Großbrand in Bad Meinberg: Wie eine Bewohnerin Schlimmeres verhinderte

Horn-Bad Meinberg. Dass es bei dem Großbrand eines Mehrfamilienhauses in Bad Meinberg unter den 30 Bewohnern keine Verletzten gegeben hat, ist offenbar einer Bewohnerin zu verdanken, die morgens an allen Wohnungen im Haus Sturm geklingelt hat und den Notruf wählte.

&bdquo;Ich bin so kurz nach sieben, vielleicht Viertel nach sieben mit dem Hund raus zum Spazierengehen“, erzählt Vivian Beuse. Sie hatte dafür gerade ihre 24-Stunden-Schicht in einer Wohngruppe gegenüber kurz unterbrochen. Etwa 20 Minuten habe die Runde durch die Siedlung gedauert. &bdquo;Wir kamen dann zurück die Brunnenstraße hoch und ich dachte noch: Was knistert da so komisch?“, erinnert sie sich. &bdquo;Als ich um die Ecke kam und das Haus sah, brannte der Balkon schon. Als ich die Feuerwehr anrief, fragten die, ob noch Bewohner im Haus seien. Ich sah den vollen Parkplatz und wusste: Es sind alle da.“

Kurz entschlossen rannte Beuse ins Haus und nach oben und weckte den Nachbarn, auf dessen Balkon das Feuer nach den bisherigen Ermittlungen der Polizei mutmaßlich seinen Ursprung hatte . &bdquo;Ich habe noch seine Balkontür zugemacht, damit das Feuer draußen bleibt.“ Dann klingelte sie bei allen restlichen Wohnungen Sturm.

Rauchmelder lösen nicht aus Rauchmelder habe sie keine gehört, sagt Beuse: &bdquo;Es hat nichts gepiept.“ Dabei ist das gesamte Haus nach dem Umbau von einer Pension zu Mietwohnungen mit Rauchmeldern ausgestattet worden - auch auf den Fluren. &bdquo;Meine Wohnung war im ersten Obergeschoss ganz links. Ich hätte von dem Brand nichts mitbekommen“, sagt Beuse.

Nachgedacht hat Vivian Beuse über ihr Handeln in dem Moment nicht, wie sie im Nachhinein sagt. &bdquo;Aber ich kenne schwierige Situationen, weil ich Krankenschwester bin. Und vor 14 Jahren hat das Haus gebrannt, wo ich damals mit meiner Mama wohnte. Ich war allein zu Hause. Das war wie ein Flashback und ich hatte irgendwie einen Tunnelblick.“

&bdquo;Ich bin so froh, dass ich da heile raus gekommen bin - vor allem mit meinen Katzen!“, sagt Bewohnerin Chantal Heering dankbar. &bdquo;Zum Glück hatte ich Urlaub, sonst wäre ich bei der Arbeit gewesen.“ Und die acht Monate alten Kater Krümel und Elmo wären allein in der Wohnung gewesen. Gerade hatte sie beiden für etwas Auslauf an der frischen Luft den Balkon vergittert.

Spendenkampagnen auf &bdquo;GoFundMe“ Auf Facebook hat die junge Frau bereits das Nötigste für die Katzenkinder vermittelt bekommen : &bdquo;Einen Kratzbaum haben wir noch am Samstag abgeholt“, freut sich Heering. Aktuell ist sie wieder bei ihrem Vater ins Kinderzimmer eingezogen. Die Wohnungssuche läuft bereits. Ihre Mutter hat auf der großen Crowdfunding-Plattform &bdquo;GoFundMe“ eine Spendenkampagne organisiert. Vier weitere Spendenkampagnen für unterschiedliche Bewohner des Brandhauses finden sich dort.

Eine davon hat Jonas Boreck gestartet - für die junge Familie seines besten Freundes. &bdquo;Seine Freundin hat dort mit seiner Tochter und zwei Katzen gewohnt. Eigentlich wollten sie sowieso schon zusammenziehen. Das wird nun wohl etwas beschleunigt“, mutmaßt Boreck. Der Brand passierte, während die junge Familie gemeinsam einen Urlaub an der See verbrachte. &bdquo;Mein Haus liegt etwa 600 Meter Luftlinie entfernt“, berichtet Boreck. &bdquo;Ich habe morgens die Sirenen gehört und den Rauch gesehen und beide per Whatsapp gefragt, ob das wohl das Haus mit ihrer Wohnung sein kann.“ Nachdem die Feuerwehr ihren Einsatz abgeschlossen hatte, sei noch Löschschaum in der Wohnung im Erdgeschoss gewesen, berichtet Boreck. Und die Decke habe vom Löschwasser durchgehangen. &bdquo;Die ganze Babyausstattung war hinüber. Ich habe selbst zwei kleine Töchter und schnell das Nötigste zusammengesucht.“

Zwei große Brandlöcher in der Zimmerdecke Zur Arbeit muss Chantal Heering gerade nicht. Ihr Arbeitgeber hat die Auszubildende zur Bewältigung der Brandfolgen erstmal freigestellt. Gerade war sie in ihrer zerstörten Wohnung, um zu schauen, ob noch etwas zu retten ist. &bdquo;Oben in der Decke sind zwei fette Löcher reingebrannt“, berichtet sie. Die Möbel seien alle hinüber, zwei Ordner mit Dokumenten habe sie am Samstag noch retten können. Jeweils mit einem Aufpasser vom Ordnungsamt hätten die Bewohner ihre Wohnungen nach Abschluss der Löscharbeiten betreten dürfen. &bdquo;Das Blöde ist: In zwei Monaten habe ich Prüfung“, sagt die Auszubildende. Ihre Lernunterlagen? &bdquo;Irgendwo da drin“, sagt Heering und zeigt beim Ortstermin mit der LZ auf das Chaos im Wohnzimmer.

Ihre Wohnung im zweiten Obergeschoss gleicht einem Trümmerfeld. Beißender Brandgeruch hängt in der Luft, von überall tropft Löschwasser. Der Boden ist übersäht mit kaputten Dachziegeln und Resten von Dämmmaterial. Durch die Löcher in der Zimmerdecke sind verkohlte Reste des Dachstuhls und der Himmel zu sehen. Ein trauriges Piepen ist zu hören. &bdquo;Das war der Rauchmelder“, sagt Heering. Am Morgen des Brandes sei der allerdings still geblieben. Das wiederholte klägliche Piepen jetzt scheint nur die Batteriewarnung des Rauchmelders zu sein. Weiter unten im Flur ist an der Wand ein blauer Melder mit Einschlag-Scheibe montiert. &bdquo;Hausalarm“ steht in weißer Schrift darauf. Ein Zettel mit den Worten &bdquo;Außer Betrieb“ auf vier Sprachen steckt hinter der Scheibe.

Chantal Heering hatte Glück, denn ihre Wohnung liegt auf dem gleichen Stockwerk wie die Wohnung mit dem mutmaßlichen Brandherd. Ihr Fluchtweg die Treppe herunter muss direkt am Feuer vorbei geführt haben. &bdquo;Als ich raus bin, war das Feuer dort nur auf dem Balkon“, sagt Heering. &bdquo;Als ich unten vor dem Haus war und mich umdrehte, sah ich, dass schon die restliche obere Etage brannte.“

Gerüchte über die Brandursache &bdquo;Von Versicherungen haben wir noch gar nichts gehört“, sagt Heering. Eine eigene Hausratversicherung hätten nur ganz wenige Mieter. Soforthilfe muss also mit dem Geld aus der Spendenkampagne bezahlt werden, für das sie deshalb überaus dankbar ist. &bdquo;Mein Portemonnaie lag zum Glück im Auto meiner Mutter vor dem Haus.“ Das hat den Brand also unbeschadet überstanden, sodass der Zugriff auf Bargeld zumindest kein Problem darstellt.

Vivian Beuse gehört zu den wenigen, die gut versichert sind. &bdquo;Mein Berater hat sich auch schon gekümmert. Da kann ich mich nicht beklagen. Es gibt auch schon einen Termin für einen Gutachter. Die Polizei ermittelt aktuell wegen &bdquo;fahrlässiger Brandstiftung im Bereich des Balkons“ und schätzt die Schadenshöhe auf einen siebenstelligen Betrag. Chantal Heering hat Gerüchte von einer umgefallenen Kerze oder einer vergessenen Zigarette gehört.

Charleen Holzgrewe, die mit ihrer Freundin direkt unter der Dachgeschoss-Wohnung wohnte, in der der Brand mutmaßlich ausgebrochen ist, hat auch einiges zur Brandursache gehört. &bdquo;Die Gerüchteküche brodelt ja immer schnell“, sagt sie. Erst habe es geheißen, der Nachbar sei mit der Zigarette im Bett eingeschlafen. &bdquo;Aber er raucht immer nur auf dem Balkon. Wir können uns also nur vorstellen, dass eine aufgerauchte Zigarette dort nicht richtig aus war. Denn auf dem Balkon schläft bei den Temperaturen niemand ein.“

&bdquo;Es klang, als hätte jemand Möbel verrückt“ Das Klingeln der Nachbarin haben weder sie noch ihre Freundin gehört. &bdquo;Wir sind von einem Poltern über uns aufgewacht. Es klang, als hätte jemand Möbel verrückt“, erzählt Holzgrewe. &bdquo;Es knisterte auch so, dass meine Freundin sagte: ,Ich glaube, es regnet.’“ Ein Blick aus dem Fenster machte Holzgrewe dann aber schnell den Ernst der Lage klar. &bdquo;Im Schatten des Hauses konnte ich die Rauchwolken sehen.“

Schnell schnappten sich beide die Katzenboxen und versuchten, die drei Vierbeiner zu fangen. &bdquo;Die haben unsere Hektik natürlich bemerkt und wurden auch nervös. Eine versteckte sich unter dem Sofa.“ Die Fangaktion dauerte etwas. &bdquo;Wir gehörten mit zu den letzten Bewohnern, die das Haus verlassen haben.“

Auch sie durften am Samstag nach den Löscharbeiten in ihre Wohnung und schauen, was noch zu retten ist. &bdquo;Portemonnaies und Autoschlüssel hatten wir beim Rauslaufen mit den Katzenboxen zum Glück noch direkt vom Schuhregal gegriffen“, erzählt Holzgrewe. &bdquo;Alles, was nass geworden ist und wo der Gestank hineingezogen ist, ist nicht mehr zu retten“, sagt sie. Das betrifft alle Möbel. &bdquo;Da fangen wir wieder bei Null an.“ Bei der Kleidung seien vielleicht noch zehn Prozent zu verwenden.

Auch Straßenhündin Maya muss den Brand verarbeiten Holzgrewe ist derzeit mit beim Vater ihrer Freundin untergekommen. &bdquo;Wir suchen aktuell eine neue Wohnung, aber der Wohnungsmarkt ist klein - vor allem mit drei Katzen.“ Ihre beiden Arbeitgeber haben sie erstmal freigestellt und Holzgrewe hat von Arbeitskollegen auch schon unterschiedlichsten Hausrat angeboten bekommen. &bdquo;Auch vom Fressnapf haben wir einen Gutschein bekommen - und der Spendenlink läuft ja auch recht gut. Damit hätte ich nie gerechnet!“, bedankt sie sich bei allen Spendern.

Auch Maya, die Hündin von Viviane Beuse, hat die Aufregung letztlich gut überstanden. Selbstverständlich ist das nicht. Sie ist eine vom Tierheim vermittelte Straßenhündin aus Rumänien und sollte im neuen Heim eigentlich zur Ruhe kommen können. Beuse: &bdquo;Sie saß während des Brands zitternd und jaulend auf dem Parkplatz und hat auch gleich wieder Durchfall bekommen.“ Eine Freundin hat sich zwei Tage lang um die Hündin gekümmert, damit Beuse alles Notwendige erledigen konnte. Bislang wohnt sie in einer Ferienwohnung in Hiddesen, hat aber gerade die Zusage für eine neue Wohnung bekommen und kann die Schlüssel abholen. &bdquo;Die wird auch wieder in Bad Meinberg sein, aber leider nicht mehr ganz so günstig gegenüber meiner Arbeitsstelle liegen.“

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