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Altenheim in Hiddesen macht dicht - Bewohner müssen raus

Jana Beckmann

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Wird in wenigen Tagen geschlossen: das Seniorenwohn- und Pflegeheim „Haus Daheim" in Hiddesen. - © Bernhard Preuß
Wird in wenigen Tagen geschlossen: das Seniorenwohn- und Pflegeheim „Haus Daheim" in Hiddesen. (© Bernhard Preuß)

Detmold-Hiddesen. Diese Nachricht hat die Bewohner des „Haus Daheim" und deren Angehörige aus heiterem Himmel getroffen: Das Wohn- und Pflegeheim am Hülsenweg wird geschlossen – und zwar sehr bald. Die Frist läuft bis zum 30. November, was die Angehörigen ins Schwitzen bringt und sehr verärgert.

„Das ist wirklich der Hammer. Meine Schwiegermutter verliert ihr Zuhause. Sie ist dement und kommt jetzt praktisch über Nacht in eine völlig neue Situation. Es kann sein, dass sie danach wieder völlig durcheinander ist", schimpft der Angehörige einer Bewohnerin. „Wir sind total überrumpelt worden und waren wie vor den Kopf geschlagen", klagt ein anderer. Innerhalb von einer Woche einen neuen Heimplatz zu bekommen, sei ein Unding.

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Ortsbürgermeister: "Das ist menschenverachtend"


Wilfried Mellies, Ortsbürgermeister von Hiddesen, bezeichnet die kurzfristige Verlegung der Heimbewohner als „menschenverachtend". Diese Sache belaste die Bewohner natürlich sehr stark. „Sie haben sich dort wohlgefühlt, und jetzt kommt etwas auf sie zu, das sie vielleicht gar nicht mehr begreifen können." Wenn es eine Insolvenz gebe, sei dies traurig genug. Aber es müsse möglich sein, mehr Zeit für die Suche nach einem neuen Platz zu bekommen. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass hier soviel Druck aufgebaut wird."

Grund für die Schließung sind finanzielle Schwierigkeiten. „Es gibt nicht genügend Mittel, um den Betrieb aufrecht zu erhalten", erklärt Rechtsanwalt Stefan Stodolka, der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden ist. Im August seien acht Bewohner verstorben. Dadurch sei das Geld ausgegangen. Denn: „Die Kostenträger, darunter Pflege- und Krankenkassen sowie die Sozialhilfe, überweisen monatlich. Stirbt jemand, gibt es Rückforderungen. Außerdem melden sich nach einem Insolvenzantrag auch schnell die Versorger und wollen Vorauszahlungen", so Stodolka. Und drittens habe der Träger des Seniorenwohn- und Pflegeheims – ein selbstständiger Unternehmer, keine Gesellschaft – keinen finanziellen Puffer gehabt.

Dass die verbliebenen 29 Bewohner nun innerhalb von einer Woche ausziehen müssen, hat laut dem vorläufigen Insolvenzverwalter nichts mit Versorgungs- oder Pflegemängeln zu tun, sondern mit den begrenzten finanziellen Mitteln. Das bestätigt auch die Heimaufsicht des Kreises Lippe. Sie erklärt: „Die Versorgung, Pflege und Betreuung der Bewohner ist sichergestellt, bis der letzte Bewohner die Einrichtung verlässt". Aber warum konnte es überhaupt soweit kommen? Hat die Behörde hier ihre Aufsichtspflicht verletzt? Dazu heißt es: „Aufgabe der Heimaufsicht ist die Wahrung der Interessen und der Schutz der Bewohner von Pflege- und Betreuungseinrichtungen und die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung der Betreiber. Unsere gesetzliche Aufgabe umfasst nicht die Prüfung der finanziellen Situation einer Einrichtung".

Im Fall einer Überschuldung oder einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sei der Betreiber verpflichtet, die Heimaufsicht darüber zu informieren. Dies sei hier erst nach Beantragung des Insolvenzverfahrens geschehen. Die Heimaufsicht und das Wohn- und Pflegeheim bieten den Betroffenen nun Hilfe bei der Suche nach neuen Bleiben an. Dazu haben sie unter anderem eine Liste mit freien Plätzen in der Region an die Hand bekommen. „Wir werden nach dem 30. November niemanden vor die Tür setzen. Wenn wir die Versorgung nicht mehr gewährleisten können, kann es aber auch zu Zwangsmaßnahmen der Heimaufsicht kommen", sagt Stefan Stodolka.

Wie lange die 30 Mitarbeiter des Hauses noch einen Job haben, hängt davon ab, wie schnell der Umzug erfolgt. „Wir haben Dienstagmorgen von der Situation erfahren. Das war natürlich ein Schock", erklärt Renate Kopietz, die in der Verwaltung des Wohn- und Pflegeheims arbeitet. Den Beschäftigten stehe es nun frei, sich nach einer neuen Stelle umzusehen. Der vorläufige Insolvenzverwalter Stodolka geht davon aus, dass sie nach und nach freigestellt werden. Der Oktoberlohn, der teilweise noch nicht gezahlt worden sei, sowie das November- und Dezembergehalt sollen über das Insolvenzausfallgeld gedeckt werden. Dies entspreche dem Netto-Lohn. Wird dann planmäßig zum 1. Januar das Insolvenzverfahren eröffnet, gibt es darüberhinaus keine Absicherung mehr. Dann stehen die Beschäftigten endgültig auf der Straße.

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