Horn-Bad Meinberg. Es ist das Jahr 1966, als sich Wolfgang Diekmann auf eine Stelle beim Landesverband Lippe bewirbt. Damals hieß der Verbandsvorsteher noch Heinrich Drake, der den jungen Mann zum Vorstellungsgespräch einlädt. Dort war Diekmann aber nicht allein, sondern traf auf einen Mitbewerber namens Klaus Stein. Es war der Beginn von zwei beispiellosen Karrieren in Lippe.
„Heinrich Drake hat uns damals auf Englisch angesprochen, worauf wir direkt reagieren konnten. Wir haben wohl keinen schlechten Eindruck hinterlassen", erinnert sich Diekmann. Obwohl es nur eine Stelle zu besetzen gab, wurden beide genommen. Stein, der 2016 in den Ruhestand gegangen war, landete bei der Verwaltung, Diekmann im Staatsbad, dessen Geschicke er mehr als 40 Jahre entscheidend prägte. Zuletzt 14 Jahre lang als letzter Kurdirektor, ehe er sich im Mai 2012 aus dem Berufsleben verabschiedete. Nur zwei Monate später hatte der Landesverband angekündigt, sich vom Staatsbad zu trennen. „Das tat schon weh", sagt Diekmann. „Schließlich sah man auch sein Lebenswerk kaputt gehen."
In all den Jahren habe das Bad Höhen und Tiefen erlebt, auf den die Verantwortlichen der Kurverwaltung wie Wolfgang Diekmann oder auch sein Vorgänger, Kurdirektor Horst Paulussen, reagieren mussten. „Ich kann mich sehr gut an die Hochzeiten erinnern, als wir eine Million Übernachtungen, eine Million Kurmittelabgaben und rund 40.000 registrierte Kurgäste hatten", sagt Diekmann. In den 1970er Jahren sei das gewesen. In dieser Zeit brummte der Kurbetrieb. „Zu Spitzenzeiten hatten wir fast 300 Beschäftigte", erinnert sich Diekmann. Auch wegen seiner drei Heilmittel – Mineralwasser, Kohlensäuregas und Moor – sei Bad Meinberg beliebt gewesen, letzteres vor allem bei Rheuma-Patienten. Hinzu kämen die Parkanlagen, die Kliniken, das Badehaus, Therapeuten und mehr. „Wo gab es das schon", sagt Diekmann.
Im Laufe der Jahre habe sich auch die Kur selbst von der klassischen Vorsorge hin zur ambulanten Reha entwickelt. Ergo- und Beschäftigungstherapie, asiatische Heilverfahren und andere Einflüsse hätten zunehmend eine Rolle gespielt. Auch darauf mussten sie in Bad Meinberg reagieren und sich auf Neues einlassen. Ein Beispiel dafür sei die Tinnitus-Behandlung, die Diekmann maßgeblich in Bad Meinberg mit installiert hatte und die nicht nur Patienten, sondern auch Experten aus aller Welt anlockte.
„Es hat immer Aufs und Abs gegeben, allerdings wurden die Abstände zuletzt immer kürzer", erzählt Diekmann. Wirtschaftskrisen, Kostensenkungsmaßnahmen und die Gesundheitsreform hätten sich spürbar auf den Kurbetrieb ausgewirkt. Schmerzhafte Erinnerungen löse auch heute noch die Bäderkrise 1996 aus, als vier Kliniken mit 1000 Betten schließen mussten. „Bad Meinberg war sehr erfolgreich. Aber ich glaube, dass man damit rückblickend nicht richtig umgegangen ist", sagt Diekmann. „Das Miteinander aller Beteiligten setzte oft erst ein, wenn es zu spät war. Vielleicht hat man sich auch zu sehr auf den Landesverband verlassen."
Trotz alledem richtet der Un-Ruheständler Diekmann den Blick nach vorn. Als Vorsitzender des Heimatvereins Bad Meinberg ist er nach wie vor im Ort aktiv. Ein großes Anliegen ist ihm das Moor. „Das hat uns hier viele Gäste gebracht", sagt Diekmann. Der Heimatverein hatte sich daher in Kooperation mit dem Landesverband, der Biologischen Station und der „GesUndTourismus Horn-Bad Meinberg GmbH" – die sich heute um die Kurverwaltung und das Stadtmarketing kümmert – um Instandhaltungs- und Pflegemaßnahmen im Moorgebiet Stinkebrink mit gekümmert. Der Heimatverein biete inzwischen Führungen an und hat ein Kinderprogramm dafür aufgelegt. „Das alles ist super angekommen", sagt Diekmann. Im Moor liege seiner Auffassung nach auch die Zukunft des Kurortes. „Wenn der Abbau und die Moortherapie wieder stattfinden könnte, wäre das eine tolle Geschichte. Da sehe ich eine Chance drin."
Persönlich
Wolfgang Diekmann ist gebürtiger Detmolder. Seit 1981 lebt der heute 67-Jährige allerdings in Bad Meinberg. Der ehemalige Kurdirektor ist Fan des 1. FC Köln und hat früher selbst viel Fußball gespielt. Daraus war auch seine Idee entstanden, 1978 die Betriebssportgemeinschaft Staatsbad zu gründen, die es heute immer noch gibt. Diekmann liebt Jazz-Musik, Kunst und Theater. Ein Grund, warum es zu seiner aktiven Zeit zahlreiche Kulturveranstaltungen gab und das Staatsbad ein eigenes Orchester hatte. Darüber hinaus spielt Diekmann gerne Badminton, fährt Rad oder unternimmt etwas mit seinen fünf Enkelkindern.