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Rüde Hormonattacken

DAS INTERVIEW mit dem Kalletaler Olaf Bachmann zum "Frühlingserwachen" bei Tieren

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Tierische Frühlingsgefühle - © Lokales
Tierische Frühlingsgefühle (© Lokales)

Lippische Landes-Zeitung: Herr Bachmann, die Tierwelt erwacht genau wie die Natur zum Leben? Was passiert jetzt eigentlich in der Tierwelt?


Olaf Bachmann: Durch die länger werdenden Tage wird bei allen Tieren das hormonelle System aktiviert. Ab jetzt beginnt die Paarungszeit. Bei den Katzen ist die erste Rolligkeit schon wieder vorbei – denn damit die Maikätzchen pünktlich geboren werden können, müssen Katzen bei etwa 64 Tagen Tragezeit den März nutzen, um schwanger zu werden. Wer zudem auf Wiesen und Feldern spazieren geht, kann mit etwas Glück ein altes Ritual in diesen Tagen beobachten. Die Hasen werben nämlich gerade mit einem Hochzeitstanz um ihre Bräute. Auch die Zugvögel treffen langsam alle wieder ein und beginnen mit dem Nestbau.

LZ: Was sollten vor allem Hundehalter jetzt beachten? Teilweise sind sie an der Leine ja kaum zu beherrschen.

Bachmann: Ja, Hundehalter bekommen den Frühling deutlich zu spüren. Die Hündinnen werden läufig und hinterlassen überall Duftmarken beim Spaziergang. Die nicht kastrierten Rüden haben jetzt natürlich die Nasen noch viel intensiver am Boden, um ja keine Spur zu verpassen. Gibt es eine läufige Hündin in der Nachbarschaft, jaulen viele Rüden nachts herum oder kratzen an der Tür, einige stellen sogar das Fressen ein. Und wenn sich dann eine Gelegenheit bietet, gehen sie auf Brautschau.

LZ: Mit welchen Methoden kann man die Hunde wieder ruhig bekommen?

Bachmann: Verhindern kann man als Hundehalter das ganze Theater nur durch eine Hormonbehandlung oder eine Kastration. Erzieherische Maßnahmen, welcher Art auch immer, sind in diesen Fällen von keinerlei Erfolg gekrönt, die Hormone sind stärker.

LZ: Ist das bei Katzen denn genauso?

Bachmann: Für Katzen gilt leider das Gleiche. Der Ruf der Hormone veranlasst unkastrierte Kater, ihren Aktionsradius sogar auf bis zu zehn Kilometer auszudehnen! Die laufen sich wie in der Camel-Werbung der 1970er Jahre quasi die Sohlen durch, um zu einer rolligen Katze zu kommen. Die Gefahren auf dem Weg dorthin kann sich bestimmt jeder selber ausmalen – Straßenverkehr, mögliche Ansteckung mit Krankheiten beim Decken, von unfreundlichen Zeitgenossen ganz abgesehen. Darum sollten nicht nur die weiblichen Katzen, sondern vor allem auch die Kater kastriert werden. Das ist eine aktive Form des Tierschutzes.

LZ: Sollte eine Katze denn nicht wenigstens einmal Junge geworfen haben?

Bachmann: Das ist eine immer wieder herumgeisternde Mär. Ob juvenil – niemals tragend gewesen – oder nach einem Wurf kastriert, macht für die Katze keinen Unterschied, nur für die Tierheime. Unkastrierte Freilaufkatzen sind jetzt praktisch fast alle tragend. Wer gerne Katzenbabys hätte und die Schwangerschaft bewusst in Kauf nimmt, sollte vorher einmal in die Tierheime gehen und mit eigenen Augen sehen, wo seine niedlichen Katzenkinder möglicherweise landen werden. Falls dann da überhaupt noch Plätze frei sind.

LZ: Ist das bei Kleintieren genauso?

Bachmann: Die Halter von Kleintieren, also Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen, sind von solchen saisonalen Schwankungen kaum betroffen. Durch optimal gestalteten Lebensbedingungen können die Tiere jederzeit schwanger werden. Aber auch hier gilt: Eine rechtzeitige Kastration schützt vor ungewolltem Nachwuchs.
Die Natur lockt: Tierarzt Olaf Bachmann genießt die Ruhe auf der Wiese. Auf seine beiden Hündinnen Jette (links) und Lene muss er während der Paarungszeit genau aufpassen, denn viele Rüden reißen sich um die beiden Hundedamen. - © Foto: Preuss
Die Natur lockt: Tierarzt Olaf Bachmann genießt die Ruhe auf der Wiese. Auf seine beiden Hündinnen Jette (links) und Lene muss er während der Paarungszeit genau aufpassen, denn viele Rüden reißen sich um die beiden Hundedamen. (© Foto: Preuss)

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