Besondere Einblicke: So bereitet das Freilichtmuseum Detmold den Museumsadvent vor

Detmold. Mit spitzen Fingern zupft Karin vant Hull eine silberne Kugel aus einer grauen Schachtel. Es raschelt und knirscht. Behutsam hebt sie den Christbaumschmuck aus seiner Verpackung. Mit der freien Hand sucht sie nach einem geeigneten Zweig, der dem Gewicht der Kugel gewachsen sein könnte. Das fällt leicht, das hauchdünne Glas wiegt nahezu überhaupt nichts. Damit die Kugeln nicht zu Bruch gehen oder sonstwie Schaden nehmen, tragen sie und ihre Kollegin Sandra Schollähn weiße Baumwollhandschuhe bei der Arbeit. Die beiden Restauratorinnen bereiten gerade die Stuben der Fachwerkhäuser im LWL-Freilichtmuseum nach historischem Vorbild auf den Museumsadvent vor.

Am Wochenende steigt nach drei Jahren Pause im Paderborner Dorf des Museums wieder der beliebte Weihnachtsmarkt . Die Besucher erwartet eine Atmosphäre, wie an Weihnachten um das Jahr 1900 herum. Anhand der geschmückten Stuben zeigt das Museumsteam, wie die Menschen vor rund 100 Jahren das Weihnachtsfest begangen haben. Insgesamt fünf Stuben haben die Restauratorinnen dafür detailgetreu in Szene gesetzt. Vier davon sind bereits fertig vorbereitet. Im Haus Stahl, in dem einst eine besser gestellte evangelische Familie gelebt hat, laufen die letzten Arbeiten. Das ehemalige Wohnhaus einer Weinbrennerfamilie war für Besucher lange nicht zugänglich, da es von Schädlingen befreit werden musste. Passend zum Museumsadvent ist es wieder geöffnet.

Während Ende des 19. Jahrhunderts bei vielen Familien noch Lebkuchen oder Zuckerkringel als Baumschmuck herhalten mussten und der Weihnachtsbaum mit dem Naschwerk an sich schon das Geschenk für die Kinder darstellte, änderte sich der Behang im Laufe des 20. Jahrhunderts deutlich. Papiersterne, Christbaumkugeln und auch Lametta, damals noch aus Blei, fand sich in den Zweigen der Weihnachtsbäume, die zumeist Fichten waren. Und nach und nach gab es auch &bdquo;richtige“ Geschenke.

Dekoration wechselt von Jahr zu Jahr &bdquo;Hier ist noch etwas Kleines. Ein Herz! Und hier sind noch Harfen.“ Sandra Schollähn kniet auf dem braunen Holzboden und durchstöbert eine Pappschatulle nach der anderen. &bdquo;Ein Tannenzapfen. Und zwei Vögelchen!“ Zum Vorschein kommen filigran gearbeitete Glasskulpturen, die ursprünglich in der Glasbläserstadt Lauscha in Thüringen gefertigt wurden. Umsichtig reicht sie die Figuren ihrer Kollegin. Die Restauratorinnen sind hoch konzentriert im Umgang mit den Exponaten. Nicht alle Stücke schaffen es am Ende an den Baum.

Viele Handgriffe der Restauratorinnen gleichen denen aus den vergangenen Jahren. Die Dekorationen sind jedoch von Jahr zu Jahr andere. Gerade die empfindlichen Exponate wie Spielzeug oder Kleidung bekommen die Besucher während der laufenden Saison oftmals nur sehr selten zu sehen. Sie werden nur zu besonderen Veranstaltungen wie dem Museumsadvent hervorgeholt. Doch solch eine Großveranstaltung ist für die Ausstellungsstücke nicht ganz ohne.

Wenn am Wochenende wieder rund 20.000 Menschen in den historischen Fachwerkhäusern ein und ausgehen, gehen viele Türen auf, und ebenso viele wieder zu. Sprich: die klimatischen Verhältnisse im Inneren der Stuben schwanken ununterbrochen. Tagsüber ist auch noch der Sonneneinfall in den Räumen ein Problem. &bdquo;Gerade Textilien sind sehr empfindlich, was Licht und Temperaturveränderungen angeht“, erklärt vant Hull. Auch die Puppenhäuser und anderes Holzspielzeug reagierten nicht gerade gut auf die winterliche Feuchtigkeit. Sammlungsleiterin Dr. Alice-Anna Schröder-Klassen erläutert: &bdquo;Allein schon durch diese Bedingungen ist es gar nicht möglich, die Stuben den ganzen Dezember über geschmückt zu lassen.“ Auch so sei der Aufwand für das Museumsteam bereits enorm. Alle der rund 60 Mitarbeiter, die außerhalb der Saison noch im Museum zu tun haben, seien bei den Vorbereitungen mit eingebunden.

Geschenke wurden verhüllt

Vant Hull und Schollähn machen sich an die Geschenke. Unter dem Weihnachtsbaum drapieren sie ein rotes Stofftuch, auf dem sie die Gaben anordnen wollen. So wurde es schon damals gemacht. Eingepackt wurde nichts. Stattdessen haben die Eltern lediglich ein loses Tuch darüber geworfen. &bdquo;Das machen wir aber nicht, die Leute sollen ja etwas sehen“, sagt vant Hull. Schollähn positioniert kleine Holzfiguren in einer Art Puppenhaus. Daneben ein Kleid mit Blütenmuster. Das die Bescherung bei den Evangelen in Westfalen an Heiligabend vollzogen wurde, bürgerte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts ein. Zuvor waren der 1. Weihnachtstag oder gar der Nikolaustag die Tage der Geschenke.

Und wie ist es für die Restauratorinnen? Haben sie nach all dem Schmücken nicht bald schon wieder genug von Weihnachten? &bdquo;Am Montag müssen wir dann ja alles auch wieder aufräumen. Das ist ein bisschen so, als wäre Weihnachten schon wieder vorbei“, lacht Karin vant Hull. Dann stülpt sie rasch noch eine weitere von den silbernen Christbaumkugeln an einen Fichtenzweig. Was jetzt überwiegt, ist die Vorfreude auf einen großartigen Museumsadvent im Freilichtmuseum.

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