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Ausverkauf des Inventars vom "Filmpalast"

169 Sitze gehen weg wie warme Semmeln

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Schnell waren die Stühle abgebaut, und der Saal leerte sich. - © Foto: Gocke
Schnell waren die Stühle abgebaut, und der Saal leerte sich. (© Foto: Gocke)

Horn-Bad Meinberg (tog). Mit dem Ende des "Filmpalastes" ist in Bad Meinberg ein Stück Kinogeschichte verschwunden. Ein letztes Mal wurden die Türen noch geöffnet - und zwar zum "Ausschlachten" des Inventars.

Alles ist ein wenig anders als sonst an diesem Vormittag im Kleppergarten, der Straße vor dem Lichtspielhaus. Auf jedem freien Meter parken Kleinlaster, Fahrzeuge mit Anhänger und Kombis mit umgeklappter Rückbank. Dazwischen: eine ganze Schar meist jüngerer Menschen mit Schraubendreher, Maßband oder einem Polster in der Hand. Das Bild vor Ort erinnert irgendwie an einen Markt oder gar einen Basar - auch wenn hier kein Händler anzutreffen ist. Kaufen wollen hier aber alle etwas - insbesondere die klassischen Dreiersitze für 160 Euro sind heiß begehrt und schnell verschwunden.

Keine Stunde sollte es dauern und kaum eine Schraube saß noch dort, wo sie einmal war. Wo einst die Filmzuschauer mit der Eintrittskarte in der Hand auf der Suche nach ihrer Reihe und ihrer Sitznummer waren, ist jetzt der blanke Teppichboden zu sehen. Schwer hat es insbesondere Frank Stutzke, der mit dem Schrauben kaum noch hinterher kommt. Der Mitarbeiter des Kinos bringt sich nach Kräften in den letzten Akt "seines" Hauses ein und hilft den Besuchern, die nicht mehr gekommen waren, um einen Film zu sehen.

In dem Getümmel auf der schnell leerer werdenden Fläche scheint nur noch Günther Sondermann den Überblick zu haben. Anfangs, als alles noch sehr zügig läuft, ist die Auswahl für die potenziellen Käufer noch groß. Der Chef zeigt auf eine Reihe, nennt den Preis, kassiert, und schon darf geschraubt werden. Bald muss er dann aber bereits die ersten Absagen erteilen: "Das ist bereits verkauft", "das hat sich jemand telefonisch reserviert" - bis hin zum "Es ist nichts mehr da".

Die meisten Kinofans sind mit gemischten Gefühlen in den alten Vorführsaal gekommen: Einerseits gibt es Freude, hier ein ganz besonderes Möbel erstehen zu können, andererseits großes Bedauern über das Ende dieses klassischen Kinos in Bad Meinberg.

"Auch wenn es ein tragisch-trauriger Anlass ist, wollen wir hier Kinositze kaufen, um sie unserem Sohn zu schenken", sagt etwa Katrin zur Lippe, die mit ihrer Familie auch zu den ehemaligen Besuchern des Kinos gehörte. "Wir waren gerne hier, weil der Filmpalast ein unvergleichliches Ambiente hatte, welches in größeren Anlagen gar nicht mehr zu finden ist. Hier einen Film zu sehen, hatte immer etwas sehr Besonderes." Auch Anna Schäfer aus Horn ist unglücklich darüber, "dass es jetzt gar kein Kino mehr in der Stadt gibt", freut sich aber zugleich, zu den Glücklichen zu gehören, die hier noch etwas kaufen konnten.

Leicht war dieser Tag für das Betreiberehepaar Günther Sondermann und Elke Feldmann wohl nicht. "Wenn wir noch einigen Menschen etwas Gutes damit tun können, dann empfinde ich das als etwas Positives. Viel schwerer war für der Mittwochabend, als der Vorhang nach der letzten Vorführung gefallen war. Das war für mich der traurigste Augenblick", so Elke Feldmann.

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