So rettet eine junge Familie ein altes Haus in Detmold vor dem Verfall

Detmold. Nur wenigen dürfte das Gebäudeensemble an der Ecke Schubertplatz und Bielefelder Straße in den vergangenen Jahren ins Auge gesprungen sein. Eines davon ließ vom Zustand her zuletzt eher auf Abriss als auf Sanierung schließen. Der Bau, eine ehemalige Schmiede aus dem Jahr 1890, verbirgt sich hinter einem vorderen Wohnhaus. Vera Hesse hat sich des Ensembles angenommen. Sie sah früh etwas, das andere nicht wahrhaben wollten. Rückblickend spricht die jetzige Eigentümerin von einer Vision.

2015 zog Hesse, damals noch Innenarchitekturstudentin an der Technischen Hochschule OWL, in ein WG-Zimmer im Vorderhaus ein. Das Gebäude unterlag einem massiven Sanierstau, erinnert sie sich. Auch die alte Schmiede im Hinterhof lag voller Müll und war kaum mehr als eine Ruine. Dennoch hatte beides Potenzial. &bdquo;Viele kamen und meinten, man müsse etwas daraus machen, aber keiner tat es. Irgendwann wollte ich dem Haus nicht länger beim Verfallen zusehen.“

Nach einigen Jahren in der WG trat sie auf den damaligen Eigentümer zu, der nach einigem Hin und Her dazu bereit war, das Objekt abzugeben. Zugleich sei auch ein Investor an der Immobilie interessiert gewesen, der die alte Schmiede abreißen lassen und dort eine Jugendherberge errichten wollte. Doch der Eigentümer-Familie war laut Hesse daran gelegen, das Objekt in gute Hände zu geben. Sie entschied sich dafür, es an jemanden zu verkaufen, der die Substanz erhält. So übernahmen Vera Hesse und ihr Mann Sebastian schließlich das Grundstück, die verfallene Schmiede eingeschlossen.

Turm musste neu aufgebaut werden Seit 2023 ist die Familie nun dabei, das Hintergebäude grundlegend zu sanieren. Wände und Decken wurden bereits erneuert, der Dachstuhl ersetzt und die Statik gesichert. Besonders der kleine Turm, das Prunkstück des Baus, erwies sich als problematisch. &bdquo;Nachdem wir den Putz am alten Turm entfernt hatten und bereits mitten in der Sanierung des Gebäudes standen, stellten wir fest, dass der Turm vollkommen instabil war. Aus statischen Gründen musste er vollständig ab- und im Anschluss originalgetreu wieder aufgebaut werden.“ Das neue Dach des Turms wurde per Kran nach oben gehievt. &bdquo;Auch wenn es schön ist, das Gebäude wieder strahlen zu sehen, schwankt mein Gemütszustand seit Beginn der Arbeiten oft zwischen Nervenzusammenbruch und ’durchhalten!’“, gesteht Hesse.

Inzwischen sind die Fortschritte deutlich zu sehen. Im Inneren der revitalisierten Ruine laufen aktuell Arbeiten an Verputz, Elektrik, Wasser und Heizung. Vielerlei Auflagen - das Ensemble steht unter Denkmalschutz und ist erhaltenswerte Bausubstanz - machen das Projekt laut Hesse zu einer Mammutaufgabe, auch finanziell. Allein der Wiederaufbau des Turmes, der innendrin noch längst nicht fertig ausgebaut ist, habe schon rund 80.000 Euro verschlungen.

Zugleich stellte die Familie fest, dass ihr Bauprojekt in Verbindung mit der exponierten Lage des Objekts zu größerem öffentlichen Interesse geführt hat.&bdquo;Das Haus und die Renovierung sind mittlerweile in aller Munde, unser Vorhaben hat wirklich für Furore gesorgt“, sagt Hesse. Immer wieder würden Menschen aus Neugier auch ungefragt die Baustelle betreten. So wurde der Innenbereich der ehemaligen Schmiede laut Hesse sogar schon mit Graffitis beschmiert. &bdquo;Der Bauzaun wird leider einfach beiseitegeschoben. Nun muss ich mich zusätzlich um eine Einfriedung kümmern, dabei haben wir dafür gerade eigentlich gar kein Budget.“ Auch deswegen sammelt Hesse nun kleine Spenden über eine Crowdfunding-Aktion. Sie betont, dass es ihr dabei nicht um die Finanzierung ihres privaten Wohnens gehe, sondern um die Wiederherstellung des historischen Gebäudeteils, der schon jetzt dem Stadtbild zugutekommt.

Wie lebt es sich eigentlich in einem Denkmal? Das erfahren Sie hier in unserer Serie.

&bdquo;Wollten zeigen, was hier möglich ist“ Ursprünglich war geplant, einen gewissen Bereich des Hinterhauses auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denkbar wären dort laut Hesse kleine Veranstaltungen, etwa ein Weihnachtsmarkt für die Nachbarschaft, kleine Konzerte oder Kunstausstellungen gewesen. &bdquo;In Detmold gibt es so viele schöne, geschichtlich relevante Orte, doch bleiben viele davon unentdeckt und unzugänglich. Wir wollten zeigen, was hier möglich ist und dem Ort etwas zurückgeben.“ Aufgrund der baulichen Besonderheiten und entsprechenden Sicherheitsrisiken sind die Möglichkeiten auf dem Grundstück jedoch eingeschränkt und dürfen sich nur auf einen privaten Rahmen beschränken.

Im März möchte die Familie eigentlich in das Hinterhaus einziehen. &bdquo;Natürlich wird dann längst noch nicht alles fertig sein, wir werden hier sicherlich noch ein paar Jahre zu tun haben“, räumt Hesse ein. Auf die Frage, ob sie ein solches Projekt erneut beginnen würde, muss sie nachdenken und schließlich schmunzeln: &bdquo;Ich bin mir nicht sicher - aber ich glaube schon!“

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