Ausbrecher weiter flüchtig: Polizeischutz für zehn Richter

Friderieke Schulz und Carolin Nieder-Entgelmeier

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(© Bernhard Preuß)

Bad Salzuflen/Bielefeld. Auch zwei Tage nach der Flucht aus seinem Elternhaus in Bad Salzuflen fehlt von Daniel Vojnovic jede Spur. Die Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft, denn der 31-Jährige, der in der Justizvollzugsanstalt Werl in Sicherheitsverwahrung sitzt, soll nach Informationen dieser Zeitung angekündigt haben, mehrere Personen umbringen zu wollen.

„Die Fahndung läuft, insbesondere die Prüfung von Kontaktpersonen und neuralgischen Punkten", erklärt Polizeisprecher Stefan Tiemann auf Anfrage. Dabei könnte es sich auch um die Wohnorte mehrerer Richter und weiterer Personen aus dem Justizbereich sowie Personen aus dem persönlichen Umfeld von Vojnovic handeln.

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Weiterhin gesucht: Daniel Vojnovic ist circa 1,85 Meter groß und von kräftiger Statur. Er trägt kurz rasiertes Haupthaar und einen Vollbart. Zuletzt trug er eine braune Lederjacke, blaue Jeans und helle Schuhe. Die Polizei warnt davor, sich Vojnovic zu nähern.

Aus gut unterrichteten Quellen heißt es, Vojnovic habe im Vorfeld sowohl seine Flucht, als auch die Ermordung einiger Personen gegenüber einem Therapeuten angekündigt. Danach wolle er zurück in die Anstalt. Denn dort fühle er sich wohl.

"Er war auf einem guten Wege"

Von einer Ankündigung der Flucht oder gar von Tötungsabsichten ist dem stellvertretenden Leiter der Justizvollzugsanstalt Werl, Jörg-Uwe Schäfer, nichts bekannt: „Gegenüber seinem Therapeuten hat er sich so nicht geäußert. In einem solchen Falle hätte Herr Vojnovic die JVA auch nicht verlassen dürfen", so Schäfer. „Er war auf einem guten Wege. Herr Vojnovic hat sich hier den subkulturellen Gruppierungen ferngehalten und sich wirklich beanstandungsfrei, ja gar mustergültig verhalten. Die Flucht kam aus heiterem Himmel."

Man habe aber mehrfach die Zelle und Aufenthaltsorte des 31-Jährigen in der Anstalt nach entsprechenden Hinweisen auf den Kopf gestellt.

Wird gesucht: Daniel Vojnovic. - © polizei nrw
Wird gesucht: Daniel Vojnovic. (© polizei nrw)

Die Polizei und das Landgericht Bielefeld nehmen die Situation sehr ernst. Zum Schutz der möglicherweise bedrohten Personen wurden diverse Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. „Es wurden alle beteiligten Richter gewarnt", bestätigt Guiskard Eisenberg, Sprecher des Landgerichts. Dies sei direkt nach der Mitteilung über den Ausbruch am Mittwochabend erfolgt.
2014 schoss Vojnovic einen Bordell-Türsteher an

Die Polizei bestätigt die Absprache mit der Justiz bezüglich eingeleiteter Schutzmaßnahmen. Wie genau die aussehen, wollten die Ermittler nicht sagen. Auch über die Zahl der Betroffenen schweigen sie. Laut Informationen dieser Zeitung sind unter anderem zehn Richter betroffen.

Vojnovic gilt als unberechenbar und soll unter Wahnvorstellungen leiden. Offiziell wird ihm eine dissoziale Persönlichkeitsstörung attestiert.

Davon, dass er keine Hemmungen bei dem Einsatz von Gewalt hat, zeugt nicht nur die Verurteilung aus dem Jahr 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Führens einer halbautomatischen Waffe zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und acht Monaten. Das Urteil bezieht sich auf eine Tat im Jahr 2014, bei der Vojnovic dem Türsteher eines Bordells in Porta Westfalica ins Bein schoss. Das Gericht kam damals zu der Erkenntnis, dass sich Vojnovic von dem Türsteher gedemütigt, sich nicht mit dem nötigen Respekt behandelt fühlte und ihm deshalb aus nächster Distanz in den Oberschenkel schoss. Das Projektil zertrümmerte dabei den Schenkelknochen. Laut Informationen dieser Zeitung bezieht sich der empfundene mangelnde Respekt auf die Tatsache, dass sein Opfer vom Tisch aufgestanden war.

Bereits im Vorfeld war der Deutsch-Serbe mehrfach vorbestraft. Zum einen wegen mehrerer Raubüberfälle in Ostwestfalen-Lippe und zum anderen wegen der Misshandlung eines Mithäftlings im Gefängnis. Zweifelsohne sei Vojnovic mehreren Quellen zufolge bei seiner Verurteilung 2015 nicht auf dem geistigen Stand eines Gleichaltrigen gewesen. Hinzu kommt ein erschütterndes Frauenbild, weswegen der Kontakt zu weiblichem Personal in der JVA auf das Mindeste reduziert wurde und ein Mann seine Therapie übernahm.

Sollte der Flüchtige aufgefunden werden und nichts angestellt haben, würde er in die Sicherheitsverwahrung zurückkehren. Laut Gesetz stellt die eigentliche Flucht keine Straftat da. Zu einer Verhandlung käme es nur, wenn Vojnovic während seiner Flucht straffällig wird. Besuche bei seinen Eltern wären aber in jedem Fall ab sofort gestrichen. „Natürlich hätte er nicht mehr dieselben Freiheiten wie vorher", sagt Schäfer.

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