Morbider Humor und die große Liebe: Das war die Premiere von "The Addams Family"

Detmold. Familie Beineke ist völlig verloren. Seit Stunden irren die drei durch den Detmolder Palaisgarten, doch die Suche nach dem Haus der Familie Addams gestaltet sich äußerst schwierig. Schließlich erreichen sie endlich das alte Anwesen, dessen wuchtige Tür von Butler Lurch (Klaus Belzer) geöffnet wird. Der Abend soll besonders werden, denn Sohn Lucas Beineke (Nando Zickgraf) will seinen Eltern endlich seine große Liebe vorstellen: Wednesday Addams, Spross der verqueren dunkelheitsliebenden Familie, die in den 1960er Jahren weltweit Fernsehzuschauer vor die Mattscheibe gezogen hat. Zwei Welten prallen aufeinander in dem Musical, das am Freitag im Detmolder Landestheater Premiere gefeiert hat.

"The Addams Family", 2010 am Broadway uraufgeführt, entführt in eine ganz eigene Welt. Sowohl musikalisch, mit Stücken, die von lateinamerikanischen Rhythmen bis hin zum eingängigen Titelsong der damaligen Fernsehshow reichen, als auch durch die Liebe zum Detail, die Katrin Wittig und Valerie Hirschmann mit Bühnenbild und Kostümen beweisen. Denn: Schaut man genau hin, entdeckt man im Hintergrund die Silhouette von Detmolder Wahrzeichen wie dem Rathaus, dem Schloss und eben dem Landestheater. Eben dieser kleine Kniff des Regisseurs Götz Hellriegel, das Stück in die Region zu holen, macht es noch ein bisschen liebenswerter und die Witze noch etwas unterhaltsamer.

Auf den ersten Blick mag das Bühnenbild ein wenig spartanisch daher kommen, doch sobald die vielen Tänzer und Chormitglieder in Form der geisterhaften Ahnen der Familie Addams auf die Bühne strömen, füllen sie den Raum so präsent aus, dass der Zuschauer nichts zu vermissen hat.

Zwei Mütter geben alles Unter diesen Voraussetzungen geht es für die beiden ungleichen Familien Beineke und Addams auf eine Reise ins Ungewisse. Die Eltern beider Seiten sind nicht gerade glücklich mit der Partnerwahl ihrer Kinder. Morticia Addams (Silke Dubilier) fühlt sich eh viel zu jung, um Mutter einer verheirateten Tochter zu sein, und Malte Beineke (Andreas Jören) möchte am liebsten sofort die Flucht antreten, als er die unheimlichen Wohnverhältnisse der Addams entdeckt.

Und dann wäre da noch Wednesdays Bruder Pugsley (Gunnar Frietsch), der seine Schwester nicht an einen Fremden verlieren will - oder viel mehr nicht darauf verzichten will, von ihr gequält zu werden. Er stibitzt eine Tinktur von seiner Oma, die Wednesdays dunkle Seite wieder zum Vorschein bringen soll. Doch das geht tüchtig daneben..

Das Stück liefert alle Voraussetzungen für eine gelungene Inszenierung - und die Detmolder Crew weiß das umzusetzen. Zu Beginn hat das Orchester, unter Leitung von Mathias Mönius, noch ein paar kleinere Timing-Probleme mit der Musik von Andrew Lippa, doch diese sind kaum der Rede wert. Nicht zuletzt aufgrund der fantastischen gesanglichen Leistungen insbesondere der weiblichen Charaktere. Silke Dubilier als Morticia Addams und Brigitte Bauma als Alice Beineke singen sich die Seelen aus dem Leib und verkörpern ihre Rollen mit soviel Inbrunst, dass man meinen könnte, die Rollen wären eigens für sie geschrieben worden. Das quittiert auch das Publikum in der Premiere mit tosendem Applaus. Mit Patrizia Unger in der Rolle der Wednesday Addams steht ein weiterer gesanglich sehr starker Part auf der Bühne. Einzig die düstere Seite der Rolle will man der Schauspielerin nicht ganz abnehmen. Das gleiche gilt für ihren Liebsten Lucas Beineke, gespielt von Nando Zickgraf.

Der Humor sitzt Nicht unerwähnt bleiben darf Christiane Kampwirth, die mit ihrer Interpretation der Grandma Addams den Vogel abschießt. An Skurrilität ist dieser Charakter wohl kaum noch zu überbieten. Tippelnd huscht sie über die Bühne, verrät im kurzen Seitendialog mit dem Publikum, ganz in Tradition der Commedia dell'arte, dass sie noch lange nicht genug vom Leben hat und sicherlich noch einen rüstigen Rentner findet, der Lust auf sie hätte. Und auch Randy Diamond als Gomez Addams mimt die innere Zerrissenheit zwischen liebevollem Vater und heißblütigem Ehemann in perfekter Manier.

Der Humor der Addams Family ist zum Teil derb, aber die Witze sitzen. So sind bei der ausverkauften Premiere laufend laute Lacher aus dem Publikum zu hören - teilweise so lang anhaltend, dass die Schauspieler kurz pausieren müssen. Doch neben all dem Humor werden auch ernste Töne angeschlagen. Schließlich ist das Lieblingsthema der Addams der Tod. Der ist zwischendurch gleich in vierfacher Ausführung auf der Bühne vertreten. Und für das junge Liebespaar stehen die Sterne nicht immer günstig. Denn auf ihrer Seite wissen sie nur Onkel Fester (Simon Staiger), der allerdings selbst mit seiner unerfüllten Liebe zu kämpfen hat.

Wer wissen will, wie es für die Addams und die Beinekes ausgeht, sollte sich noch Karten für eine der nächsten Aufführungen von "The Addams Family" im Detmolder Landestheater besorgen. Aber Vorsicht mit dem Sekt in der Stückpause, denn "der Tod steht um die Ecke" - verrät Morticia Addams augenzwinkernd.

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