Detmold. Seit Januar müsste die Stadt den Vorsitzenden der kommunalen Ausschüsse eine zusätzliche Aufwandsentschädigung zahlen. Das Land hat die entsprechende Verordnung novelliert. Damit soll der zusätzliche Arbeitsaufwand der Ausschussvorsitzenden gewürdigt und das Ehrenamt gestärkt werden. Das würde sich für Detmold auf zusätzlich 41.774,40 Euro im Jahr summieren. Die Ratsfraktionen diskutieren die Verordnungsnovellierung kontrovers.
Denn die veränderte Verordnung erlaubt, dass die Lokalpolitiker sich für bestimmte Ausschüsse gegen die Zahlung der Vorsitzenden-Pauschale entscheiden können. Die Fraktion der Detmolder Grünen möchte, dass für keinen Ausschussvorsitzenden eine zusätzliche Pauschale gezahlt wird, und bringt einen entsprechenden Antrag in die Ratssitzung am Donnerstag, 16. Februar, ein. "Die Förderung und Anerkennung des Ehrenamts über zusätzliche pauschalierte Geldleistungen [...] kann eher zu einer gesellschaftlichen Abkehr der Bürgerinnen und Bürger von ihren gewählten Vertretungen führen", schreiben die Grünen in der Begründung. Außerdem verweisen sie auf die klamme Finanzlage der Stadt.
"Natürlich ist es viel Geld", sagt Jörg Thelaner, Fraktionsvorsitzender der CDU. "Wir sind aber der Meinung, dass man den Vorsitzenden das Geld zugestehen muss." Der Arbeitsaufwand steige, weil kommunalpolitische Themen immer komplexer würden. "Dass dieser Antrag von den Grünen kommt, ist nicht verwunderlich, weil sie nur einen Ausschussvorsitz haben", sagt Thelaner. "Wir haben drei, die SPD fünf. Wir profitieren also mehr davon."
Die SPD möchte sich noch nicht zum Thema äußern. "Aus meiner Sicht ist die Rechtslage noch nicht geklärt", sagt Harald Matz, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Er spielt darauf an, dass es landesweit Stimmen gibt, die sagen, dass die in der Verordnung eingeräumte Möglichkeit, einzelne Ausschüsse von der Zahlung auszunehmen, nicht automatisch erlaube, alle auszunehmen. Die Stadtverwaltung erwartet Ende der Woche einen klarstellenden Erlass des Innenministeriums. "Die ausgenommenen Ausschüsse müssen in der Hauptsatzung der Stadt stehen", erklärt Gabriele Licht vom Team Rat und Recht. "Die ändern wir ungern so oft - und wenn, dann gerne rechtssicher."
Die FDP würde den Ausschussvorsitzenden das Geld gerne zahlen. "Ich war selbst lange Ausschussvorsitzender. Ich weiß, was das für ein Mehraufwand ist", sagt Thomas Trappmann. "Vorsitz heißt ja nicht nur Sitzungsleitung, sondern dass man immer intensiv Kontakt zur Verwaltung hält."
Unterstützung bekommen die Grünen für ihren Antrag von den Freien Wählern und von der Fraktion Die Linke. Das zusätzliche Geld sei den Bürgern nicht zu vermitteln. "Düsseldorf hätte die Verordnung eindeutiger machen sollen und die Höhe der Entschädigung vielleicht auch an die Häufigkeit der Ausschusssitzungen koppeln können", bemerkt Rüdiger Krentz, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Für Evelyn Menne, Fraktionsvorsitzende von Die Linke, ist die Verordnung auch ein weiteres Beispiel dafür, wie kleine Parteien in der Lokalpolitik benachteiligt würden. Sie stellen fast nie Ausschussvorsitzende.
Einig sind sich alle Politiker, dass es nur heißen kann: alle oder keiner. Nur einzelnen Vorsitzenden das Geld zu verwehren, das möchte niemand entscheiden.
Kommentar: "Kommunalpolitik attraktiv halten"
von Jost Wolf
Würden Sie gerne nach dem beruflichen Feierabend regelmäßig noch ein paar Stunden dranhängen und sich im Stadtrat oder in diversen Ausschüssen mit Detmolder Themen und mit viel Bürokratie beschäftigen? Würden Sie? Glückwunsch, Sie sind eine Ausnahme. Für die meisten Bürger ist das Ehrenamt Lokalpolitiker nicht sonderlich attraktiv. Auf der politischen Bühne tummeln sich oft die selben Verdächtigen. Weil Demokratie aber von Meinungsvielfalt lebt, ist es wichtig, auch Neulinge für Lokalpolitik zu interessieren. Das geht nicht nur, aber auch übers Geld. Die zusätzliche Entschädigung für Ausschussvorsitzende ist deshalb ein richtiger Schritt. Die Gremien beschäftigen sich besonders intensiv mit lokalen Themen, und ein guter Vorsitzender muss ständig am Ball bleiben. Dafür sollte eine Stadt wie Detmold etwas zusätzliches Geld übrig haben.