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Plötzlich lag ein Barntruper 1963 tot auf dem Bürgersteig

Kirsten Fuhrmann

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Lippe kriminell (© Pixabay)

Barntrup-Alverdissen. Sein Sohn liegt auf dem Bürgersteig. Ein Messer in seiner Brust. Der Junge ist tot. Es muss ein unvorstellbar grauenvoller Anblick für Herbert F. gewesen sein, als er seinen 24-jährigen Jungen nach einer Schlägerei in einer dunklen Novembernacht auf dem Asphalt vorfindet.

Noch dunkler als die besagte Nacht sollten allerdings die Zusammenhänge sein, die letztlich zu der entsetzlichen Bluttat führten.

Zwei junge holländische Gastarbeiter (17 und 19 Jahre) wurden nach einer Schlägerei in einem Gasthof an der Mittelstraße in Alverdissen aus dem Lokal geschmissen. Vor dem Gasthof trafen die Gastarbeiter laut eines LZ-Berichts  von 1963 dann auf Herbert F. und seinen Sohn Lukas F. aus Barntrup, die gerade in ihren Wagen stiegen.

Ein Stich mitten ins Herz

Einer der Gastarbeiter verwechselte Herbert F. anscheinend mit einem Mann, der ihm im Gasthof einen Schlag verpasst hatte und forderte Herbert F. auf, das Fenster herunterzudrehen. Sobald dieses unten war, hatte der Vater auch schon eine Faust im Gesicht. Zwischen den vier Personen kam es dann auf offener Straße zu einer Schlägerei.

"Plötzlich zückte der 17-jährige Holländer ein Fahrtenmesser und stieß es dem 24-jährigen Lukas F. mitten ins Herz", schreibt der Redakteur im damaligen LZ-Bericht. Mit einem gurgelnden Laut sackte er zusammen, während die Holländer in der Dunkelheit verschwanden. Erschüttert konnte der Vater nur noch den Tod seines Sohnes feststellen.

Noch in der selben Nacht konnte die Polizei die Holländer festnehmen. Nun galt es, die Obduktion des verstorbenen Lukas F. abzuwarten.

Vater und Sohn forderten die Holländer heraus

Weitere Ermittlungen der Polizei ergaben, dass sich die Tat etwas anders ereignete, als bislang angenommen. Nicht die Holländer gingen auf das Vater-Sohn-Gespann los, sondern umgekehrt.

Nach dem grundlosen Schlag ins Gesicht verfolgten Herbert und Lukas F. demnach die Holländer mit dem Auto. Als sie diese nach 15 Minuten entdeckten, sprangen sie aus dem Wagen und gingen auf die Gastarbeiter los. Während Herbert F. sich den Älteren vorknöpfte und diesen mit Faustschlägen so stark bearbeitete, dass dieser floh, lieferte sich der Sohn ein Handgemenge mit dem jüngeren Holländer.

Lukas F. schmiss sich auf ihn und zerriss ihm die Kleidung. Dann zückte der 17-Jährige sein Messer. "Er brachte seinem Gegner drei Stiche bei, von denen einer das Herz traf und tödlich war, während die beiden anderen leichte Weichteilverletzungen in Arm und Bein darstellten", heißt es in dem Bericht.

Ein überraschendes Urteil

Am 11. Dezember 1963 wird das Urteil gefällt. Da die vorhergehenden Vorfälle längst beendet waren und der Angriff letztendlich von dem Vater-Sohn-Gespann ausging, traf die Holländer nach richterlichem Beschluss kaum Schuld.

Die Handlung des 17-Jährigen? Reine Notwehr. "Eine Überschreitung der Notwehr lässt sich nicht feststellen, da nicht nachzuweisen ist, dass der 17-Jährige in der stockfinsteren Nacht bewusst auf sein Herz gezielt hat", heißt es weiter.

Das Verfahren wurde wegen nicht zu widerlegender Notwehr eingestellt, der 17-Jährige ohne juristische Konsequenzen aus der Haft entlassen. Es bleibt nur ein großer Verlust für Herbert F.. Ein Stich ins Herz - für Vater und Sohn.

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