Blomberg. „Das Leben ist relativ kurz. Da muss man deshalb viel machen.“ Nach dieser Devise hat Udo Bergmann die Welt erobert. Blomberg aber hat er nicht vergessen und der Stadt ein Buch gewidmet. Darin geht es auch um die Schützen.
Heute lebt der Autor in Garmissen, östlich von Hildesheim. Udo Bergmann macht aber regelmäßig einen Abstecher in die Nelkenstadt, um hier seine Tante Rita zu besuchen. Dann kommt in ihm die Erinnerung hoch. In dem Buch „Lippsch Rosen Kind – Eine Kindheit im Blomberg der Nachkriegszeit“ beschreibt Udo Bergmann das Leben seiner Eltern und Großeltern sowie seine eigene Kindheit und Jugend.
„Erst sollte es nur eine kurze Geschichte über den kleinen Jungen Udo für meine Enkelkinder Philine, Aaron, Carlotta und Klara werden. Dies hat sich dann aber verselbstständigt“, gibt der ehemalige Blomberger im Gespräch mit der LZ zu Protokoll. Poesie und Komik, Dialoge und Beschreibung – das Buch bietet von allem etwas. Sein besonderer Reiz liegt in der Beschreibung der Heimat und den Anekdoten, die Udo Bergmann hier mit den Menschen erlebte, die jedem Ur-Blomberger bekannt sind.
Dabei ist das Kapitel „Königliche Sommertage“ dem heißesten Wochenende im heißesten Sommer des vergangenen Jahrhunderts, des Jahres 1959, gewidmet, wie der Autor selber schreibt. Beim Lesen wird schnell klar, was Tradition bedeutet. So gab es auch damals das knappe Kommando „Parademarsch“, und in preußischem Stechschritt klatschten darauf hin die Schuhsohlen auf das Pflaster – diagonal über den Marktplatz. An diesem Muster hat sich in den Reihen des Alten Blomberger Schützenbataillons nichts geändert.
Und auch 1959 machte sich die Anspannung in Hochrufen Luft, als der neue König feststand – Fritz Vesting (Stuhlrott) aus der Ulmenallee. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Kunde verbreitet, und die Bürger wollten ihn sehen. In grau kariertem Anzug, mit roter Fliege und geschlossenem weißen Hemdkragen, frisch geduscht und wohlriechend, verließ der 16-jährige Udo das Haus auf der Steinkuhle. Seine Freunde und einige Mädchen aus dem Tanzkurs von 1958 im Saal des Deutschen Hauses warteten schon auf ihn.
Gemeinsam hatten sie den Wechselschritt, den Sidestep erarbeitet, sich dem Fox, dem Wiener und langsamen Walzer angenähert und sich Tango und Latinos zu eigen gemacht. Neugierig bewegte sich Udo Bergmann am Königstisch vorbei, um zu sehen, wer denn nun die neue Königin war – Wilma Zurmühlen. Zwei große Kapellen spielten auf und trieben die Paare scharenweise aufs Parkett, beobachtet von neugierigen Augen: „Also nein, das Kleid ist nun aber zu gewagt, und schau dir nur die Brake an, die tanzt jetzt schon zum dritten Mal hintereinander mit Meiers Rudi“.
Klar, dass am Samstag die Massen auf den Marktplatz strömten, um die Ankunft von Königspaar und Hofstaat in ihren Kutschen zu erleben. Und an noch etwas erinnert sich der Autor ganz genau: Als er für sich und seine Antje schönes, kühles Bier bestellte, stellte die Kellnerin das Frischgezapfte auf den Tisch und sagte: „Kühles Bier könnt ihr vergessen. Es ist hier so heiß, dass das Stangeneis schon geschmolzen ist, bevor es die Bierfässer gekühlt hat“. Das 1959er-Schützenfest ging in die Annalen ein als das Fest, auf dem das Bier lauwarm auf die Tische kam.
Udo Bergmann, „Lippsch Rosen Kind – Eine Kindheit im Blomberg der Nachkriegszeit“, Lippe Verlag, ISBN 978-3-89918-038-1, 14,90 Euro.
Udo Bergmann wurde im März 1943 in Detmold geboren. Seinen Großeltern Minna und Wilhelm Beine gehörte das gleichnamige Gasthaus und sie betrieben auf Wilbasen ein Tanz- und Speisezelt. Schon früh trieb es Udo Bergmann in die Welt hinaus. Er wurde Koch und fuhr zwei Jahre zur See. Dann war er als Gewerkschaftssekretär in Hannover tätig. Es folgte die Umschulung zum Feinmechaniker, ehe er Fachberater für pädagogisch-didaktische Bildungsmaterialien für Kindergärten und Grundschulen wurde. Nebenbei malt er und bereitet sein zweites Buch vor – dieses Mal geht es um seine zweite Heimat Hannover.
 
 
