Vom Kriegssender zum Lost Place: Die Funkzentrale auf dem Mönkeberg

Horn-Bad Meinberg/Kempen. Wer auf dem Mönkeberg wandert, findet unweit des Wanderparkplatzes Zollstockweg eine schmale, obstbaumgesäumte Zufahrt zum Gelände der ehemaligen Funksendezentrale 276. Älteren dürfte sie auch als &bdquo;Sender Primadonna“ bekannt sein: Ein Luftwaffensender, den viele in den letzten Kriegsjahren abhörten, um zu wissen, ob sie sich vor feindlichen Bombern in Sicherheit bringen mussten. Handgefertigte Karten mit einem speziellen Entschlüsselungsraster spielten dabei eine wichtige Rolle.

Auf dem Internet-Kartendienst Google Maps sind Gebäude auf der 424 Meter hohen Bergkuppe als &bdquo;Mönkeberg Training Centre“ eingetragen. Denn das war ihre letzte Verwendung: ein 1976 eingerichteter Ausbildungsstützpunkt der Bundeswehr. 2005 sollte daraus ein Jugendwaldheim entstehen. Daraus wurde genauso wenig etwas wie aus den 2009 bekannt gewordenen Plänen, auf dem ehemaligen Bundeswehr-Gelände straffällig gewordene Jugendliche unterzubringen und zu betreuen.

Stattdessen wird das Gelände aktuell als landwirtschaftliche Lagerfläche genutzt. Die Gebäude verfallen zusehends. Unkraut sprießt aus dem rissigen Asphalt. Ein Jeep Cherokee aus den 1990er-Jahren gammelt vor sich hin. Ein Kia-Lieferwagen ebenfalls. &bdquo;Seit 1992 dort die Bundeswehr abgezogen ist, verfällt alles“, sagt Johannes Glitz traurig. Er ist mit seinem Campingplatz &bdquo;Eggewald“ nächster Nachbar der Anlage und verbindet Kindheitserinnerungen mit dem Sender auf dem Mönkeberg.

Turnsendung-Gucken auf den Mönkeberg &bdquo;Ich war mit der Tochter des Dienststellenleiters Heinrich Meinert befreundet und schon als Fünfjähriger dort oben.“ Manchmal habe er in der Nachkriegszeit - 1947 übernahm die Bundespost den Sender als Funküberwachungsstelle - auf dem Mönkeberg Fernsehen geschaut, erinnert er sich. &bdquo;Die Sendungen des Kinder- und des Soldatensuchdienstes und ,Adalbert Dickhut turnt’.“ Und wenn die Zufahrt zum Sender im Winter zugeschneit war, musste Glitz mit zwei bis vier Pferden auf den Berg, um den Schneepflug zu ziehen. &bdquo;Das haben wir bis 1957 gemacht. Dann übernahm Familie Tito den Schneeräumdienst.“

Dass Heinrich Meinert nie Soldat, sondern technischer Angestellter war, hat es ihm ermöglicht, nach dem Krieg als Dienststellenleiter auf den Mönkeberg zurückzukehren. Denn als solcher war er auch bis 1940 bei der Funksendezentrale 276 Detmold-Mönkeberg tätig. Ab 1938 hatte er für die Luftwaffe den Aufbau des Senders auf dem Kempener Hausberg - getarnt als Wetterdienststelle - beaufsichtigt. Dessen zwei 70 Meter hohe Eisengittermasten waren weithin sichtbar. Auf den Türmen befanden sich Richtfunkeinrichtungen, zwischen ihnen wurden Drahtantennen für Langwellenfunk gespannt. Außerdem gab es vier im Rechteck aufgestellte 20 Meter hohe Holzmasten, die Drahtantennen für den Kurzwellenfunk trugen. Neben der Luftwaffe nutzte manchmal auch die Marine den Sender auf dem Mönkeberg. So soll das Schlachtschiff Bismarck von dort aus im Jahr 1941 den Versenkungsbefehl erhalten haben.

Sendezentrale für die Fliegerhorste der Umgebung Meinerts Familie wohnte im Dienststellenleiterhaus auf dem Mönkeberg. So erfuhr er im Heimaturlaub - er war seit 1940 nach Belgien und Nordfrankreich abkommandiert, um dort Richtfunkverbindungen aufzubauen -, dass 1943 auf dem Mönkeberg die Technik für den Luftwarndienstsender &bdquo;Primadonna“ installiert worden war. Die Befehlsstellen der Luftwaffe nutzten die im Land verteilten Funksendezentralen als externe Sender für die Führung ihrer Piloten und waren so selbst vom Feind nicht für eine Bombardierung anpeilbar. Die Anlage auf dem Mönkeberg bediente die umliegenden Fliegerhorste Detmold, Gütersloh, Paderborn, Störmede, Lippstadt und Bad Lippspringe.

Die Bevölkerung nutzte die mit normalen Radiogeräten empfangbaren Aussendungen ebenfalls, um sich rechtzeitig vor Tieffliegerangriffen in Sicherheit zu bringen. Der Sender meldete anrückende feindliche Flugzeuge mit &bdquo;verschlüsselten“ Planquadraten. Dass beispielsweise &bdquo;Ida - Siegfried - 3“ das Planquadrat für Detmold war, hatte die Bevölkerung aber schnell heraus. Handgefertigte Karten mit den entsprechend eingezeichneten Planquadraten machten die Runde. &bdquo;Primadonna meldet ... einzelner Aufklärer von Ida - Richard - 6 nach Ida - Siegfried - 2“, konnten die Lipper dann beispielsweise hören - und sich bei Bedarf in Sicherheit bringen.

In den 1950er-Jahren wurde dann vom Mönkeberg aus unter Regie der Bundespost die Jagd nach &bdquo;Schwarzhörern“ koordiniert. Mit speziellen Messwagen war die Post überall unterwegs und versuchte Haushalte ausfindig zu machen, die Radio hörten, ohne den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Außerdem horchte man vom Mönkeberg aus nach nicht genehmigten Sendeanlagen und fertigte regelmäßig Berichte über die aktuellen Ausbreitungsbedingungen, das sogenannte Funkwetter an.

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