Deswegen hat ein Hausarzt in der Not seine eigene Praxis verkauft

Bad Salzuflen . An den Türen der Hausarztpraxis von Dr. Afif Hamoda und seinen zehn Mitarbeiterinnen – darunter drei Ärztinnen in Teilzeit – hängen neue Schilder. &bdquo; MVZ " ist am Eingang an der Osterstraße zu lesen. Das steht für &bdquo;Medizinisches Versorgungszentrum".

Hinter dieser auf den ersten Blick marginalen Änderung verbirgt sich eine Geschichte mit dramatischen Zügen. Denn um ein Haar hätte Hamoda seine Praxis aufgegeben. &bdquo;Das wäre für die hausärztliche Versorgung in der Stadt verheerend gewesen.

Arztsuche wird zur Tortur

Schon jetzt ist es für neu Zugezogene oder Menschen, deren Hausarzt ohne Nachfolger in Rente geht, nahezu unmöglich, wieder in einer Praxis unterzukommen", sagt Hamoda , der Vorsitzender des Praxisnetzes Bad Salzuflen/Lippe-West ist.

Zum Teil riefen die Betroffenen in ihrer Not bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) an, die wiederum empfehle, sich bei Hamoda zu melden.

Regressforderungen von einigen Tausend Euro

Der 64-Jährige war selber lange auf der Suche nach einem Nachfolger – am Ende vergebens. Der Hintergrund: &bdquo;Es gibt kaum noch junge Mediziner, die in Deutschland eine Hausarztpraxis gründen oder übernehmen wollen", sagt Hamoda. Dies hat aus Sicht des erfahrenen Arztes verschiedene Gründe. So sei die Mehrheit der Medizinstudium-Absolventen weiblich. Junge Ärztinnen zögen es vor, in Angestelltenverhältnissen und in Teilzeit zu arbeiten. Dazu scheuten junge Kollegen das unternehmerische Risiko und achteten vermehrt auf ihre Work-Life-Balance.

Ferner sieht Hamoda nicht zuletzt auch strukturelle Probleme: &bdquo;Die Krankenkassenverbände und die KV denken noch in alten Mustern. Trotz Unterversorgung und fehlenden Nachwuchses kämpfen wir Ärzte gegen Arznei- und Heilmittelbudget sowie Plausibilitätsprüfungen. Selbst ich habe zurzeit mit Regressforderungen von einigen Tausend Euro zu kämpfen. Hier muss meiner Meinung nach umgedacht werden."

Eine Zwickmühle, die mürbe macht

Und weiter: &bdquo;Wenn ich auf der anderen Seite vielleicht mal zu wenig verschreibe, komme ich eventuell wegen unterlassener Hilfeleistung dran. Auch mich hat das über Jahre mürbe gemacht, so dass ich schon ans Aufhören dachte. Zum Glück habe ich jetzt Investoren gefunden." Seit 1. April gehört Hamodas Praxis zur Voramedic GmbH.

Die Gesellschaft ist von zwei Hausärzten aus Oldenburg und Celle gegründet worden. &bdquo;Nach Übernahme der Praxis und der Mitarbeiter kümmern wir uns um das erforderliche Management der Praxis. Die Arbeit vor Ort bleibt wie gehabt", heißt es auf der Homepage der GmbH.

Für die Patienten ändert sich nichts

Angaben, die Hamoda bestätigt: &bdquo;Für die Patienten ändert sich durch den neuen Besitzer nichts. Wir sind unverändert für sie da, haben aber selbst nichts mehr mit der ganzen Bürokratie, der Hard- und Software oder der immer aufwendigeren Personalsuche zu tun und können uns viel besser auf die medizinische Versorgung konzentrieren", so die ersten Erfahrung von Hamoda nach der Übernahme.

&bdquo;Man merkt, dass bei der GmbH zwei Allgemeinmediziner das Sagen haben. Die wissen einfach, was für die Praxen gut ist", so Hamoda .

3000 Patienten pro Quartal

Für seine zehn Mitarbeiterinnen habe sich zudem auch vertraglich nichts geändert. Er selbst ist die einzige Ausnahme: &bdquo;Ich bin zum ersten Mal nach 25 Jahren wieder Angestellter und bekomme am Monatsende ein Gehalt. Aber ich komme ganz gut klar damit", lächelt Hamoda .

Die Gemeinschaftspraxis an der Osterstraße behandelt nach seinen Angaben mehr als 3000 Patienten im Quartal. Er selbst will noch einige Jahre weiter praktizieren und dabei &bdquo;langsam kürzer treten". Dabei hat er jetzt ein gutes Gefühl: &bdquo;Es ist für mich sehr erleichternd zu wissen, dass die Praxis fortgeführt wird."

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