Horn-Bad Meinberg. Seit Jahren dominieren leere Kassen die Diskussionen in den Räten, Kommunen schließen Bäder und Schulen. Bürgermeister Eberhard Block (64) sind die Probleme nicht nur aus Horn-Bad Meinberg vertraut, er ist Kenner der lippischen Szene. Jetzt hat er den Posten des Bürgermeister-Sprechers an Ulrich Knorr (Schlangen) übergeben. Im Interview spricht er über die Zukunft und das Zusammenwachsen.
Herr Block, als dienstältester hauptamtlicher Bürgermeister NRWs können Sie die Sorgen, aber auch Chancen einer Kommune wie kaum ein zweiter bewerten. Was hat sich verändert?
Block: Kommunale Selbstverwaltung findet angesichts leerer Kassen kaum noch statt.Wir haben 16 Städte und Gemeinden, Kreis und Landesverband. 16 Räte, Kreistag und Verbandsversammlung. 18 Kämmerer, 18 Hauptverwaltungsbeamte... Das ist ein Riesenaufwand mit ungeheuren Reibungsverlusten.
Ups – Sie wollen die kommunalen Grenzen verändern?
Block: Bielefeld hat mit 320.000 Einwohnern eine Verwaltung. Die 360.000 Lipper haben 18! Dieses Modell ist nicht zukunftsfähig. Fixkosten für Wasser und Abwasser etwa steigen allein schon durch den Rückgang der Bevölkerung ständig. Und wir brauchen Kreativität, Kommunen- und kreisübergreifende Schulverbünde und vieles andere mehr. Darüber müssen wir reden. Leider macht die Landesregierung keine Anstalten für eine Kommunalreform.
Was schlagen Sie vor?
Block: Sinnvoll wäre eine Verwaltung - siehe Bielefeld. Dieses Gebilde wäre aber wohl zu groß, der Kreis hat ja jetzt schon mehr als 5.300 Mitarbeiter. Effektiv wären drei große Kommunalverwaltungen, etwa Detmold, Lemgo, Bad Salzuflen. Jeder Bürgermeister hätte 2.000 bis 3.000 Mitarbeiter, die ideale Verwaltungsgröße.
Also stünde „Detmold – Stadtteil Horn und Bad Meinberg“ auf dem Ortseingangsschild?
Block: Warum nicht?
Dann wäre Ihre 850 Jahre alte stolze Stadt Horn verschwunden.
Block: Nein, Name und Kultur der ältesten Residenz in Lippe blieben ja. Zudem ist Tradition das eine. Aber wie werden wir zukunftsfähig? Sechs Kommunen sind in der Haushaltssicherung. 40 Prozent unseres Etats überweisen wir an den Kreis, der im Grunde ein Zweckverband ist und nur Leistungen erbringen sollte, die die Kommunen nicht leisten können. Jeder Kreis führt aber aufgrund der Gesetzeslage ein reges Eigenleben. Drei Kommunen - das würde so viel Ressourcen sparen.
Seit wann stellen Sie sich diese Fragen?
Block: Vor 20 Jahren war das noch kein Thema. Da ging es nach der Kommunalreform um das Zusammenwachsen von Horn und Bad Meinberg, von Schieder und Schwalenberg, von Detmold und Remmighausen. Aber sehen Sie: heute gibt es allerorten Fusionen von Sportvereinen oder Chören. Vieles ist zusammengewachsen, und das ist gut. Aber seit dem Ende der neunziger Jahre ist mir und Kollegen bewusst, dass sich etwas ändern muss.
Was war Ende der Neunziger?
Block: Schulen und Städte waren voll. Wir hatten Zuwanderung, insbesondere aus Osteuropa und speziell hier in Horn-Bad Meinberg eine andere Situation. Dann ließ der Siedlungsdruck nach, der demographische Wandel machte sich erstmals massiv bemerkbar. Wir hatten plötzlich keine Nachfrage nach Immobilien mehr, und hier Hornitex- und Kurortkrise. Das drehte sich alles ziemlich schnell, Prognosen und Pläne passten nicht mehr.
Das ging anderen Kommunen ähnlich.
Block: Sicher, etwa dem lippischen Südosten. Wir Kollegen begannen zu sinnieren: Was kommt in 15 Jahren? Wie sieht es mit Kooperationen aus?
Und wie?
Block: Musik- und Volkshochschulen, IT-Zusammenarbeit und anderes sind kleine Ansätze. Aber oft sind gesetzlich Grenzen gesetzt. Räte dürfen nicht fusionieren. Düsseldorf muss sich bewegen. Aber die Landeshauptstadt ist sehr weit weg, nicht nur räumlich, das ist das Dilemma.
Nicht nur räumlich, sondern auch vom Bewusstsein?
Block: Wir Lipper hatten da mal ein ganz anderes Gewicht, aber unsere Probleme spielen im Vergleich zu denen in den großen Städten und im Ruhrgebiet kaum eine Rolle mehr. Was jucken die in Düsseldorf unsere Verkehrsprobleme, wenn die ihre täglichen Staus sehen? Das kommt auch drauf an, wie man dort auftritt. Der Landesverband wird nicht mehr als dritte Säule in NRW wahrgenommen.
Der würde also auch dran glauben müssen?
Block: Wir können nicht auf ewig durch den notleidenden LVL eine Sonderstellung reklamieren. Die Sonderstellung muss bessere Grundlagen haben. So ist das nicht mehr zu finanzieren. Sind die Kollegen und die Räte aber bereit, sich selbst abzuschaffen? Es ist Zeit, den nächsten Schritt zu gehen und Gewachsenes in einen funktionsfähigen Kontext zu bringen.
Das Interview führte LZ-Redakteur Martin Hostert