Horn-Bad Meinberg/Vahlhausen. Im Ort Vahlhausen bahnt sich zum Ende des Jahres eine traurige Sensation an. Nachdem das Dorf mit seinen zwölf Höfen jahrhundertelang von der Landwirtschaft lebte, geht nun auch der letzte hauptberuflich aktive Landwirt in Rente. Ulrich Kützemeier (62) ist der letzte Bauer, der mit tatkräftiger Hilfe seiner Frau Monika (52) seine Milchviehwirtschaft aufrechterhalten hat.
Doch jetzt muss er – auch aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen – seinen Beruf, für den er die vergangenen Jahrzehnte gelebt hat, aufgeben und frühzeitig in Rente gehen. Spricht man mit Bauer Ulli über die Aufgabe der Milchkühe, schwingt Wehmut in seiner Stimme mit.
Vahlhausen ist ein Dorf mit einer außergewöhnlichen Struktur. Im vergangenen Jahrhundert lebten die Menschen auf den Bauernhöfen
von der Milchwirtschaft. Normalerweise fand sich immer ein Nachkomme als Nachfolger. Doch wie der Heimatverein recherchierte, wurden in den 1940er- bis 1960er-Jahren ungewöhnlich viele Töchter geboren (mehr als 30 Mädchen auf weniger als zehn Jungen), die dann „wegheirateten". So blieben die Höfe nicht in Familienhand, die Ländereien wurden verpachtet und die Gebäude vermietet. Bis heute wurden viele Bauernhöfe zu Wohnungen umgebaut.
„Unsere landwirtschaftliche Familientradition geht bis zum Jahre 1600 zurück. Ich bin der 23. Bewirtschafter. Als ich den Hof 1983 nach Abschluss meiner Meisterprüfung von meinem Vater übernommen habe, hatten wir 35 Milchkühe. Die haben wir in etwa auch immer gehalten", blickt Kützemeier zurück.
Für die Umwandlung in einen Großbetrieb habe er damals den Absprung verpasst, sagt er. Heute sei er froh darüber. Zwischenzeitlich hat der tierliebe Landwirt, der auf seinem Ponyhof Flammenkamp von 16 Ponys, Hunden und einem Katzenfindelkind umgeben ist, auf Biofleisch gesetzt. Doch in Lippe sei es damals schwer gewesen, das Bio-Fleisch zu vermarkten und die Verbraucher nicht bereit, mehr für die Produkte zu bezahlen. Deshalb sei er wieder zur normalen Produktion zurückgekehrt.
Für ihn habe immer das Tierwohl im Vordergrund gestanden, so gut wie man das als Landwirt umsetzen könne. Das Besondere: Kützemeier selbst isst kaum Fleisch. Das Klischee des Landwirts und Jägers, der täglich seine große Fleischportion braucht, passe nicht zu ihm. Kartoffeln könne er dafür in rauen Mengen verdrücken.
Sein Land verkaufen möchte er nicht und die Gebäude unbedingt erhalten. Sein Sohn Stefan (20) werde als Tischler vielleicht seine Werkstatt in den sonst bald verwaisten Ställen aufbauen. Tochter Lisa-Marie (23) sei wie Mutter Monika Kosmetikerin und ebenso pferdeverrückt. Ein paar der Milchkühe sollten in der Familie bleiben, der Rest werde verkauft.
„Ich war immer mit Herzblut dabei, mir war jedes Tier wichtig", sagt Kützemeier, als er die Herde auf der Wiese besucht. Wenn er an die Zukunft des Hofes denkt, wirkt er nachdenklich. Durch die vielen Ponykinder, die sich mit den Tieren beschäftigen, sieht er weiterhin viel Leben auf dem Hof. Doch die Ausflüge von Kindergarten und Grundschule, die den Jüngsten eindrucksvoll zeigten, dass die Milch aus dem warmen Euter der Kuh kommt, wird es wohl nicht mehr geben.