So sagt eine Barntruperin dem Müll in Indien den Kampf an

Barntrup/Mumbai. Rund 237 Kilo Plastik fielen laut Statistischem Bundesamt 2021 pro Kopf in Deutschland an. Eine Menge, über die sich viele wohl erst Gedanken machen, wenn sie sehen, was nach dem Wurf in die Tonne überhaupt mit ihrem Müll passiert. So ist es auch der gebürtigen Barntruperin Ricarda Redeker ergangen, als sie vor einigen Jahren 200 Säcke mit Haushaltsmüll an eine Müllverwertung in Düsseldorf übergab. Gesammelt hatte sie den Müll ein Jahr lang in der Nähe ihrer Wohnung. Ein Erlebnis, das ihr die Augen öffnete: Sie gab ihren Job als Arbeits- und Organisationspsychologin auf und reiste fünf Monate lang durch neun Länder , den Fokus dabei immer auf dem Thema Müll.

Seither hat es sich Ricarda Redeker zur Aufgabe gemacht, Plastik den Kampf anzusagen. &bdquo;Plastic Extinction“ heißt ihr Projekt, was auf Deutsch so viel heißt wie &bdquo;Plastiksterben“. Ein beeindruckendes Beispiel, wie sich Plastikmüll in etwas Nützliches verwandeln lässt, hat Ricarda Redeker jetzt mit zwei Mitstreitern in Indien umgesetzt. Gemeinsam mit Cafébesitzer Amin Sheikh und Möbelhersteller Ali Aboojiwala hat Redeker in Mumbai Möbel für das Café &bdquo;Bombay to Barcelona“ hergestellt und erzählt, wie es zu dieser Idee und der Zusammenarbeit gekommen ist.

Privates Netzwerk nach Indien Sechs Monate war Ricarda Redeker in Indien. Das Land kennt sie gut. &bdquo;Ich habe damals als Auszubildende das Angebot bekommen, dort meine Englischkenntnisse zu erweitern und bin dann zum ersten Mal dorthin gereist. Seit 17 Jahren habe ich ein privates Netzwerk nach Indien.“ Durch Instagram sei sie während ihres letzten Aufenthaltes auf das Café &bdquo;Bombay to Barcelona“ von Amin Sheikh aufmerksam geworden. Sheikh, der selbst auf den Straßen von Mumbai aufgewachsen ist und über diese Zeit auch ein Buch geschrieben hat, beschäftigt in seinem Lokal Jugendliche, die ebenfalls obdachlos waren oder Waisen sind (oft auch beides). Der Erlös des Cafés fließt in die Gehälter, Unterkünfte und medizinische Versorgung, erzählt Redeker.

Doch nicht nur dieser Einsatz habe sie beeindruckt, auch die Tatsache, dass im Café großer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird, habe bei ihr offene Türen eingerannt, erzählt Ricarda Redeker. &bdquo;Hier wird alles wiederverwendet, Plastik wird, so gut es geht, vermieden, Wasser wird zum Beispiel aus Glaskaraffen eingeschenkt.“ Der gebürtigen Lipperin kam eine Idee: Warum nicht aus Plastikmüll Möbel für das Café herstellen? Gemeinsam mit Ali Aboojiwala wurde aus der Idee dann Wirklichkeit. Aus alten Deckeln von Wasserflaschen sind in drei Monaten zwei Tische und acht Stühle entstanden, die nun im Café zum Einsatz kommen.

Das sollen aber nicht die einzigen bleiben. Auch wenn es laut Ricarda Redeker niemals möglich sein wird, in eine Massenproduktion zu gehen, so möchte sie trotzdem gerne weitere Möbel produzieren, um so viel Plastik wie möglich einem weiteren Nutzen zuzuführen. Daher ist die 41-Jährige jetzt auf der Suche nach Investoren. Denn bisher hat sie überwiegend eigenes Geld in das Projekt investiert. Produziert werden sollen die Möbel aber weiterhin in Mumbai, das ist die einzige Voraussetzung.

&bdquo;Wir haben die Demut verloren“ Ricarda Redeker möchte mit der Möbelproduktion in Mumbai ein Beispiel aufzeigen, wie sich recyceltes Plastik als Rohstoff verwenden lässt. &bdquo;Wir haben die Demut für das Leben verloren“, kritisiert sie das heutige Konsumverhalten. Die 41-Jährige möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, wie jeder Einzelne einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, der zunehmenden Umweltverschmutzung Herr zu werden .

Wie sich Plastikmüll im Alltag reduzieren lässt, dafür hat Ricarda Redeker auch noch ein paar persönliche Tipps: &bdquo;Ich bin bei mir Zuhause jedes Zimmer durchgegangen und habe mir überlegt, wie sich dort jeweils Plastik vermeiden lässt. Ich wasche mich seit Jahren zum Beispiel nur noch mit Seife und spare so sechs Duschgelflaschen pro Jahr.“ In der Küche verwende sie beispielsweise alte Chipstüten als Müllbeutel weiter. &bdquo;Wir müssen einfach schauen, dass wir Plastik länger wiederverwenden“, erklärt Ricarda Redeker.

Wer sich weiter über die Projekte informieren möchte, der findet im Internet unter https://plasticextinction.com/ eine Übersicht über die Projekte, Visionen und Reisen von Ricarda Redeker.

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