Jahres bundesweit nutzbar sein wird.

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