Junge Familie wagt den Umbau eines Denkmals in Detmold - und lebt ihren Traum

Detmold-Klüt. Für Nick Pyka war es Liebe auf den ersten Blick. Als er das alte Fachwerkhaus an der Braker Straße zum ersten Mal sah, zugewuchert, ziemlich heruntergekommen, nur in Teilen bewohnt. Da wusste er trotz allem sofort, dass er es haben wollte. Er holte seine Frau ins Boot, investierte viel Geld - und noch mehr Zeit. Und führt heute in unserer Serie &bdquo;Leben im Denkmal“ stolz durch die sanierten Räume des denkmalgeschützten Baus von 1666. Mit Ehefrau Michelle, den drei Kindern im Alter von drei, vier und sieben Jahren und Hund "Klee" bewohnt er die gut 220 Quadratmeter Wohnfläche.

Durch das hohe Dielentor aus Glas fällt Licht in die weitläufige Deele, auf dicke Eichenbalken, die Backsteinwand an der sonst offenen Küche, den langen Holztisch mittig im Raum, die urige Holzkommode. Der Blick wandert nach oben aufs Zwischengeschoss, das Pyka eingezogen hat – hier geht es über die offene Treppe und eine Art Galerie in die Schlafräume der Familie, zum Dachboden, der noch ausgebaut werden soll. Ins Kinderzimmer der zwei Jungs, das Pyka als nächstes fertigstellen will.

Fußboden aus der Erbauungszeit Der Fußboden in Tochter Junas Zimmer muss noch aus der Erbauungszeit sein, sagt Pyka und zeigt auf klobige Eichennägel. Und auch die Schlafzimmertür hat einige Jahrhunderte auf dem Buckel, gerade deshalb durfte sie bleiben: Obwohl sie Pyka gerade mal bis zum Kinn reicht, hier heißt es Kopf einziehen.

2016 hat Pyka das Haus, das genau auf der Grenze zu Lemgo steht, für 85.000 Euro gekauft, gut eineinhalb Jahre hat es allein gedauert, zunächst alles zu entkernen, zurückzubauen und Materialien zu sichern, die wiederum an gleicher oder anderer Stelle erneut zum Einsatz kommen sollten. &bdquo;Ich wollte so viel wie möglich so machen, wie es 1666 war“, sagt er.

Dabei kam die Leidenschaft für alte Gebäude bei Pyka, der zur gleichnamigen Lemgoer Bäckerfamilie gehört, eher zufällig. Der gelernte Bäcker, 35 Jahre, Tattoos am Arm, wollte eigentlich Fußballer werden. Als er mit seiner damaligen Freundin und jetzigen Frau, die alle nur &bdquo;Milli“ nennen, eine denkmalgeschützte Wohnung in Lemgo saniert, entwickelt sich das Faible. &bdquo;Ich habe gemerkt, dass mir das Handwerkliche liegt, die Planung und das ökologische Bauen“, sagt er. Denn gerade auf letzteres lege er viel wert: &bdquo;Auch da, wo man es am Ende nicht sieht.“ Bei der Dämmung zum Beispiel.

Heiratsantrag und Hochzeit im alten Gemäuer Als sich dann Tochter Juna ankündigte, sollte mehr Platz her, ein Garten. Ein altes Bauernhaus durfte es sein, gerne ein Denkmal. &bdquo;Wir wussten ja, was auf uns zukommt.“ 2016 schlägt Pyka zu, kurz nach dem Kauf macht er seiner Milli hier einen Heiratsantrag, 2017 heiraten die beiden mitten auf der Baustelle.

Ein kleiner Teil des Hauses war bis zuletzt bewohnt, der Großteil jedoch hat dringenden Sanierungsbedarf. Im jetzigen Bad, in dem uriges Ambiente auf moderne Elemente trifft, ist es damals so feucht, dass Grünzeug wächst. Pyka macht Wände auf, saniert das komplette Haus vom Boden bis zum Dach von Grund auf. Rund 200.000 Euro steckt in Material und Co. Klar: Die Eigenleistung müsse man da natürlich noch on top rechnen.

Entstanden ist ein lichtdurchflutetes Paradies, in dem Holz und Stein dominieren. Im Gästebad dient ein ehemaliger Trog als Waschbecken, im zweigeteilten, gemütlichen Wohnzimmer fällt der Blick durch zig Fenster in den riesigen Garten. Ein großes Sitzfenster aus Stahl hat sich Pyka von der Denkmalbehörde genehmigen lassen, es ist der Hingucker in der Essecke. Überhaupt: Die Zusammenarbeit mit der Detmolder Behörde sei vom ersten Gespräch an absolut unkompliziert gewesen, lobt er.

"Jeder kann das" Er wolle daher auch anderen Mut machen, einen solchen Umbau zu wagen. Er sei schließlich auch nicht vom Fach. Aber er wollte es einfach unbedingt. &bdquo;Auch junge Leute sollten sich von der Arbeit nicht abschrecken lassen. Wir unterschätzen uns. Jeder kann das“, ist er überzeugt.

Aber natürlich habe es Momente gegeben, als alles zu viel wurde. Noch während der Bauphase macht sich Pyka als Möbeldesigner selbstständig. Parallel arbeitet er Vollzeit bei einem Möbelhersteller, um den Hausumbau zu finanzieren. Sohn Michel wird währenddessen geboren, ein halbes Jahr vor Einzug kündigt sich mit Sohn Bo das dritte Kind an. Nach der Arbeit geht es für Nick Pyka immer auf die Baustelle.

Eigentlich bringe ihn ja wenig aus der Ruhe. &bdquo;Aber da waren wir am Limit“, ist er ehrlich. Aber jeden Sommer mit den Kindern im weitläufigen Garten wächst die Vorfreude auf den Einzug mehr. Die Familie hält zusammen, meistert die Herausforderung, den Stress, die Dauerbelastung. Und zieht nach viereinhalb Jahren Bauzeit im August 2020 endlich in ihr Traumhaus.

Freiheit genießen &bdquo;Das Flair ist unglaublich“, sagt Pyka während er stolz durch die Räume führt. Die Familie genieße das Leben auf dem Land, die Freiheit. &bdquo;Und es hat auch etwas Esoterisches in einem geschichtlichen Haus zu wohnen“, sagt er. Sich zu fragen, wer hier über Jahrhunderte alles schon gelebt und geliebt habe... Er will eine Lanze für alte, auch denkmalgeschützte Häuser brechen. Man müsse umdenken, ökologischer und nachhaltiger planen und bauen, sagt er – und damit eben langfristig und auch an nachfolgende Generationen denken.

Im Moment ist Pyka dabei, die Gefache an der Außenfassade zu erneuern, auf lange Sicht will er noch zwei alte Gebäude, die einmal auf dem Gelände standen, wieder aufbauen. Es gibt noch genug zu tun. Aber noch mehr zu genießen. &bdquo;Wir leben hier unseren Traum.“

Familie öffnet ihre Türen zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag Das Vierständer-Längsdielenhaus von 1666 an der Braker Straße 201 gehört zum ehemaligen Meierhof Röhrentrup. Darauf verweisen in den Sturzriegel geschnitzte Wappen sowie der inschriftlich dokumentierte Erbauername Herman Adolf Böger, heißt es in der Denkmalwertbegründung. Böger soll hier bis ins hohe Alter mit seiner Frau Anna Ilsabein Menckhausen gelebt haben, erzählt der jetzige Eigentümer Nick Pyka.

Nach einem Brandschaden, der sich laut Pyka zwischen 1700 und 1800 ereignet haben könnte, wurde das Gebäude südlich etwas gekürzt und die südliche Giebelwand sowie die westliche Traufseite aus Ziegelsteinen hergestellt. Die südöstliche Traufseite sowie die Torseite nach Nord-Osten sind in Fachwerkbauweise erhalten. Seit 2015 steht das Haus unter Denkmalschutz.

Familie Pyka nimmt am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 10. September, teil und öffnet dann die Türen zu ihrem Haus an der Braker Straße 201.

Alle Teile der Serie "Leben im Denkmal" gibt es hier zu lesen .

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