Detmold. „Geraubte Jahre“: Unter diesem Titel läuft das aktuelle Themenjahr, welches ein Licht auf die Geschichte der Zwangsarbeit in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus werfen soll. Zur Eröffnung des Themenjahres hatten die Wissenschaftler ins „Paderborner Dorf“ des Freilichtmuseums nach Detmold eingeladen.
„Alltag der Zwangsarbeit in Westfalen“, lautet die Fortsetzung des Ausstellungstitels, denn die unfreiwilligen Helfer waren überall im Deutschen Reich eingesetzt, „und längst nicht bloß ein Bestandteil großer Rüstungsbetriebe oder großer Firmen“, betonte Professorin Dr. Elisabeth Timm von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, die einen der einleitenden Vorträge zum Thema hielt. Alleine für den Bereich Westfalen geht die Forschung heute von zirka 500.000 Menschen aus, die aus ganz Europa in die Region zur Arbeit gezwungen wurden. „Wenn man sich daneben deutlich macht, dass damals gerade einmal 5 Millionen Menschen insgesamt hier lebten, wird schnell die Dimension von Zwangsarbeit deutlich“, erklärte die Historikerin.
Die Ausstellung begegnet den Besuchern des Museums an verschiedenen Stellen. Über die gesamte Fläche verteilt sind kleine Geländestationen zu finden, die unter anderem das Zusammenleben der Zwangsarbeiter mit der deutschen Bevölkerung, die Auswirkungen verschiedener Erlasse und Gesetze der NS-Führung auf das Leben der Betroffenen vor Ort oder auch deren Diskriminierung aufgreifen. Die Exponate werden noch bis zum 31. Oktober Teil des Museums sein.
Zu sehen sind im Zusammenhang mit der Ausstellung im wesentlichen Portraitaufnahmen und Auftragsfotografien aus den Kriegsjahren. Sie entstammen dem Fundus des Freilicht-Ateliers, welches seit Jahren Teil des Museums ist und ursprünglich aus Rietberg kommt. Als die Forscher das Material in den Beständen gesichtet hatten, fiel ihnen schnell auf, dass es zwischen den meisten der gut 2000 Aufnahmen einen Zusammenhang geben muss. In der folgenden Auswertung begegnete das Team um Projektleiter Hauke-Hendrik Kutscher auch Gerhard Aufderheide aus Rietberg, einem Zeitzeugen. Einen abgebildeten Zwangsarbeiter erkannte er schnell: „Es war Pierre Robin, der damals bei uns gearbeitet hat“, berichtete Gerhard Aufderheide, der von Beginn an einen freundschaftlichen Umgang zu dem gleichaltrigen Franzosen pflegte und sich nach dem Krieg noch oft mit dem Gegner von einst und seiner Familie getroffen hat.