Detmold. Es ist eines dieser kleinen Nischenunternehmen, die der gemeine Lipper kaum kennt. Obgleich es eine lange Tradition aufweist, mitten in der Detmolder Innenstadt zu Hause und obendrein erfolgreich ist: der Verlag Moritz Schäfer.
Seit mehr als 150 Jahren verlegt er Fachzeitschriften für Mühlenbetreiber und die Getreidebranche, die Schriften des Bundesverbandes Deutsche Wasserkraftwerke, ein Quartalsmagazin für erneuerbare Energien sowie Fach- und Kinderbücher, Kalender und DVDs. Vom Portfolio her also mitnichten ein Fachverlag für ein Spezialpublikum.
Die Verlagsgeschichte
Im April 1844 hatte der Leipziger Carl Ernst Schäfer eine Buchhandlung gegründet und bald darauf begonnen, auch Bücher zu verlegen. Sein Bruder Gustav Moritz übernahm später die Leitung des Betriebes und gab 1863 die erste Ausgabe der Wochen-Fachzeitschrift „Die Mühle" heraus. Es erfolgte die Umbenennung in „Verlag Moritz Schäfer", der sich fortan auch anderen Themen, wie Numismatik oder Elektrotechnik, widmete. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten Hans Kunis und Karl Lieberwirth den Verlag als GmbH in Detmold weiter. Parallel zur „Mühle" erschienen Fachbücher und Broschüren. Müllermeister Reinald Pottebaum ist 2006 in den Verlag eingestiegen. (mah)
Erneuerbare Energien, E-Mobilität und auch Wasserkraftwerke sind hochaktuelle Themen. Das weiß auch Geschäftsführer Reinald Pottebaum: „Klar haben wir vor allem Leser aus der Branche, hauptsächlich Müller. Aber auch die anderen Magazine haben moderne Themen, da sehe ich unsere Zukunft. Auch nur ein paar im Garten selbsterzeugte Kilowatt bringen was für die Energiewende."
Freie Autoren liefern die Texte zu, Experten fassen Referate von Tagungen zusammen, es gibt Informationen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz, Technik-Tipps, Beispiele gelungener Mühlen-Wiederbelebungen oder von privat gebauten kleinen Wasserwerken am Bach nebenan.
Der Verlag Moritz Schäfer sieht sich im Hauptgeschäft jedoch als „unabhängiges Sprachrohr für die gesamte Mühlenwirtschaft Mitteleuropas, samt deren Organisationen und Institutionen". „Mühle und Mischfutter" erscheint alle 14 Tage in einer Auflage von 2500 und wird in 37 Länder verschickt, hauptsächlich an Betriebs- und Produktionsleiter. Das Blatt hat viele Abonnenten in Österreich und der Schweiz, dass es nur in deutscher Sprache erscheint, schmälert den ersten Platz auf dem Fachzeitschriften-Markt nicht, Mitbewerber in Deutschland fehlen.
Pottebaum und sein Team machen die Blätter von ihren Büros in der Paulinenstraße aus; die Hauptschriftleitung sitzt in Ruhpolding, und die beiden Redakteurinnen Simone Kraft und Annette Schwartmann redigieren die Seiten. Gedruckt werden die Magazine in Thüringen.Im März kommt eine weitere Fachzeitschrift hinzu: „Getreide, Mehl und Brot". Sie wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Züchtung bis zum Endprodukt Brot abdecken. Herausgeberin ist die „Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung", die auf dem Detmolder Schützenberg beheimatet ist. Außerdem will der Verlag künftig – gegen Gebühr – seine Publikationen online stellen, um den heutigen Lesegewohnheiten entgegenzukommen. Und: Die Reihe „Wasserkraft und Energie" soll in den kommenden Jahren auch in englischer Sprache erscheinen: „Da sehen wird das größte Wachstumspotenzial."
Bange ist Pottebaum also nicht um die Zukunft. Eine englische Publikation wäre übrigens eine Reminiszenz an ganz alte Zeiten des Verlages: Vor 150 Jahren hat er mal Shakespeares gesammelte Werke publiziert. Die Bände hatte ein Hesse auf dem Dachboden gefunden, sie stehen nun in Reinald Pottebaums Büro.