„Das schönste Lob kommt von der Straße“ – Frank Plasberg bald zu Gast in Lippe

Kreis Lippe. Frank Plasberg war einer der bekanntesten Moderatoren des Landes. Mit &bdquo;hart aber fair“ hat er das Format des Polit-Talks geprägt wie kaum ein anderer. Heute ist er nicht mehr im Studio, sondern im Ruhestand. Und, wenn dieser es zulässt, auf dem Wasser – mit einem historischen Boot, das Plasberg teils selbst restauriert hat.

Die LZ erreichte Frank Plasberg irgendwo zwischen Köln und Wien auf dem Main-Donau-Kanal. Denn: Nach Günter Jauch und Reiner Calmund ist der Kölner Plasberg dritter Gast in der Talkreihe des lippischen Entertainers Louis Pawellek. Die Show mit Pawellek, Plasberg und dessen Frau, der Journalistin und Schriftstellerin Anne Gesthuysen, beginnt am Samstag, 27. September, um 19.30 Uhr, im Bad Meinberger Kurtheater. Der Kartenvorverkauf läuft.

Herr Plasberg, Sie haben gerade mit Ihrem Boot im Hafen festgemacht – extra für unser Telefonat?

Frank Plasberg: Extra dafür. Auf dem Wasser ist man ja doch immer beschäftigt. Zum Beispiel beim Schleusen. In den Häfen ergeben sich aber oft wunderbare Gespräche von Boot zu Boot – ich genieße diese zufälligen Begegnungen sehr. Beim Schleusen aber ist das Stress. Gerade hatten wir einen Höhenunterschied von 24 Metern.

Wie viele Schleusen sind das, von Köln bis Wien?

Frank Plasberg: Erst die Gegenfrage: Was glauben Sie, wie lange braucht man für die Strecke?

Das ist schwierig für mich zu schätzen. Mir fehlt die Erfahrung. Ich sage: eine Woche.

Frank Plasberg: Vier Wochen hin, vier Wochen zurück. Und es sind über 60 Schleusen, um auch Ihre Frage zu beantworten.

Ein ungewöhnliches Projekt. Was hat Sie dazu gebracht?

Frank Plasberg: Ich hatte da immer eine Leidenschaft. Früher haben wir Boote in Frankreich gemietet. Nun das eigene Boot, das wir zwischen Köln und Wien wie ein Linienschiff organisiert haben – mit wechselnden Mitfahrern: Freunden, Ex-Kollegen, Familie ... Das ist beglückend. Ich habe immer davon geträumt, Europa in der Langsamkeit zu erfahren.

Was heißt das für Sie?

Frank Plasberg: Über den Fluss wie die Donau oder über den Kanal kommt man immer von hinten in die Städte rein – das ist vielfältig. Man sieht Dinge, die man sonst nie entdeckt. Und über das Boot kommt man ins Gespräch, sowohl mit Freunden an Bord als auch mit Fremden an Land. Bei schnellen 15 und langsamen vier Stundenkilometern wird man geduldig und lernt viel, über sich selbst und die Menschen. Und zum Beispiel an der Walhalla bei Regensburg zu ankern, ist auch einfach nur schön.

Ist das Ihr Gegenentwurf zur Schnelllebigkeit der Medien, die Sie über Jahrzehnte geprägt hat? Vielleicht der Beweis an Sie selbst: Ich kann auch anders!?!

Frank Plasberg: Ja, vielleicht ist es das. Ein Gegenentwurf zur Aufgeregtheit, die immer wieder auf- und abebbt.

Mit &bdquo;hart aber fair“ haben Sie Maßstäbe gesetzt für politische Debatten im Fernsehen. Wenn Sie heute am Spielfeldrand stehen, wie würden Sie den Umgangston beschreiben? Noch fair oder nur noch hart?

Frank Plasberg: Na ja, die Situation ist nicht so viel anders als die, die ich in vielen Wahlkämpfen oder zum Beispiel auch in den Corona-Sendungen erlebt habe. Auch damals gab es tiefe Betroffenheit und heftigen Streit. Ich maße mir nicht an zu sagen, ob heute mehr blaue Flecken verteilt werden. Aber der &bdquo;Sofortismus“ in der Politik, der wirkt wie ein Brandbeschleuniger. So viel steht fest.

Was meinen Sie mit &bdquo;Sofortismus“?

Frank Plasberg: Es muss alles sofort kommentiert, bewertet, gefeiert oder verdammt werden. Politiker, Journalisten, oft auch Bürger – alle fühlen sich unter Druck, sofort zu reagieren. Das ist eben wie ein Brandbeschleuniger für Konflikte. Denn Differenzierung braucht Zeit. Und die fehlt oft.

Ebenso wie Distanz?

Frank Plasberg: Unbedingt. Engagierte Politiker hat es immer gegeben. Und ganz ehrlich? Die waren mir die Liebsten, weil sie sich auf der Bühne wirklich auseinandersetzen konnten. Heute aber erklären sich viele über moralische Abgrenzung – das ist bequem, denn man steht ja auf der richtigen Seite. Aber das löst keine Probleme.

Wie haben Sie es stattdessen gehalten?

Frank Plasberg: Mein Ziel war es nie, nur die bereits Informierten und Engagierten zu erreichen. Ich wollte nicht zur schönen Selbstvergewisserung beitragen, sondern mich überraschen lassen – und möglichst die Zuschauer mit. Klar, oft bin ich mit einer Meinung in die Sendung reingegangen, hatte viel zum Thema gelesen. Aber dann: Offen sein, die eigenen Schubladen aufräumen – im Positiven wie im Negativen. Das war mein Anspruch.

Gingen die Zuschauer das mit?

Frank Plasberg: Natürlich nicht immer. Aber mein schönstes Lob in Köln auf der Straße war immer dieses hier: &bdquo;Herr Plasberg, eigentlich wollte ich Sie nicht gucken. Aber das war interessant gestern. Da bin ich drangeblieben.“

Gab es auch eine Sendung, die Sie bereuen?

Frank Plasberg: Ja, und die ist inzwischen durchdiskutiert. Das war die Ausgabe mit der Philosophin Svenja Flaßpöhler. Sie war die einzige Stimme gegen eine Corona-Impfpflicht, ohne eine Impfgegnerin zu sein – und wurde regelrecht vorgeführt. Es war ein Tribunal. Vier gegen eine. Und ich habe nicht eingegriffen, sie nicht beschützt. Das war ein Tiefpunkt. Ich habe später verstanden, dass ich ihre Perspektive nicht erkannt habe. Das tut mir leid.

Wie sehen Sie die Rolle der Talkgäste, wenn sie mal wieder &bdquo;gegrillt“ werden?

Frank Plasberg: Mein Respekt gegenüber den Playern in der Demokratie ist während meiner Arbeit immer mehr gewachsen. Politiker müssen sich für ein oft vergleichsweise bescheidendes Gehalt beschimpfen lassen, anonym im Internet oder direkt auf der Straße oder im Restaurant. Politikerbeschimpfung ist ein Gesellschaftsspiel geworden. Wenn ich das mitbekomme, mische ich mich manchmal ein, halte dagegen – und blicke in erstaunte Gesichter.

Wie bewerten Sie die Kritik, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk politisch nicht ausgewogen sei?

Frank Plasberg: Das nehme ich auch als Kritik an mir – besonders an der Corona-Zeit. Es ist in Teilen nachvollziehbar, aber auch ein Ergebnis von Kampagnen der AfD und von sogenannten Querdenkern, die von &bdquo;Systemmedien“ sprechen.

Auch Ihnen gegenüber?

Frank Plasberg: Nun ja, ich erschrecke, wenn ich in den Häfen mit den Menschen in Kontakt komme und man spricht eine halbe Stunde über Boote, übers Leben – und dann kommt die Frage: &bdquo;Wo lassen Sie Ihre Fragen eigentlich absegnen?“ Diese Frage geht ja in Richtung Systemmedien. Wenn ich dann sage, niemand nimmt meine Fragen ab, es ist im Übrigen eine Live-Sendung, dann kommt als Antwort: &bdquo;Das musst du ja sagen, du lebst ja davon.“

Sehen Sie einen Kipppunkt in der Debatte?

Frank Plasberg: Durchaus. So ein Kipppunkt war sicher die Flüchtlingskrise. Die Berichterstattung war gut gemeint – aber die Stimmung im Land hat das schon sehr bald nicht mehr gespiegelt. Der Sündenfall war die Kölner Silvesternacht. Wenn Menschen ihre eigenen Erfahrungen nicht wiederfinden, entsteht Misstrauen gegenüber den Medien.

Durchaus eine kritische Haltung gegenüber unserer Zunft, der nicht wenige Gesinnungsjournalismus vorwerfen.

Frank Plasberg: ... und nicht immer zu Unrecht. Ich sage manchmal provozierend: Die vielfach von Journalisten geforderte Haltung ist ein Fall für den Orthopäden. Haltung im Journalismus ist nicht selten eine Tarnung für Aktivismus. Medien sollten zunächst mal informieren; sagen, was ist und nicht wie es sein sollte.

Information – das klingt auch der Faktencheck durch. Sie haben ihn ins politische Talkformat gebracht. Wie wichtig ist die Methode gerade heute?

Frank Plasberg: Alles, was zur Wahrheitsfindung beiträgt und Interviewpartner zur Wahrheitsliebe bringt, ist gut.

Unsere Zeitung hat gerade einen heftigen Shitstorm erlebt, weil sie die Aussagen von Bürgermeisterkandidaten, auch der AfD, durch den Faktencheck laufen ließ ...

Frank Plasberg: Ach, wissen Sie, wie viele Shitstorms ich erlebt habe? Irgendwann zählt man nicht mehr mit. Obwohl: Vielleicht kann man das heute nicht mehr so abtun, wenn ich an die gescheiterte Richterwahl fürs Bundesverfassungsgericht denke. Da spielen Kampagnen und Portale wie das des ehemaligen Kriegsreporters und Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, der irgendwo falsch abgebogen ist, durchaus eine Rolle. Wenn plötzlich eine CDU-Fraktion umfällt, dann ist das indirekt auch ein Effekt von Stimmungsmache in sozialen Medien.

Wie verändert Social Media die politische Meinungsbildung?

Frank Plasberg: Menschen finden ihre Informationen da, wo sie sie suchen. Deshalb unternimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch große Anstrengungen – etwa mit frischen News-Formaten. Wir dürfen uns nicht abwenden von TikTok & Co.

Haben Sie selbst Lust, als Podcaster oder als Youtuber noch mal einzusteigen?

Frank Plasberg: Nein, mein Bedarf an öffentlicher Aufmerksamkeit ist gedeckt. Schließlich habe ich seit 1988 Fernsehen gemacht, damals gemeinsam mit Christine Westermann. Also: Nein, ich möchte keinen Account aktiv mehr betreiben, wie es andere tun. Und meine Neugierde befriedige ich auch woanders, zum Beispiel, indem ich Einladungen wie die nach Horn-Bad Meinberg annehme.

Was verschlägt Sie in die lippische Provinz – außer Neugierde? Ich denke nämlich nicht, dass die Werre von der Weser bis Horn-Bad Meinberg schiffbar ist.

Frank Plasberg: Nein, ich komme mit dem Zug. Ich fand die Einladung originell. Und ich habe mich bei Günter Jauch erkundigt, wie sein Besuch bei Louis Pawellek war. Er hat gesagt: &bdquo;War sehr ordentlich, das können Sie machen. Da kommt was Gutes bei raus.“ Außerdem hat mein Opa mir als Kind oft von Bad Salzuflen und von Bad Meinberg erzählt. Er hatte so was wie die Goldene Kurnadel. Nun kann ich die Orte mal selbst sehen.

Persönlich: Journalist von der Pike auf Bereits als Schüler schrieb Frank Plasberg (heute 68) für die Rheinische Post und volontierte nach dem Abitur bei der Schwäbischen Zeitung. Nach seiner Zeit als Polizeireporter bei der Abendzeitung München studierte er ab 1980 in Köln unter anderem Theaterwissenschaften, brach jedoch nach der Zwischenprüfung ab, um sich wieder dem Journalismus zu widmen. Ab 1987 moderierte er die Aktuelle Stunde, später &bdquo;hart aber fair“, Quiz-, Wahlsendungen und Shows.

Tickets gibt’s ab 24,90 Euro bei der LZ &bdquo;Ein Abend mit Frank Plasberg – im Gespräch mit Louis Pawellek“ heißt es am Samstag, 27. September, ab 19.30 Uhr im Kurtheater Bad Meinberg, Parkstraße 10. Karten mit festem Sitzplatz gibt es in drei Preisklassen zwischen 24,90 und 29,90 Euro.

Der Vorverkauf läuft über die Lippische Landes-Zeitung, Tickethotline (05231) 911-113, das Event-Portal oder per E-Mail an kartenservice@lz.de. Eine weitere Verkaufsstelle ist die Tourist-Info in Bad Meinberg, Parkstraße 10, Tel. (05234) 20597-0.

Begleitet wird Plasberg, der aus &bdquo;hart aber fair“, aber auch diversen Talk- und Quizformaten und als &bdquo;Journalist des Jahres“ bekannt ist, von seiner Frau, der Bestseller-Autorin (&bdquo;Wir sind doch Schwestern“) und Journalistin Anne Gesthuysen (&bdquo;Aktuelle Stunde“). Talkmaster Louis Pawellek, der zuvor schon Günter Jauch und Reiner Calmund nach Horn-Bad Meinberg gelockt hat, verspricht seinen Besuchern &bdquo;lustige und spannende Geschichten“ des Paars Plasberg/Gesthuysen.

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