Diese Therapeutin nutzt Blutegel gegen Schmerzen

Blomberg-Dalborn/Lügde. Der blutsaugende Egel ist seit mehr als 3.000 Jahren für seine heilende Wirkung bekannt. Schmerztherapeutin Martina Sanders spricht am Mittwoch, 6. Februar, um 19 Uhr in der Kulturkneipe Dalborn, Hauptstraße 23, von ihren Erfahrungen mit der Egeltherapie für Mensch und Tier und zeigt Möglichkeiten, aber auch Grenzen auf. Die 55-jährige Therapeutin sprach vorab mit der LZ.

Bei welchen Krankheitsbildern kann die Blutegeltherapie angewandt werden?

Martina Sanders : Es gibt eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten. Die Blutegel wirken schmerzlindernd, entzündungshemmend und durchblutungsfördernd, helfen beispielsweise bei Arthrose, Hämorrhoiden, Herpes und Bluthochdruck. Auch Tiere können behandelt werden, etwa bei Wundheilungsstörungen.

Was passiert dabei im Körper?

Sanders : Während die Egel das Blut saugen, setzen sie durch ihren Speichel eine Vielzahl von Wirkstoffen frei. Hirudin hat eine gerinnungshemmende Wirkung. Das ist der Grund für das lange Nachbluten der Wunde. Andere Stoffe fördern die Durchblutung. Eine Blutegeltherapie kann mit einem sehr langsamen, sanften Aderlass verglichen werden. Er wirkt entstauend und verdünnt das Blut.

Schmerzt der Biss des Blutegels?

Sanders: Den Schmerz kann man mit den Stichen einer Tätowiernadel oder der Verbrennung an einer Brennnessel vergleichen. Er vergeht aber nach drei bis fünf Minuten.

Wie lange bleibt der Egel auf der Haut?

Sanders : Die Behandlung dauert etwa 20 bis 40 Minuten. Nachdem der Egel sich vollgesogen hat, fällt er ab.

Wie viele Egel werden angesetzt?

Sanders : Das ist unterschiedlich und hängt davon ab, welche Stelle betroffen ist. So können bei einem steifen Nacken auch mal bis zu acht Egel gleichzeitig zum Einsatz kommen.

Wie viele Sitzungen sind erforderlich?

Sanders : Jede Behandlung ist so individuell wie der Mensch selbst. Bei der Schmerzlinderung spüren manche Patienten einen sofortigen Effekt. Bei chronischen Wunden sind mehrere Sitzungen erforderlich.

Kann man dann von Heilung oder Linderung sprechen?

Sanders : Beides ist möglich. Meistens handelt es sich um eine Linderung.

Können Blutegel Medikamente ersetzen?

Sanders : In manchen Fällen schon. Bei einer Schmerzlinderung benötigt der Patient beispielsweise weniger Schmerzmittel. Blutegel sind übrigens ein Arzneimittel. Sie können in der Apotheke bestellt werden, haben wie jedes andere Medikament eine Packungsbeilage mit Gebrauchsinformationen.

Woher bekommen Sie Ihre Egel?

Sanders : Es gibt zwei Institutionen in Deutschland, die medizinische Blutegel züchten dürfen. Ich kaufe fünf Mal im Jahr jeweils 60 medizinische Egel bei der Biebertaler Blutegelzucht.

Wie oft kann ein Blutegel für eine Therapie verwendet werden?

Sanders : Er kommt nur einmal zum Einsatz. Nach Gebrauch muss er getötet werden. Das Aussetzen in der freien Natur ist nicht erlaubt.

Gibt es Menschen, bei denen die Blutegeltherapie nicht durchgeführt werden darf?

Sanders : Vorsicht ist zum Beispiel bei Menschen geboten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen.

Gibt es Nebenwirkungen?

Sanders : Es können Juckreiz, Rötung und Schwellung des Gewebes und der Lymphknoten auftreten. Selten gibt es eine Narbenbildung. Allerdings kann es schon mal vier Monate dauern, bis die Bissstelle nicht mehr zu sehen ist.

Muss der Patient vor der Behandlung etwas beachten?

Sanders : Egel reagieren empfindlich auf Cremes, Badezusätze, Duschgele und Haarspray. Sie beißen dann meist nicht. Alkohol und Nikotin sollten ebenfalls nicht konsumiert werden.

Was kostet eine Behandlung?

Sanders : Bei der Erstbehandlung ist mit 100 bis 150 Euro zu rechnen. Die Kosten trägt der Patient meist selbst.

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