Detmold. Ganze Höfe, bürgerliche Häuser, eine Tankstelle – etliche historische Gebäude aus vielen Teilen der Region sind in das Freilichtmuseum Detmold gebracht worden, wo sie für die Nachwelt erhalten bleiben sollen. Nun geht es jedoch einmal nicht um einen Wiederaufbau, sondern um einen Abriss. Die frühere Polizeistation nahe des Gräftenhofes muss weichen.
„Wenngleich jedes historische Gebäude für uns erst einmal einen Wert an sich darstellt, so war die Bausubstanz der ehemaligen Polizeistation so schlecht, dass wir uns nun für einen Abbruch entschieden haben", erklärt Museumsdirektor Prof. Dr. Jan Carstensen. „Andernfalls hätten wir viel Geld in die Bauunterhaltung eines Gebäudes investieren müssen, das ohnehin einmal weichen muss. Das ist unser Ansicht nach nicht vertretbar."
Feuchte Wände, marode Leitungen, keine Heizung in Teilen des Gebäudes und ein mehrmals im Jahr durch ansteigendes Grundwasser bei Starkregen gefluteter Keller, die Liste der Mängel war lang, eine Renovierung wäre vom Preis und Aufwand nicht zu rechtfertigen, so Carstensen weiter.
In dem 1934 erbauten Gebäude war zunächst eine „motorisierte Gendarmerie-Bereitschaft" der Polizei untergebracht, nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich dort noch bis 1975 die Verkehrsüberwachungsbereitschaft. Danach wurde die ehemalige Polizeistation vom Freilichtmuseum als Betriebsgebäude und Lager genutzt und war in den letzten Jahrzehnten für die Besucher nicht zugänglich.
Mit dem Abbruch der früheren Polizeistation folgt das Freilichtmuseum Detmold in Trägerschaft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe dem Museumskonzept, in dem von Anfang an dieser Platz für den Bau einer Ravensberger Hofanlage vorgesehen war.
„Das Aufbaukonzept unseres Gründungsdirektors Josef Schepers ist so ausgereift, dass es heute noch trägt.
Es wurde beispielsweise früh festgelegt, dass das gesamte Gelände in Regionen aufgeteilt ist, die der tatsächlichen geografischen Lage in Westfalen entsprechen. Das Paderborner Dorf befindet sich daher im Osten des Geländes, der Osnabrücker Hof im Norden, das Sauerländer Dorf und der Siegerländer Weiler im Süden."
Das Herzstück kommt aus Oberbrodhage
Das Herzstück der Ravensberger Hofanlage soll einmal das Haupthaus Oberbrodhage von 1813 aus Bielefeld-Gellershagen sein, das mit seinen 14 Metern Breite und 30 Metern Länge in etwa die Größenordnung des Gräftenhofes hat. Ein Speicher, eine Scheune und ein Schuppen, alle aus der Zeit um 1800, sowie ein Backhaus und ein Schweinehaus sollen die Hofanlage ergänzen.
Wann die Gebäude einmal aufgestellt werden, ist unklar. „Das ist absolute Zukunftsmusik. Die Hofanlage ist in der Museumsentwicklungsplanung drin, einen Termin gibt es aber nicht", berichtet Pressesprecherin Ruth Lakenbrink. Bis dahin lagern die Gebäudeteile auf dem Gelände des Freilichtmuseums.
Als nächstes widmen sich die Mitarbeiter dem Aufbau anderer Bauwerke, beispielsweise eines Aussichtsturms am Rande des Sauerländer Dorfes. Auch dabei gibt es einen historischen Hintergrund, nämlich die Anfänge des Tourismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Gerade im Sauerland hat es, wie Dr. Hubertus Michels von der Bauvorstellung des Freilichtmuseums nach dem Bekanntwerden der Pläne im vergangenen Jahr erklärt hatte, eine große Begeisterung für Landschaft gegeben und in der Folge seien vielerorts Aussichtstürme entstanden.
Da die originalen Bauwerke von damals fast alle nicht mehr stehen, soll es in den kommenden Wochen einen Nachbau nach historischem Vorbild geben, den die museumseigenen Zimmerleute selbst errichten. Dies soll ab Ende Februar geschehen. Voraussichtlich Ende Mai soll der Turm eröffnet werden.